laut.de-Biographie
Richard Ashcroft
Richard Ashcroft erblickt am 11. September 1971 in Wigan, einer Kleinstadt zwischen Manchester und Liverpool, das Licht der Welt. Seinen Vater verliert er schon mit elf Jahren. Danach lebt er unter dem Einfluss seines Stiefvaters. Dieser ist Mitglied in einem Illuminatenorden, in dem es darum geht, ein universelles Wissenschaftsmonopol aufzubauen, eine geheimgelehrte Gesellschaft zu bilden zum Zwecke einer mystisch christlichen Weltreformation. Auf der Schule spielt er im Fußballteam und träumt zunächst davon, Profi bei Manchester United zu werden. Erst bei seiner Abschlussprüfung läuft er einfach aus der Klasse raus. Das Abitur ist ihm nicht wichtig. Er weiß, dass er einmal in einer der besten Bands spielen wird.
Als Student des Winstanley Colleges gründet er 1989 gemeinsam mit seinen Schulfreunden Simon Jones und Peter Salisbury und dem Gitarristen Nick McCabe die Band Verve. 1992 erscheint die erste Single "All In The Mind". Der Song landet in den Indie-Charts und die UK-Presse ist hoch erfreut über diese junge neue Popband. Das gleichnamige Jazz-Label ist allerdings nicht so glücklich und die Briten müssen sich gerichtlich umtaufen in The Verve! Diese Namensänderung hindert die Karriere nicht. 1993 erscheint das erste Album "A Storm In Heaven" und wird genauso bejubelt, wie die erste Singleauskopplung. Auf einer kurzen Tour durch England treffen The Verve auf die Rotzlümmel Oasis. Eine wunderbare Freundschaft beginnt. Richard und Noel verstehen sich prächtig und nennen sich Seelenverwandte. Kein Wunder, dass Noel später für das Hitalbum "(What's The Story) Morning Glory?" einen Song über Richard schreibt ("Cast No Shadow").
Nach und nach kommt es innerhalb der Band zu Streitigkeiten. Vor allem der Frontmann Richard und der Gitarrist Nick verstehen sich nicht mehr so gut. Richard trennt sich von seiner langjährigen Freundin Sarah Carpenter. Der Verlust ist so groß, dass er sich für eine Zeit zurück zieht und niemanden sehen möchte. Nicht gerade von Vorteil, wenn man gerade dabei ist ein Album aufzunehmen. Die heftige Einnahmen von Drogen während der Aufnahmen zum zweiten Album, tragen dazu bei, dass es zwischen den Musikern immer mehr krieselt. Schließlich erscheint "A Northern Soul" im Jahr 1995. McCabe hat die Band inzwischen verlassen. Trennungsgerüchte werden immer lauter. Die Suche nach einem neuen Gitarristen dauert nicht lange und Simon Tong nimmt für kurze Zeit den Platz von Nick ein. Das Erfolgsalbum "Urban Hymns" kann aber nur mit Hilfe von McCabe fertig gestellt werden. Dieser erklärt sich dazu bereit und lässt The Verve für einige Zeit wieder leben. Doch auch der große Erfolg 1997 hilft nicht dabei, die Band zusammen zu halten. Sie löst sich ein zweites Mal auf, diesmal endgültig.
Von nun an tüftelt Richard an seinen eigenen Kompositionen. Rhythmisch und seelisch wird er von seinem langjährigen Freund und Mitmusiker Peter Salisbury unterstützt. Mit ihm hat es noch nie Ärger gegeben. Die Solokarriere hat Mr. Ashcroft schon lange im Ohr. "Urban Hymns" sollte ursprünglich sein Soloprojekt werden. Doch der Mann hat noch so einige Hits auf Lager. Sein erster Alleingang "A Song For The Lovers" boomt, nicht nur bei seinen alten Fans. Diesmal gibt es keinen Ärger im Studio. Mit der Arbeitsweise der Musiker ist Ashcroft voll und ganz zufrieden: "Sie haben eben kein Ego, das sich hintergangen fühlt, wenn jemand ihnen etwas vorsetzt. Es ist ihr Job, mir die Melodien und Sounds zu liefern, die ich brauche." An Selbstvertrauen fehlt es dem smarten Mann nicht.
