laut.de-Kritik
Drum'n'Bass für Erwachsene vom Soul:R-Label.
Review von Christof KlausGäbe es das Soul:R Label aus Manchester nicht, wäre Drum'n'Bass um so einige Perlen ärmer. Denn was da seit gut fünf Jahren aus dem Dunstkreis von Firmenboss Marcus Intalex auf Vinyl und CD gepresst wird, gehört sicher zur Speerspitze des Genres. 23 Katalognummern umfasst die Soul:R-Diskographie bis dato, eine Reihe weiterer Releases hat das Schwesterlabel Revolve:R beigesteuert. Die Bilanz ist makellos: No Fillers, just Killers! Und nach der Mix-CD "Soul:ution" aus dem Jahre 2003 ist die Zeit nun wirklich reif für eine weitere Labelschau, die nicht mit Inhalten geizt: "Dat:Music."
Auf der Doppel-CD tummelt sich ein Dutzend Produzenten aus der ersten und zweiten Reihe der Szene, von Klute über D Bridge bis Raf And Illogic und eher unbekannten Namen wie Reactiv oder Stan And Mook. Der musikalische Fokus liegt eindeutig auf reduziertem, deepem, meist instrumentalem Drum, der wohl eher nicht dem üblichen Verständnis vom typischen Liquid Funk entspricht – einer Schublade, in der der Soul:R-Kram ja allzu gerne gelegt wird. Nein, diese unaufgeregten, ernsthaften und eher hintergründigen Tracks mit der Liebe zum Detail brauchen solche Etiketten nicht, denn sie entfalten sich auf ihre ganz eigene Weise. "Drum & Bass für Erwachsene", hat es ein Kollege kürzlich so treffend auf den Punkt gebracht.
Auf "Dat:