laut.de-Kritik

Let there be Pop, herrgottnochmal!

Review von

"Ja. Das ist Jetzt". Nach eineinhalb Jahren im hanseatischen Electric Avenue Studio darf man Tocotronic im Jetzt herzlich willkommen heißen und im gleichen Handschlag zu ihrer vollendeten Image-Politur beglückwünschen: die Slogans für das Schulmäppchen sind geschrieben und gedruckt.

Das "Jetzt" ist kein Pendant mehr für depressive Gymnasiasten auf der Suche nach textlichem Verständnis und Geborgenheit. Längst sitzen Hemden anstatt Trainingsjacken auf den schlacksigen Körpern, die hier ungewohnt zufrieden und nach vorne blickend von "Zwecken", "Räumen" oder "Orten" singen. Da gibt es wenig zum Festhalten, und, wie von Lowtzow selbst zugibt, noch weniger zum Verstehen. Es wirkt fast so als ziele man auf eine subjektive Identifikation ab, aus der jeder ziehen kann was er möchte. "Eins zu Eins ist jetzt vorbei" ist mehr als ein zentraler Satz der neuen tocotronischen Selbstdefinierung. Die Hamburg-Schüler sind erwachsen geworden, wird manch einer schreien. Liebe Leute, das sollte man auch langsam mit Anfang Dreißig ...

Kaum verwunderlich also, dass dies nicht die stürmende Rockplatte ist. Außer kleinen Ausnahmen (allen voran das brennende "This Boy Is Tocotronic" mit Stadion-Rock-Solo) klingt das selbstbetitelte Werk durchgehend betagt und zurückgelehnt. Fernab vom preschenden Indie-Rock der alten Tage wurden die "K.O.O.K"-Ideen großartig weiter – und hoffentlich noch lange nicht zu Ende gedacht. Alles andere als eingeknickt und hoffnungslos perfektionieren drei Nicht-Musiker Musik, die glücklicherweise nicht mehr in die einschränkende Nische Gitarrenrock gerückt werden kann. Oft genug nehmen Keyboards der Gitarre die tragende Funktion aus der Hand und selbst vor Arne Zanks Ausflügen in komplett elektronische Gefilde (mit denen man wohl einige alte Die-Hard-Fans endgültig vergraulen wird) zeigt man keine Scheu. Let there be Pop, herrgottnochmal!

Mit Hilfe des nahezu Bandmitgliedes Tobias Levin als Produzenten befinden sich Tocotronic derzeit auf einer Experimentier-Spur, deren Ende sie wohl selbst nicht einschätzen können. So lange sie auf dieser aber so fantastisch ausgetüftelt klingen, sollte man auf ein Ankommen erst mal nicht hoffen.

Trackliste

  1. 1. This Boy Is Tocotronic
  2. 2. Alles Wird in Flammen Stehen
  3. 3. Hier Ist Der Beweis
  4. 4. Hi Freaks
  5. 5. Free Hospital
  6. 6. Führe Mich Sanft
  7. 7. Das Böse Buch
  8. 8. Näher Zu Dir
  9. 9. Schatten Werfen Keine Schatten
  10. 10. Dringlichkeit Besteht Immer
  11. 11. Wolke Der Unwissenheit
  12. 12. Drama
  13. 13. Neues Von Trickser

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