laut.de-Kritik

Intelligenter Raop von der australischen Rap-Hoffnung.

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Seth Sentry ist die australische Version von Mac Miller. Könnte man zumindest annehmen, wenn man dem populärsten Vergleich im Netz Glauben schenken würde. Und tatsächlich: Reduziert man den Senkrechtstarter aus Down Under auf seinen poptauglichen Soundentwurf, findet man ihn schnell in der sorgenfreien Gute Laune-Schublade wieder.

Doch weit gefehlt. Sentry verschreibt sich auf seiner Debütplatte, die am anderen Ende der Welt bereits vor zwei Jahren das Licht der Elektronikfachmärkte erblickte, zu keiner Sekunde der eindimensionalen Einöde, die hierzulande auf den Namen "Raop" hört. Denn Seth hat Ideen, die auf den ersten Blick zwar recht simpel erscheinen, dadurch aber einen grundsymphatischen Charakter verliehen bekommen.

Die harmlose Lead-Single "Dear Science" ist im Grunde genommen nichts mehr als ein vertonter Beschwerdebrief an die Wissenschaft, wo denn das verdammte Hoverboard bleibt. Sentry schafft es oftmals trotzdem, eine zweite, meist moralische Ebene anzukratzen oder mit erfindungsreichen Gedanken ("What if UFOs are just us from the future coming back in time to sight see?") zu glänzen.

"My Scene" funktioniert über eine ähnliche Masche. Nach und nach streift Sentry die verschiedensten Gesellschaftsgruppen, angefangen bei den Kiffern über die Bänker bis hin zu Hipstern und Fitness-Fetischisten, um schlussendlich festzustellen, dass er nirgendwo wirklich reinpasst. "Maybe I'm a weirdo or maybe they're the weird ones".

Die musikalische Umsetzung gestaltet sich zwar etwas zurückhaltender und nicht ganz so innovativ, dafür nahezu immer passend. Jederzeit organisch und oftmals reduziert bis aufs Minimum, tragen die Produktionen zu keiner Zeit zu dick auf, bewahren aber stets den Blick für das richtige Detail im richtigen Moment.

Die einzige Schwäche - falls man es so nennen möchte - ist die Arglosigkeit der Scheibe. Anstatt Newcomer-Biss überflutet einen streckenweise eine Welle aus überzogener Surferboy-Leichtigkeit, Lagerfeuer-Romantik und jugendlichem Blödsinn.

Die ganz besonderen Momente wie die perfekt verträumte Duett-Hook in "Ten Paces" gelingen dem jungen Melbourner noch zu selten, um den fünften Kontinent tatsächlich wieder im internationelen Rap-Game zu verankern.

Trackliste

  1. 1. Campfire
  2. 2. My Scene
  3. 3. Ink Blot Test
  4. 4. Dear Science
  5. 5. Langoliers Banquet
  6. 6. Ten Paces
  7. 7. Float Away
  8. 8. Room For Rent
  9. 9. Thanks For Your Hospitality
  10. 10. Where Was You?
  11. 11. Vacation

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