laut.de-Kritik
Dazu hätte auch Karl der Große das tanzwütige Bein geschwungen.
Review von Ulf Kubanke"Eselsmesse" ist ein schön gewählter Titel für ein Konzeptalbum. Das Festum Asinorum war im europäischen Mittelalter ein ausgelassenes Narrenfest des niederen Klerus, in dessen Zentrum eine persiflierte Heilige Messe stand. Ein guter Anlass für den alten Mittelalterpionier Teufel alias Mike Paulenz, mal wieder ein echtes Dudelsackmassaker von der Kette zu lassen.
Tanzwuts Idee, sich von Corvus Corax musikalisch puristischem Rezept eines authentisch archaischen Klangbildes mittels moderner Instrumente abzusetzen, ist längst über den Jordan. Das dunkle Zeitalter hat alles gefressen, was auch nur entfernt nach unserer Gegenwart tönt. Das klappt vor allem live sehr gut, nicht zuletzt wegen ihrer eigenwilligen Shows und der charismatischen Erscheinung von Frontmann Teufel. In der konservierten Studioversion funktioniert es jedoch nur bedingt.
Die technischen Fähigkeiten der Combo sind durchaus beeindruckend. Hier spielt keine auf antik getrimmte Dorfkapelle, sondern ein Haufen hochgradig versierter Musiker, deren Klangteppich von grob bis filigran jede Webart aufweist. So klingt die "Eselsmesse" besonders in den Momenten totaler Entfesselung recht eigenständig neben der Doppelspitze Corvus Corax & In Extremo.
Das liegt auch an den Marktsackpfeifen. Großzügig angelegte instrumentale Passagen wie etwa "Saturnalia" peitschen sie mit einer derb wuchtigen Geschwindigkeit als Middle-Age-Punk durch die Ohren. Da hätte sicherlich auch schon Karl der Große das tanzwütige Bein geschwungen. Auch das als Marsch konzipierte "Rhoslese" brennt sich nach niedlichem Flötenintro ins Hirn des Hörers.
Doch leider gibt es auch noch die Vocaltracks von Teufel. Ausgerechnet der Leibhaftige und Urveteran zieht die Platte ein wenig herunter. Ohne Liveoptik tritt des Satans Stimme automatisch in den Vordergrund der Aufmerksamkeit. Und dieser Gesang ist nicht gerade eine Stärke der "Eselsmesse". Zwar szenemäßig schick angeraut, aber nicht besonders wiedererkennbar. So verglüht die Stimme des Höllenfürsten recht sang- und klanglos im Feuer der Instrumente.
Auch halten die Songs mit gesungenem Part nicht alle das Niveau der wortlosen Tracks. Der "Eselskönig" kommt als bereits hundertfach totgerittener Brauereigaul zur Messe. Im Gepäck lediglich eine ausgelutschte Saufliedmelodie im Zirkusrhythmus. Auch das im Grunde wundervoll arrangierte "Gregis Pastor Tityrus" krankt an einer laschen Gesangsmelodie, deren bemüht behäbige Darbietung allen Sex aus den Instrumenten saugt.
Höhepunkt der Zerrissenheit: Das Herzstück "Unsere Nacht". Schön lecker als Hymne mit Zigeunerchorus und weinroten Gastvocals von Jule Bauer. Mühelos erobert sie das Lied für sich und sticht den Krähengesang des Teufels aus. Endlich mal eine weibliche Stimme in der Szene, die weder nach Bahnhofs-Operetta noch Latexschnepfe klingt. Man wünscht sich in diesem Moment, Tanzwut hätten dieser Sängerin bei allen Tracks der CD die Leadvocals überlassen. Hoffentlich bleibt ihr Beitrag kein einmaliges Gastspiel.
3 Kommentare
Sorry, ich hab da immer Mittelalter Larper im Kopf, welche stolz darauf sind, mal abseits vom immer gleichen Dudelsackgedudelsacke etwas, ähem, "progressives", "experimentelles" zu hören. Ich finds Kacke.
Das ist Musik die für mich auf Platte nie funktioniert.
Unerträglich nervig. 1/5