laut.de-Kritik

Von Fatboy Slim bis Badly Drawn Boy.

Review von

Was ist typisch britisch? Musikalisch betrachtet, mögen Britpop, Trip Hop, Grime, Acid-Jazz und vielleicht sogar Soul der Marke Jamiroquai in den Sinn kommen, sprachlich Londoner Akzent und Storyteller-Texte à la Paul Weller. Dies zusammenzuführen und eine Mischung zu kreieren, die 'simply irresistable' ist, gelang The Hempolics schon auf "Kiss, Cuddle & Torture Volume 1".

Nun liegt Volume 2 vor und führt das Konzept fort: The Hempolics komprimieren Elemente, die auf dem Höhepunkt der Drum'n'Bass-Welle angesagt waren, zu einer schicken Eigenmarke und bringen zusätzlich Dynamik und Abwechslung ins Spiel, on top zur stilistischen Bandbreite, da weiblicher und männlicher Leadgesang wechseln. 

Nubiya Brandon singt charismatisch auf "Strange Feeling", "Play On", dem trip-hoppigen "Full Of Surprises", der jazz-hoppigen Nummer "The Enemy" und dem funky "In The Night". Sie ist Liebhaberin von Dub, Afrofunk, Jazz-Rap und Grime und als solche auch zeitweise mit der nach ihr benannten Band Nubiyan Twist unterwegs.

Ein Großteil der Magie der Songs geht auf ihre Stimme zurück. Harry und Dandelion Collier teilen sich die übrigen Songs mit heller und dunkler Stimmfarbe, teils im Wechselgesang, die Background-Vocals übernimmt der Sohn des Projektchefs Grippa Laybourne, der vor 1995 als Toningenieur für Incognito, später Faithless ins Musikbusiness startete. Diese Herkunft hört man der Platte dubbig und bassschwer an.

Im Unterschied zu Faithless oder Vertretern des Portishead-Umfelds, mit denen Grippa auch zu tun hatte, pflegt diese Musik aber wenig Düsternis oder Tristesse, sondern beschwingten Optimismus, entspannte Leichtigkeit und genussvolle Freiheit. Gerade diese Kombination ist auch das Neue am Hempolics-Sound im Vergleich zu den 90er-Jahren. Vertrautes taucht dennoch auf: Während die Vocals mal nahe am Sprechgesang eines Mike Skinners spitten, wie in "Gotta Thing", und rhythmisch ein bisschen Roots-Reggae zitiert wird, meint man in "Vapourize My Dream" die Stereo MC's zu hören.

Damit heben sich The Hempolics angenehm vom aktuellen Trend zu simpler Laptop-Beats ab, der in Reggae und Dub aus Trap und Dancehall eingewandert ist. Die Briten ordnet man vor allem dem Reggae-Lager zu, sie traten auch schon bei einigen großen Reggae-Festivals auf. Ans aktuelle Roots Retro-Revival und die Sounds von Chronixx und Ky-Mani Marley erinnern in der Tat auch die Vocals von "Moon Stars", allerdings pitchen die Hempolics das Tempo in schwindelerregende Höhen, die so sicher nur in Jungle-Remixes vorkommen.

Das wunderschön harmonische "Place Is Here" klingt, als würde Fatboy Slim auf Badly Drawn Boy treffen. Die Hookline in diesem schwelgerisch gesungenen Track setzt sich fürs Leben im Hier und Jetzt ein, "that the place is here and that the time is now!" Als Anspieltipp für Fans von Elektronik, Grime, Hip Hop und Big Beat könnte sich das elastisch bouncende "Bongadashi" in die Herzen grooven, während das schlichte Understatement-Stück "Get It Right" als schöne Electro-Hymne für die Clubs durchgeht. Die Londoner Band, die vor sechs Jahren mit dem Reggae-Cover "Green Line" durchstartete, füllt eine Lücke, klingt innovativ und steckt voller Überraschungen

Trackliste

  1. 1. Full Of Surprises
  2. 2. Strange Feeling
  3. 3. Place Is Here
  4. 4. Bongadashi
  5. 5. Moon Stars
  6. 6. Play On
  7. 7. Forever
  8. 8. In The Night
  9. 9. Get It Right
  10. 10. Gotta Thing
  11. 11. Vapourize My Dream
  12. 12. The Enemy

Noch keine Kommentare