Porträt

laut.de-Biographie

Reno

"Jetzt bin ich hier und ich weiß, ich bleib' / mein Leben, mein Album, meine Zeit." Als sich Reno zu diesem Statement - und zu seinem ersten Soloalbum - durchringt, schreiben wir das Jahr 2007. Mit einem Debütanten auf dem glatten Rap-Parkett bekommt man es dennoch nicht zu tun. Ob als Drittel vom Klan oder als 50 Prozent des Duos Italo Reno & Germany: Reno hat bereits einen langen Weg hinter sich.

Reno - Zu Schön Um Wahr Zu Sein Aktuelles Album
Reno Zu Schön Um Wahr Zu Sein
Über derart vergeudetes Talent möchte man Tränen weinen.

Dieser beginnt Anfang der 80er Jahre im beschaulichen Minden. Hier erblickt Enrico DiVentura als Sohn eines italienischen Vaters das Licht der Welt. Enricos Mutter hat Wurzeln im Volk der Sinti. Im Alter von zehn Jahren gerät er an Denis Lindahl, der sich unter dem Alias Germany zu seinem langjährigen Weggefährten entwickeln soll.

Das Hip Hop-Fieber schlägt früh zu: Mit elf nudelt Enrico bereits die ersten Rap-Tapes rauf und runter. Drei Jahre später beginnt er, seine eigenen Gedanken in Reime zu fassen, zunächst auf englisch. Es stellt sich allerdings rasch heraus, dass die eigene Muttersprache weit mehr Ausdrucksmöglichkeiten bereit hält. Italo Reno, wie Enrico sich mittlerweile nennt, wenn er nicht gerade als Italian Stallion unterwegs ist, wechselt ins Deutsche.

"Ich war zu Hause eigentlich immer ein gutes Kind", erinnert er sich im Interview mit Wildstyle. "Aber wenn ich dann draußen war, bin ich durchgedreht und ausgeflippt. Ich habe in der Schule viel Scheiße gebaut, kam auch mit dem Gesetz in Konflikt, trotzdem war ich jetzt kein Gangster und habe Leute überfallen oder so. Ich habe aber mit 15 zum Glück die Kurve gekriegt, auch Dank der Erziehung meiner Eltern, die mir eine gewisse Moral mit auf den Weg gegeben haben."

Auf einem Jam in Bad Oeynhausen funkt es: Italo Reno und Germany treffen auf den ebenfalls aus Minden stammenden Lord Scan. Offensichtlich stimmt die Chemie: Die drei schließen sich zur Formation Der Klan zusammen. Sowohl die erste EP ("Ultimate Chiefrockers", 1999) als auch das leider einzige Album des Klans ("Flash Punks", 2000) erscheinen beim zu diesem Zeitpunkt gefeierten deutschen Untergrund-Label Put Da Needle To Da Record und entwickeln sich zu gesuchten Klassikern.

Nach einer weiteren 12" mit dem Titel "Gaila Sount / Verstärkung" findet der erste Höhenflug allerdings ein jähes Ende. Put Da Needle geht pleite, die meisten Künstler verlassen im Streit das sinkende Schiff, Betrugsvorwürfe werden laut. Auch innerhalb des Klans ist man sich gar nicht grün. Persönliche und künstlerische Differenzen, die Lord Scan teilweise in einer bitteren Abrechnung auf seinem 2005 erscheinenden Solo-Album "Ich Bin's!" thematisiert, führen zum Split.

Italo Reno und Germany setzen ihre Karriere zu zweit fort. Dem Mixtape "Big Minden" von 2003 folgt ein Jahr später das erste Album als Duo. "Hart Aber Herzlich" erscheint bei Curses Label Alles Real Records, chartet immerhin auf Platz 62 und liefert mit "Bitch! (Wo Ist Mein Geld?)" unter Beteiligung von Kool Savas eine überaus erfolgreiche Single, die sich heftiger Rotation auf MTV und Viva erfreut.

