laut.de-Biographie
Robert Wyatt
Zu großer Bekanntheit gelangt Robert Wyatt aufgrund seine Zugehörigkeit zur legendären, 1966 gegründeten Band Soft Machine, die neben Caravan und Gong zu den prägenden Bands der sogenannten Canterbury-School gehören, die sich stilistisch durch Progressive Rock oder Artrock auszeichnenden. Der Psychedelic Rock der Anfangsphase wird bald bereichert mit Jazz- und Klassikeinflüssen, die zu einer innovativen Synthese aus Improvisation und Song führen.
Robert Wyatt führt nicht nur musikalisch ein ereignisreiches Leben. Geboren wird der englische Multiinstrumentalist und Sänger am 28. Januar in Bristol. Als Jugendlicher lebt er mit seinen Eltern in Lydden in der Nähe von Dover. Hier beginnt er sich für Musik zu interessieren und nimmt Schlagzeugunterricht bei dem amerikanischen Jazzschlagzeuger George Neidorf.
Nachdem Wyatt 1962 gemeinsam mit seinem Lehrer ein Jahr auf Majorca verbringt, kehrt er 1963 nach England zurück, und formiert mit David Allen und Hugh Hopper das David Allen Trio. Kurz darauf verlässt Allen die Band, um nach Frankreich zu ziehen; Wyatt und Hopper gründen daraufhin die Band Wild Flowers, die sich mit Kevin Ayers, Richard Sinclair und Brian Hopper komplettiert. Nach dem Ausstieg von Ayers übernimmt der Schlagzeuger Wyatt auch den Part des Sängers.
1966 lösen sich die Wild Flowers auf , Wyatt gründet mit Mike Ratledge, Kevin Ayers und Allen die Kombo Soft Machine. Wyatt tritt auch hier als Drummer und Sänger in Erscheinung.
Nach einer chaotischen Tour - unter anderem als Vorgruppe der Jimi Hendrix Experience - drei veröffentlichten Alben von Soft Machine und sich häufenden internen Konflikten veröffentlicht Wyatt 1970 schließlich sein erstes Soloalbum mit dem Titel "The End Of An Ear".
Ein Jahr später verlässt er Soft Machine endgültig, schließt sich der Fusion-Big Band Centipede an und gründet seine eigene Band Matching Mole. Der Bandname spielt auf die französische Übersetzung von Soft Machine (franz. machine molle) an. Diese Band bringt es auf zwei Alben, bevor sie sich auflöst. Den Überlegungen, dennoch ein drittes Werk einzuspielen, kommt ein Schicksalsschlag in die Quere, der Robert Wyatts Leben grundsätzlich verändern sollte.
Am 1. Juni 1973 stürzt der angetrunkene Lebemann auf einer ausgelassenen Party von Gongs Gilli Smyth und June Campbell Cramer in deren Haus aus einem Fenster des dritten Stockwerks. Er überlebt den Sturz, ist aber von der Hüfte abwärts gelähmt und seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen.
Befreundete Bands wie Pink Floyd bekunden ihre Anteilnahme und spielen am 4. November 1973 zwei Benefiz-Konzerte an einem Tag für den verunglückten Robert Wyatt. Die Konzerte finden im Londoner Rainbow Theatre statt und werden von John Peel anmoderiert. Insgesamt spielen Pink Floyd für ihren Freund 10.000 Pfund ein.
Die Idee, mit Matching Mole ein drittes Album einzuspielen, scheitert an Wyatts Behinderung und beeinträchtigt sein Schlagzeugspiel derart, dass er vorerst davon ablässt.
Dennoch ist er musikalisch nach wie vor ambitioniert und nimmt mit befreundeten Künstlern wie Mike Oldfield, Ivor Cutler und Fred Frith eine Platte auf, die 1974 mit dem Titel "Rock Bottom" auf den Markt kommt.
Im gleichen Jahr veröffentlicht er eine Coverversion des Monkees-Klassikers "I'm A Believer" als Single, die in den UK-Charts auf Platz 29 einsteigt. Produziert werden beide Werke von Nick Mason, dem Schlagzeuger von Pink Floyd.
1975 erscheint Wyatts drittes Soloalbum "Ruth Is Stranger Than Richard", das mehr vom Jazz, Free Jazz und weltmusikalischen Elementen beeinflusst ist und jede konventionelle Annäherung an Musik unterläuft. Als Gastmusiker an Gitarre und Synthesizer wirkt auf diesem Album unter anderem Brian Eno mit. Während der 70er Jahre arbeitet Wyatt mit Musikern und Bands wie Carla Bley, Henry Cow oder Hatfield And The North zusammen.
Sein eigenes künstlerisches Schaffen erfährt in den 80er Jahren eine zunehmende Politisierung, die auch mit seinem Eintritt in die Kommunistische Partei zusammenhängt. Der Multiinstrumentalist bekennt sich zur marxistischen Linken, covert politische Songs, setzt sich aktiv für die Namibia-Hilfe ein und kommentiert den Falkland-Krieg und die wahnwitzige Aufrüstung mit dem von Elvis Costello geschriebenen Stück "Shipbuilding". 1981 kommt die Single-Kompilation "Nothing Can Stop Us" auf den Markt, 1982 steuert er den Soundtrack zur Doku "The Animals Film" bei, dem ersten Film der Tierschutz-Bewegung Animals Liberation Movement.
Nachdem 1985 das von dem marxistischen Autor Naom Chomsky inspirierte "Old Rottenhat" erschienen ist, verbringt Wyatt mit seiner Frau Alfreda Benge einige Monate in Spanien und tritt musikalisch erst wieder 1991 mit dem Album "Dondestan" in Erscheinung, das von Kritikern als sein bestes Werk seit "Rock Bottom" bezeichnet wird. Dem schließen sich 1994 die Kompilation "Flotsam Jetsam" und 1997 das Album "Shleep" an, für das Wyatt sich neben Brian Eno auch Paul Weller und Phil Manzanera ins Studio holt. Ab 2003 steht "Cuckooland" in den Läden, das eine Nominierung für den Mercury Music Prize erhält.
2004 spielt er gemeinsam mit Björk den Song "Submarine" ein, der auf ihrem Longplayer "Medúlla" zu hören ist. Seine Vielseitigkeit stellt er außerdem mit Kollaborationen mit David Gilmour oder Max Richter unter Beweis; mit Steve Nieve und Muriel Teodori arbeitet er an einer Oper namens "Welcome To The Voice".
Im Oktober 2007 erscheint schließlich das achte Studioalbum des unermüdlichen Künstlers Robert Wyatt. Auch auf "Comicopera" lebt der Sonderling seine Liebe für die Genres aus. Das in drei Teile gegliederte Werk bringt wieder klassische, jazzige und weltmusikalische Einflüsse gekonnt zur Synthese, die sich mit Artrock umschreiben lässt.
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