laut.de-Kritik
Gefangen in einer "MTV Cribs"-Endlosschleife.
Review von Dani Fromm"I do this for my niggas facing hard times", wird Rick Ross nicht müde, seine Motivation zu erläutern, fühlt er sich doch "till so close to the hood". Ob die Adressaten diese Sichtweise teilen?
Schwer vorstellbar, dass Menschen, denen das Elend ins Gesicht grinst, tatsächlich gesteigertes Interesse an stundenlangen Ausführungen über eines Rappers Fuhrpark hegen. Von der Lebenswirklichkeit der Straße hat sich Rick Ross, falls er jemals wirklich drinsteckte, längst meilenweit entfernt.
Am deutlichsten tritt dies in "3 Kings" zutage. Dr. Dre, Jay-Z und Rick Ross protzen mit den eigenen Meriten um die Wette, beteuern aber penetrant ihre Zugehörigkeit zu einer Schicht, der sie allesamt gediegen entwachsen sind. Wenn ein millionenschwerer Jigga beteuert, "I'm still a hood nigga", komm' ich mir, gelinde gesagt, amtlich verarscht vor.
Dr. Dre - "real nigga straight outta Compton", is' klar - spricht immerhin die veränderten Umstände an: "I rewrote the game, now I talk money." Vielleicht liegt genau da das Problem: "Real niggas dreams come to fruition". Ihre Erfüllung entpuppt sich als weit weniger spannend, als es die Träume ahnen ließen - jedenfalls für den außenstehenden Zuschauer, der vom gereichten eisgekühlten Champagner wenig abbekommt.
"God Forgives, I Don't" wirkt wie eine Endlosschleife "MTV Cribs". Man fühlt sich, als habe man sich versehentlich in eine Kreuzung aus "American Psycho" und einem Sparkassen-Werbespot verirrt: Markenfetischismus trifft "Mein Haus, mein Auto, mein Boot", "dreams, money, homes, and cars". Wer die Kohle hat, kriegt den Premium-Fick. Versteht sich von selbst.
"I need to feel it, I need to smell it, I need to see it." Schön wärs gewesen. Die allseits zelebrierte Einstellung "Girls and green is all you need" langweilt allerdings fast so schnell wie die nicht enden wollende Luxuskarossen-Parade, vom Benz zum Porsche "911".
Von der inhaltlichen Einöde und dem - nachvollziehbarerweise - nachhaltig gestillten Hunger mal abgesehen, besitzt "God Forgives, I Don't" (auch abseits seines schlicht grandiosen Titels) durchaus seine Momente. Gleich der Einstieg mit Gewitterregen, Glockenschlägen und gesprochenem Gebet gestaltet sich angemessen pompös.
"Pirates" fährt nahtlos weiter die Bombast-Schiene. Die Produzenten Kenoe und Got Koke bedienen sich samplend bei William Bells "I Forgot To Be Your Lover", das nicht ohne Grund wieder und wieder recyclet wird, prügeln der Vorlage aber erbarmungslos auch noch den letzten Rest von Zartheit aus: passt.
Die "3 Kings" räkeln sich auf einem kaum minder edlen Klangteppich, der das Versprechen "classic hip hop shit" umfassend einlöst. Cool & Dre setzen die Reihe exquisit ausgewählter Samples mit "Shameless" von Wilson Pickett fort.
Insbesondere die von der J.U.S.T.I.C.E. League beigesteuerten, opulenten Beats wirken wie nobel maßangefertigte Etuis für Rick Ross' stoischen Flow. Durch "Maybach Music IV" tönen Fanfaren, dass man damit rechnet, jeden Moment käme Rocky Balboa die Treppen hochgesprintet.
Als produktionstechnische Totalausfälle gehen dagegen G5Kids "Hold Me Back" mit seinen endlosen Wiederholungen und "Ice Cold" durch, bei dem der zugrunde liegende sägende Dauerton den Verdacht keimen lässt, Reefa sei bewusstlos auf seinem Keyboard kollabiert.
Warum man ein Rap-Album mit Gastbeiträgen von knapp einem halben Dutzend R'n'B-Sänger verwässern muss, wird ein ewiges Rätsel bleiben. Freunde gepflegter Vokaljodelei haben die Wahl zwischen Gejammere von Ne-Yo, Omarion, Usher, Drake und Elijah Blake.
Die Rap-Features gestalten sich - mit Ausnahme der blassen, weil pappsatten Darbietungen von Dr. Dre und Jay-Z - schon spannender: Wale, ein überspannter Meek Mill und Stalley, allesamt noch nicht ganz so häuslich eingerichtet im frisch erworbenen Reichtum, machen ihre Sache ordentlich, ebenso Outkasts André 3000, der im endlosen "Sixteen" das enge Korsett der ewigen sechzehn Takte nicht nur sprengt, sondern gleich zu Konfetti häckselt.
"How the fuck can I squeeze my whole life in a sixteen bars verse", fragt sich Rick Ross hier, pfeift drauf, nimmt sich Zeit und die Freiheit - und wirkt plötzlich tatsächlich "smooth as John Coltrane cruisin' in the Cadillac".
Die Politik hinter der Unsitte, jeden einzelnen Track mit dem reingequatschten Hinweis "Maybach Music" zu verunzieren, dagegen, die darf mir bei Gelegenheit gerne jemand erklären. Wirkt, als klebe man den Aufkleber mit seinem Firmenlogo mitten ins Blickfeld auf die Windschutzscheibe.
Doch was weiß ich schon? LA Reid informiert mit samtweicher Stimme: "It takes a boss to know a boss. It takes greatness to recognize greatness" - und schlägt damit in dieselbe Kerbe wie Rick Ross zuvor in "Ashamed": "Shining bright, who am I for you to criticize?" Sollte das Selbstbewusstsein seinen Sitz im Bart haben, hat Rick Ross weder in diesem noch im nächsten Leben auch nur das Geringste zu fürchten.
6 Kommentare
Ich glaube, ich habe noch nie ein Rick Ross Song gehört und das wird wohl auch so bleiben.
Ich hör den Typen auch eher selten.. Irgendwie mag ich Officer Ricky einfach nicht^^ Kann mich einfach nicht mit seinem Stil, seiner Stimme und seinen Beats anfreunden.
Naja, ich finde Ihn auch nicht gerade den Boss, aber es gibt schon den ein oder anderen Track von ihm der klargeht. Aber dann halt meistens auch nur wegen guten Features.
Album hat echt enttäuscht. man hat das gefühl es besteht nur aus einem Track; es gibt keine Höhen und Tiefen!
Hold me back geht für mich klar, so sophisticated wegen dem meek mill part auch und diced pinapples ebenfalls aufgrund der zuckersüßen drake hook und einem starken wale part. Mir wird aber kotzübel wenn ich mir vorstellen muss welche praktiken rozay bei diesem Track ausübt ich esse glaube ich nie wieder ananas.
Einer der mMn schlechtesten Rapper, die heute rumlaufen. Null Message, durchschnittliche Beats und diese ständige "Maybach-Music"-Einspielung sind einfach nur unter jeder Kritik...
Einzig sein Grunzen finde ich ab und zu doch recht lustig!