Kritiker attestieren den beiden, die sich inzwischen über zahllose Featureauftritte einen Namen gemacht haben, "Vielfalt sowohl auf lyrischer als auch auf musikalischer Ebene" und feiert "Hart Aber Herzlich" als "vergoldete Visitenkarte für künftige Projekte". Rückblickend zeigt sich Reno dennoch nur mäßig zufrieden mit den Verkaufszahlen. Es sei ein Fehler gewesen, überhaupt Erwartungen zu hegen, sinniert er, relativiert aber sofort: "Im Endeffekt bin ich auch nicht unzufrieden mit dem Album. Es ist ganz gut gelaufen."

Viel Zeit, sich den Kopf zu zerbrechen, bleibt ohnehin nicht: Reno wird Vater. "Dein Leben ändert sich komplett, da man über viele Dinge anders nachdenkt und auch nachdenken muss. Auf Grund der neu gewonnenen erzieherischen Verantwortung und der Vorbildfunktion als Vater kann man nicht mehr nur an sich denken. Es werden auch Erinnerungen an die eigene Erziehung wach. Man führt gewisse Dinge fort oder betreibt Veränderungen und entwirft eine eigene persönliche Herangehensweise, die man seinen Kindern übermitteln möchte. Seit der Geburt meiner Tochter handele ich viel bewusster und überlegter."

Dieser Sinneswandel manifestiert sich in ganz alltäglichen Dingen. Reno, der sich nach Abitur und Zivildienst fünf Jahre lang rein mit seiner Musik über Wasser hielt, geht nun einer "normalen" Erwerbstätigkeit nach. "Die finanzielle Unsicherheit macht einem ab einem gewissen Punkt schon zu schaffen", eine bittere Erkenntnis, die schon so mancher vor ihm machen musste. Reno, ganz der verantwortungsbewusste, mittlerweile zweifache Familienvater, erklärt 2007: "Ich erwarte nicht mehr, dass ich mit Rap mein Leben finanzieren kann. Ich habe einen festen Job und muss meinen Träumen nicht mehr hinterher rennen."

Inzwischen hat sich Einiges getan. Italo Reno und Germany trennten sich in aller Freundschaft, um den jeweiligen persönlichen Stil ausleben zu können. Innerhalb eines Zeitraums von zweieinhalb Jahren nimmt Reno, der sich von seinem Namenszusatz ebenfalls verabschiedet hat, zahllose Solotracks auf. Pläne für ein eigenes Album nehmen Gestalt an.

Den Ausschlag gibt ein Frankreichaufenthalt gemeinsam mit Mentor Curse. Innerhalb von nur einer Woche entstehen zehn Titel, die das Grundgerüst zu "Zu Schön Um Wahr Zu Sein" bilden. Reno arbeitet nun unter Hochdruck: Kaum zurück in Deutschland führt ihn sein Weg nach Berlin ins Studio der Beathoavenz, wo nahtlos weitergearbeitet wird. Ende November liegt das Resultat vor: Harris, Greis und natürlich Curse und Germany beehren Reno als Gäste auf seinem ersten Alleingang. Die hervorragenden Beats liefern neben den Beathoavenz unter anderem der Mannheimer Crada, Roey Marquis II, Kool DJ GQ, Jaleel, Jimmy Ledrac (auf den beispielsweise Masta Ace, Wayne Wonder und Necro vertrauen), der Schweizer Claud, Sashliq und PhreQuincy.

Neben dem Rap pflegt Reno allerdings noch eine weitere Leidenschaft. Eigenen Angaben zufolge würde er, vor die Wahl gestellt, das Mikrofon jederzeit gegen eine Angel eintauschen: "Ich gehe seitdem ich denken kann angeln, da mein Vater mich immer mitgenommen hat. Nach meiner Familie kommt auch schon das Fischen. Angeln ist einfach ein super-krasser Ausgleich zu allem was sonst so hektisch in meinem Leben stattfindet." Na, dann: Petri Heil!

Alben

Surftipps

  • Offizielle Homepage

    Infos, MP3s und Videos, schick aufbereitet.

    http://www.reno-arr.de
  • Reno bei MySpace

    Kostproben in (bewegtem) Bild und Ton.

    http://www.myspace.com/renoarr
  • Reno unterwegs

    Leider nicht mehr gepflegte Seite; bietet allerdings das Tagebuch von der Tour mit Curse 2006.

    http://www.reno-minden.de

Noch keine Kommentare