laut.de-Kritik
Zwischen Größenwahn und Selbstironie.
Review von Jakob Rondthaler"Wir dachten, MTV verwechselt uns", verriet Schlagzeuger Flo Weber im Zusammenhang mit der Einladung der Sportfreunde Stiller zum Unplugged. So weit verständlich, denn die Band zählt nicht unbedingt zu den ganz großen und versierten Musikern, mit denen dieses Format einst begann. Doch genau dank diesem Humor und der gehörigen Portion Selbstironie ist der Sportfreunde-Auftritt dann doch recht unterhaltsam geworden.
Allein, der Ort, den sich die Band für ihr Konzert ausgesucht hat: Da schreibt man wie das Vorbild Nirvana "Unplugged in New York" auf die Cover, spielt aber letztendlich in den Bavaria Filmstudios um die Ecke. Ein gelungener Schachzug allerdings, dann Udo Jürgens einzuladen, um augenzwinkernd zu gestehen: "Ich war noch niemals in New York".
Sehenswert macht die Kulisse den Konzertabend in jedem Fall, an insgesamt drei verschiedenen Orten lassen sich die Sportfreunde zum Musizieren nieder, in einer Straße von Brooklyn, die sie selbst "Acoustic Avenue" getauft haben. Da taucht an jeder Ecke der typische Humor des Trios auf: Ein Banner für die Fluglinie AEROFLO, die von "Munic" zum "Big Apple" fliegt, ein Klingelschild verrät, dass Brugger, Linhof und Weber direkt über M. Davis wohnen, der Plattenladen heißt "Rüde Records" und die Werkstatt "Pitstop" spielt auf Peters Spitznamen an. Liebe fürs Detail beweisen die Jungs allemal.
Doch nicht nur die Häuserfassaden und Vorgärten, auch die Gastmusikerinnen und –Musiker sind ganz im Flair der Weltstadt in den 60er-Jahren gehalten. Die Brass-Sektion spielt, als Bauarbeiter gekleidet, von einem Gerüst herunter, das Streich-Quartett trägt Stewardess-Klamotten.
Auf der DVD befindet sich das gesamte Unplugged-Konzert, von dem auf dem Album nur eine Auswahl zu hören war. Dort fehlte beispielsweise "Hallo Du", ein neuer, eigens für den Abend komponierter Song, der auf dem letzten Studio-Album zu den besten gezählt hätte, weil er sich wieder auf die altbewährten Qualitäten der Band zurückbesinnt.
Und die Stadion-Hymne "54, 74, 90, 2010", die die Band auf Konzerten mittlerweile nur noch anspielt, hätten die Sportfreunde entweder gar nicht bringen dürfen, oder so: auf dem Leierkasten im Konfetti-Regen. Mehr Persiflage geht kaum.
Die ungekürzte Fassung offenbart einem aber auch Stücke, auf die man gerne dankend verzichtet hätte. Der alte Indie-Klassiker "Wellenreiten '54" wird von Brugger alleine in einer Lagerfeuer-Pfadfinder-Version vorgetragen, die dem Potential des Lieds zu keinem Zeitpunkt gerecht wird.
Immer bewegt sich der Humor der Sportfreunde irgendwo zwischen übertriebenem Größenwahn und Selbst-Ironie, und genauso wechseln wirklich gute Momente mit Durststrecken. Anders als bei den Ärzten, bei deren Unplugged die Überbrückung der technischen Aussetzer am Ende zu den Highlights des Konzertes zählten, entstehen bei den Sportfreunden an dieser Stelle eher langatmige Pausen. Wenn sie organisatorische Probleme mit einer Zauber-Show überspielen, ist das recht amüsant, doch die beiden Songs, die die Band improvisiert, wirken eher unbeholfen.
In verschiedenen Rubriken gibt die Band Einblicke, wie sie den Abend plant, wie sie mit dem Orchester probt, wie Peter mit einem Coach an seiner Stimme arbeitet und wie die Suche nach der passenden Location verläuft. All das kann man sich auf der Bonus-DVD anschauen. Am Ende stellt man fest, dass der Auftritt der Band wahrscheinlich nicht zu den besten der MTV-Reihe zählt. Aber eines von ihren extra für den Abend gebrauten "Unplugged-Bieren" würde man zu gerne noch mit ihnen trinken.
2 Kommentare
Da mag wohl jemand die Sportis einfach nicht. Ich finde das Unplugged Konzert richtig gut.
finde es allemal gelungener als das von den hosen
4/5 würde ich geben.