laut.de-Kritik

Jede Silbe sitzt, jede Line passt in den Takt.

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Wer noch im alten Jahrtausend geboren wurde, hat längst die Übersicht verloren: Sero, Fero, Mero und jetzt Sero El Mero? Was im Deutschrap einst als "Biting" galt, ist heute ein ganz normaler Move. Erfolgskonzepte werden ohne einen Hauch von Scham kopiert und für die Social-Media-Gefolgschaft kurzweilig aufbereitet. Ruckzuck besitzt das Land einen Goldrapper mehr.

Doch die Jungspunde beherrschen ihr Handwerk. Sero El Meros Debütalbum "BabyFaceFlow" stellt da keine Ausnahme dar. Der 19-Jährige strahlt Ignoranz aus, geht bei Punchlines und Doubletime-Flows aber mit der Akribie eines Musterschülers vor.

Alle paar Zeilen switcht Sero El Mero den Flow. Angestrengt wirkt der Vortrag trotzdem nicht. Jede Silbe sitzt, jede Line passt in den Takt, nichts wirkt gepresst. Die sauber produzierten Reißbrett-Beats mit Klapperschlangen-Hi-Hats zischen immer wieder in den Vordergrund, doch der Star bleibt stets der Rapper. Hätten Jaysus und Kay One während ihrer Royal-Bunker-Zeit Kinder bekommen, jemand wie Sero El Mero wäre dabei herausgekommen.

Dass sich der Bremerhavener trotzdem keine Topwertung abholt, liegt an der begrenzten Klaviatur, mit der er Inhalte und Songstrukturen umsetzt. Es dreht sich um die Themenschwerpunkte Frauen und ein hartes – ergo männliches – Auftreten. Gesungene Refrains in fast jedem Lied sorgen trotz technisch verspielter Strophen für Ohrwürmer, die auch Nicht-Rap-Nerds verstehen.

Was möglich wäre, wenn Sero El Mero keine Muster bedienen würde, blitzt immer wieder durch. "Führ sie rum im schicken Daimler-Benz / Obwohl ich weiß, sie wär nicht da, würde mich keiner kenn'", hat er in "Dein Fahrer" einen tief blickenden Moment der Klarheit. Den er aber nach wenigen Takten wieder verwirft: "Es geht um Umsatz, dicke Goldketten und fette Karren".

"Diese Liebe" und "Mein Ghetto" beenden nicht nur das Album, sie stechen auch musikalisch und inhaltlich heraus. Autotune-Gesang gepaart mit Zeilen über falsche Freunde und das schwere Leben im Block lassen fast vergessen, dass es in den 30 vorangegangenen Minuten nur darum ging, Frauen zu klären und mit Statussymbolen zu protzen.

"In meiner Gegend lebt AfD in einer Diaspora", schlittert er auf "Anders" sogar ins konkret Politische. Davon bleibt aber nicht viel übrig, wenn er mit einem Geldbündel seinen ehemaligen Lehrern zuwinkt. Vielleicht kann sich die jugendliche Kundschaft genau damit identifizieren, wenn sie ihr Handy im Sekretariat abholen muss, weil die Instagram-Posts spannender als der Mathe-Unterricht waren.

Trackliste

  1. 1. BabyFaceFlow
  2. 2. AMG GL
  3. 3. Baby
  4. 4. Nokia
  5. 5. Ohne Sinn
  6. 6. Cay
  7. 7. Telefon
  8. 8. Dein Fahrer
  9. 9. Anders
  10. 10. Bunt
  11. 11. Is okey
  12. 12. Diese Liebe
  13. 13. Mein Ghetto

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