laut.de-Kritik
Rock, Swing und heilige Nacht sind hier keine Widersprüche.
Review von Artur SchulzWeihnachten ist eigentlich gar nicht so übel. Verleidet wird einem der Spaß daran durch z. B. absurden Lebkuchenterror bereits im August. Und bis Ende Dezember immer zahlreicher auftauchenden Santa Clauses, die mehr Bedrohlichkeit als Beglückung ausstrahlen. Schlussendlich natürlich die Schwemme an von jedem Hans und Franz eingespielten Platten mit Tannenbaum und Kerzen auf dem Cover. Dagegen setzen The Baseballs ein schlichtes, aber effektives Rezept: Humor.
Wer sich dereinst verschämt und verkleidet mal eine Ausgabe von "Bravo Rock Christmas" zulegte, darf mit den Baseballs getrost öffentlich zur Kasse treten. Einen Grundfehler von Weihnachtsplatten lassen Sam, Digger und Basti draußen vor. Nämlich die übertriebene Feierlichkeit und aufgesetzte Ernsthaftigkeit, die Werke wie "Weihnachten Mit Den Amigos" oder "Christmas In My Heart" (Sarah Connor) so unselig in den Vordergrund stellen.
Allein auf die klassischen Rock'n'Roll-Zutaten vertrauen die drei Wahlberliner nicht: diesmal kommt zusätzlich das Orchester der Neuen Philharmonie Frankfurt zum Einsatz. Resultat ist kein schmieriger Weihnachtsglitsch, sondern ein geschmacksicherer und heiterer Rückgriff auf die Sounds von gestern. The Baseballs drapieren den Rock nur als verbindende Beilage. Im Vordergrund steht die Wiederentdeckung der naiven Heimeligkeit des Bilderbuchweihnachten der fünfziger und sechziger Jahre.
"Let It Snow" eröffnet streicherselig das baseballsche Weihnachtsvergnügen, und klingt wie aus dem Soundtrack zu einem alten Hollywoodstreifen entlehnt. Unwiderstehlich: Die Umsetzung von Chris Reas "Driving Home For Christmas", bei dem Orchester und die Baseballs alles an vergnüglichem Handwerkskönnen herausholen. Die federnde E-Gitarre taucht die Nummer in authentisches Sun Studio-Feeling, Drums und Streicher erlauben sich gegenseitig glühweinseliges Umhertorkeln.
Sams Lead-Stimme mimt auf voller Albenlänge höchst schmalzsicher den King im Knecht Ruprecht-Kostüm. Der "Little Drummer Boy" mag es gar nicht feierlich, und tobt mit trockenen Beats und Fingerschnippen durch den Schnee. Effektvoll: eine häufig richtig dreckig bratzende Gitarre. Glockenklänge satt und ein süßes Engelsstimmchen lassen auf "Dry Your Tears" wahrhaftig jede Träne trocknen.
Die vorliegende Kollektion kommt ohne Wham!'s "Last Christmas" aus. Die "Silent Night" badet in Kitsch pur, zaubert aber zu jeder Sekunde ein beglücktes Lächeln ins Hörergesicht. Nur auf traditionelle Nummern setzt das Album nicht - drei Tracks sind eigens selbst komponiert, und fügen sich nahtlos ins Gesamtkonzept ein. Der "Wonderful Dream (Holidays Are Coming)" erweist sich dank seiner unwiderstehlichen 1a-Dramaturgie als weiteres herausstechendes Highlight.
Rock, Swing und heilige Nacht: keine Widersprüche, wenn in den richtigen Händen. Natürlich zählt "Good Ol' Christmas" nicht zu den Alben, die in keiner Sammlung fehlen dürfen. Aber zulegen ist unbedingt gestattet, denn mit den Baseballs im Hintergrund lassen sich die Adventsnachmittage höchst charmant veredeln. Glühwein und Eierlikör als Beigabe schaden dem Hörgenuss nicht.
3 Kommentare
Na, reinhören werd ich sicherlich mal. Suche ja bereits wieder nach guter Weihnachtsmusik für die besinnlichste aller Zeiten.
oh nein, die mag meine Freundin so sehr. Jetzt noch Weihnachtsmusik *rülps* gott bald ist es wieder soweit, diese aufgesetzte Fröhlichkeit und eigentlich ist nur jeder wieder froh, wenn's rum ist. Okay, die einzige Zeit, wo man alte Freunde wieder sieht, da jeder frei hat und man sich in seiner alten Kneipe aus der Schulzeit trifft. Ansonsten kann mir der Kack gestohlen bleiben - ach ne 80%-Rumbowle im Kühlschrank ist noch ein Argument für die Feiertage .
Glühwein!