Schon während seiner Bandkarriere arbeitet Richard als Solist. Für James Lavelles Projekt "Unkle" nimmt er das Stück "Lonely Souls" auf. Mit himmelseufzender Stimme singt er "I want to die in a place, where no one knows my name." James Lavelle meint dazu nur:" Als Richard diesen Text sang, war ich so gerührt, wie nie zuvor in meinem Leben." Den Erfolg hat er wohl auch seiner Frau und Managerin Kate Radley (Ex-Spiritualized-Keyboarderin) zu verdanken. Mit ihr und seinem kleinen Sohn Sonny lebt er in Gloucestershire. Auf seinen Sohn ist er richtig stolz und erzählt immer wieder gerne von der Geburt und dass er selber die Nabelschnur durchtrennt hat. Sein zweiter Sohn Cassius wird 2004 geboren.
Mit seinem Album "Alone With Everybody" geht es dann auf Tour. In Amerika ist die 10-Tage Konzertreise sogar restlos ausverkauft. Ashcrofts unvergleichliche Stimme wird unterstützt von Streichern des London Session Orchestra. Der Gesamteindruck ist deutlich positiver. Das Album hat jede Menge Soul und hier und da ein wenig Country und Blues. Hauptthemen in seinen Texte, sind Geschichten aus seinem Leben. Das zeigt sich schon bei The Verve. "Alone With Everybody" geht ein wenig mehr in die Tiefe, das hebt Richard Ashcrofts Stimmung: "Bei jeder Platte fühle ich mich wie Alvin Stardust oder Gary Glitter. Es ist immer ein Comeback!"
Bei den Aufnahmen zu seinem dritten Soloalbums "Keys To The World" scheint das Glücksgefühl allerdings unerwarteten Schaden genommen zu haben. In einem Radio-Interview erklärt Ashcroft, die Nachrichten von der Vogelgrippe hätten ihn derart in Panik versetzt, dass davon sogar der Produktionsprozess betroffen gewesen sei: "Ich war so paranoid, dass ich nur noch darüber nachdachte, ob ich mir nicht größere Lebensmittelvorräte zulegen soll".
2015 legt er mit "These Days" und 2016 mit "These People" nach. Auf dem Cover von letzterem hat er sich sogar eine Kurzhaarfrisur zugelegt. Der Klang des Albums kokettiert mit dem Zeitgeist, elektronische Experimente treffen auf den alten The Verve-Sound.
Auf "Natural Rebel" (2018) findet Ashcroft wieder zu seiner Paraderolle zurück. Cool, rebellisch und mit obligatorischer Gitarre in der Hand. Dass sein Album eine ordentliche Dosis Britpop abbekommen hat? Ist Richard Ashcrof egal. Er sieht in "Natural Rebel" eine seiner stärksten Platten. An Selbstbewusstsein hat es ihm allerdings noch nie gefehlt.
Im Mai 2019 erhält Ashcroft einen der wichtigsten britischen Preise in Empfang, den Ivor Novello Award, für seinen "außerordentlichen Beitrag zur britischen Musik". Er nimmt die Gelegenheit wahr, um eine Ankündigung zu machen. "Letzten Monat haben mir Mick Jagger und Keith Richards alle ihre Rechte an 'Bitter Sweet Symphony' übertragen, was eine wirklich freundliche und großzügige Sache war. Ich hatte nie ein persönliches Problem mit den Stones. Sie waren immer die beste Rock'n'Roll-Band der Welt. Es war eine fantastische Entwicklung. In gewisser Weise ist es lebensbejahend", so Ashcroft. Der Streit um die Tantiemen des Liedes, angezettelt von ehemaligen Management der Stones, war ein unschönes Kapitel gewesen.
Mit neuer Energie nimmt Ashcroft seinen Backkatalog in Angriff und veröffentlicht im Oktober 2021 mit "Acoustic Hymns, Vol. 1" Neuaufnahmen alter Stücke, davon acht aus "Urban Hymns" und vier aus seiner Solozeit.
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