laut.de-Kritik

Kommerz trieft aus jeder Zitze dieser prallen Cashcow.

Review von

Da ist es wieder, das Phänomen Tokio Hotel. Seit fünf Jahren lassen uns die vier Magdeburger an ihrer ganz persönlichen Reise durch Pubertätsprobleme wie den ersten Liebeskummer, Bills Stimmbruch und sonstige Teenie-Stolpersteine teilhaben, die sie zu Deutschlands erfolgreichstem Export-Act machen.

Zeit also das Mysterium endlich mal auf eine Best Of - Kompilation zu bannen. Über den Absatz müssen sich Tokio Hotel keine Sorgen machen. Das dicke Mastkalb wird mit gleich drei Best-Of-Versionen ordentlich ausgeschlachtet. Kommerz trieft aus jeder Zitze der prallen Cashcow.

Die deutsche Version startet traditionell mit ihrem Durchbruch "Durch Den Monsun" und katapultiert den Hörer noch einmal unsanft zurück in die Anfangsjahre von Tokio Hotel. Schauplatz ist das legendäre Maisfeld, das nicht nur von massig Regen, sondern auch von einem belanglosen Text bedroht wird.

Schnell klickt man sich in der Playlist weiter zu dem bisher unveröffentlichten Stück "Mädchen Aus dem All" aus dem Jahr 2003. Da hüpft 100% gruseliger Kinder-Pop aus der Überraschungstüte, man möchte Bill und seine Krabbelfreunde beschützend an sich drücken. Vielleicht hätte die Band das Lied besser unter fremden Pseudonym einer neuen Platte von Rolf Zukowski untergeschoben. Mit solchen unnötigen Lied-Ausgrabungen wird der Graben zwischen Kinder-Pop-Kapelle und potenziell reifender Rockband nur noch größer.

Dabei sind Tokio Hotel im Laufe ihrer beachtlichen Karriere durchaus gewachsen, das beweisen Tracks wie "Für Immer Jetzt" oder "Lass Uns Laufen". Klar, auch hier besteht die Zielgruppe wieder aus pubertierenden Mädchen. Doch Tokio Hotel kontern mit deutlich mehr musikalischer Attraktivität und stärkeren Texten.

Stimmlich ist bei Bill Kaulitz dennoch nichts zu holen. Volumen sucht man schon seit Jahren vergebens. Das scheint seine weibliche Fanschar nicht zu stören, so lange Bill seine Frisur nicht verändert oder auf einmal mit einer Freundin an der Seite über den roten Teppich schreitet, ist für sie die Welt in Ordnung.

Normalbürger greifen vielleicht besser zur zweiten Best Of-Variation in englisch. Das verkraften die Ohren besser und macht zumindest in Ansätzen verständlich, wieso die Jungs so einen großen Zuspruch im Ausland erhalten. Deutsche Belanglosigkeit ist in englischen Lyrics definitiv leichter zu ertragen. "World Behind My Wall" oder "Automatic" glänzen gleich in einem ganz anderen Licht. Faszinierend!

Da alle guten Dinge drei sind, kann der fanatische Anhänger, dem die zwei Best Ofs in englisch und deutsch noch nicht genug sind, mit Variante 3 noch zusätzlich eine DVD aus der Maschinerie Tokio Hotel erwerben. 18 Musikvideos und sechs Making Of Clips zeigt den Sensations-Vierer noch mal ganz nah.

Trackliste

German Version

  1. 1. Durch den Monsun
  2. 2. Der Letzte Tag
  3. 3. Mädchen Aus Dem All (2003)
  4. 4. Übers Ende Der Welt
  5. 5. Schrei
  6. 6. An Deiner Seite (Ich Bin Da)
  7. 7. Spring Nicht
  8. 8. Automatisch
  9. 9. Lass Uns Laufen
  10. 10. Geisterfahrer
  11. 11. Ich Brech Aus
  12. 12. Für Immer Jetzt
  13. 13. Rette Mich
  14. 14. 1000 Meere
  15. 15. Komm
  16. 16. Sonnensystem
  17. 17. Humanoid
  18. 18. Hurricanes And Suns (Bonustrack)

English Version

  1. 1. Darkside Of The Sun
  2. 2. Monsoon
  3. 3. Hurricanes And Suns (2009)
  4. 4. Ready, Set, Go!
  5. 5. World Behind My Wall
  6. 6. Scream
  7. 7. Automatic
  8. 8. Phantomrider
  9. 9. Break Away
  10. 10. Final Day
  11. 11. Forever Now
  12. 12. By Your Side
  13. 13. Rescue Me
  14. 14. 1000 Oceans
  15. 15. Noise
  16. 16. Don't Jump
  17. 17. Humanoid
  18. 18. Mädchen Aus Dem All (2003, Bonustrack)

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27 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Naja, über Tokio Hotel kann man ja lange diskutieren. Fakt ist: Die sind scheiße :-D.
    Nein, kleiner Spaß. Ich wünsche denen alles Gute :-).

  • Vor 13 Jahren

    Jeder wie er mag.
    Dass allerdings heutzutage das Leben der meisten "Stars" / "Musiker" (wer mit wem über den roten Teppich, wer welches Auto und blablub) interessanter ist, als ihr jeweiliges musikalisches Schaffen. Anders ist es kaum zu erklären was sich schon seit Jahren so in den Charts rumtummelt.
    Ausnahmen gibts da nur wenige, und es lässt auch nur einen Schluss zu:
    Wenn die Charts wirklich nur durch Plattenverkäufe beeinflusst werden, dann haben die meisten Leute schlicht 0 Ahnung von Musik.

  • Vor 13 Jahren

    Kann meinem Vorredner nur zustimmen!
    Dieser heutzutage geläufige "Pop" - oder auch "Charts" betitelt - ist an Belanglosigkeit in der Geschichte der Musik nur noch schwerlich zu überbieten. Die sogenannte Musik ist nur noch ein Nebenprodukt um die ach so interessanten Persönlichkeiten der "Superstars" geworden, damit sie wenigstens die Illusion einer Rechtfertigung besitzen, in der Öffentlichkeit zu stehen!

    Und das erkennt sogar ein Mensch, der mit Bravo Hits und The Dome großwurde...