laut.de-Kritik

Wenn ein Passagierflugzeug in deinen Wohnblock stürzt.

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The Icarus Line machen es ihren Fans wahrlich nicht leicht. Zu sprunghaft klingt der Sound der Band. Mal geradliniger, dann wieder krachiger und vertrackter, je nach Album. Das könnte der Grund sein, warum die Band bis heute nicht über einen gewissen Underground-Status hinausgekommen ist.

"Slave Vows" wird daran vermutlich nicht viel ändern. Wenn ein Auftaktsong wie "Dark Circles" erstmal mit langem Feedback-Gedröhne beginnt und sich auf elf Minuten Länge auswalzt, verdeuitlicht dies: Auch das fünfte Album rollt die Charts nicht von hinten auf.

Dieses Mal setzen The Icarus Line wieder auf Sperrigkeit und die Rückkehr zum lärmigen Rock ihrer Anfangstage. Eine klare Reaktion auf aktuelle Musikströmungen, wie Sänger Joe Cardamone in einem Interview verrät: "Rock'n'Roll ist zu einer Mötley-Crüe-artigen Farce geworden, einer Parade von Arschgeigen. Es ist, als wären die 80er wiederauferstanden."

Darauf haben der Mann aus Hollywood und seine Mitmusiker aber keinen Bock. Passenderweise waren The Icarus Line vor den Aufnahmen zu dieser Platte mit den fröhlichen Botschaftern der guten Laune, Killing Joke, auf Tour und haben sich dort eine ordentliche Portion düsterer Weltsicht abgeholt. Wieder zu Hause angekommen, reifte schnell der Entschluss, ein neues Album einzuspielen. Und zwar live im Studio, um die Energie der Musik voll zur Entfaltung bringen zu können. So entstand "Slave Vows" bis auf ein paar Keyboards und den Gesang komplett live.

Am besten tritt das in lärmigen Songbrocken wie "Marathon Man" zum Vorschein, der in der Mitte von einem gediegenen Gitarrengetöse auseinandergefetzt wird. So muss es klingen, wenn ein großes Passagierflugzeug in deinen Wohnblock stürzt. "Dead Body" haut in die gleiche Kerbe. Es fiept und zirpt an allen Ecken und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals im Formatradio laufen. "Don't Let Me Save Your Soul" zieht das Tempo an und glänzt mit hypnotischer Schweineorgel.

Bei aller Freude am Lärm und am rohen Rock, den The Icarus Line hier zelebrieren: Es fehlen ein wenig die Songs. Das Fragment "No Money Music" macht mit seinen Stimmeffekten anfangs Spaß, beginnt aber nach einigen Durchgängen zu langweilen - es mangelt dann doch am Songwriting. Auch "City Job" ist nicht der originellste Song unter der Sonne.

Letztlich fehlt es einigen Nummern am Wiedererkennungswert. Wer aber auf der Suche nach einem Album ist, das vor ungefilterter Energie nur so strotzt, sollte hier ein Ohr riskieren. Auch nicht auszuschließen: Dies könnte ein Album sein, das erst über einen längeren Zeitraum all seine Qualitäten offenbart.

Trackliste

  1. 1. Dark Circles
  2. 2. Don't Let Me Save Your Soul
  3. 3. Marathon Man
  4. 4. Dead Body
  5. 5. No Money Music
  6. 6. City Job
  7. 7. Laying Down For The Man
  8. 8. Rats Ass

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