laut.de-Kritik

Herrlich sperriger Indie-Rock aus Berlin.

Review von

In Zeiten, in denen ein silberner Juli-Mond die Charts und damit auch die komplette deutsche Radiolandschaft verstrahlt, kommt eine Band daher, die sich traut, ihren Hörern ehrliche und rotzige Rockbretter um die Ohren zu hauen. Wo andere auf Airplay schielen, schleudern Sand.ig ihre Innovationen heraus wie sie kommen, und sind dabei erfrischend unberechenbar.

Als Einflüsse nennen die Wahlberliner Bands wie Sonic Youth, Radiohead oder dEUS. Tatsächlich findet sich auf ihrem Album eine extreme Bandbreite alternativer Musikstile wieder, wobei dennoch alles sehr homogen klingt. Im deutschen Indie-Rock gibt es derzeit keine Band, die so klingt wie Sand.ig. Versuche, ihre Musik in Schubladen zu stecken, können nicht mehr als vage Annäherungen bleiben. Komplexität und Schwerverdaulichkeit als übergeordnetes Prinzip - der Hörvorgang als Abenteuer.

Wem der fiebrig rockende Opener "Transporter" noch zu lasch geraten ist, der bekommt spätestens beim fast vierminütigen Mörderrockepos "Tom Turm" ordentlich auf die Zwölf: Brachial rockende Gitarren eröffnen den Song und münden schließlich in ein nervöses Wah-Wah-Gewirr, das zusammen mit einem kraftvoll-hölzernen Bass die Grundlage unter der von Sänger Stephan Brüning lakonisch gesprochenen Strophe bildet. Spannend und schaurig. Immer wieder schaukeln sich die Instrumente gegenseitig hoch, immer wieder explodiert die Stimmung. Allein für diesen Song lohnt sich das Album schon.

Von einer ganz anderen Qualität ist "Himmlischer Frieden", der das Album beschließt. Ein Instrumental-Track, der sich mit wunderbar dissonanten Gitarren zunehmend steigert, verdichtet und zwischendurch stets wieder zum Thema der Strophe zurückfindet. Kunstvoll. Wer spannende und energiegeladene Musik mag, wird Sand.ig vergöttern. Im Mainstream-Dudelfunk wird vermutlich keiner dieser Songs einen Platz finden, dafür sind sie einfach zu sperrig, zu extravagant. In die Heavy-Rotation meines CD-Players haben sie es aber bereits locker geschafft.

Trackliste

  1. 1. Transporter
  2. 2. Tom Turm
  3. 3. Einsamanie
  4. 4. Boot
  5. 5. Kopfschwanger
  6. 6. Fünf
  7. 7. Da Ist Doch Was Im Busch
  8. 8. Visier
  9. 9. Jugend In Narkose
  10. 10. Motiv
  11. 11. Sieben
  12. 12. Multiple
  13. 13. Komm Wach Mit Mir Auf
  14. 14. Himmlischer Frieden

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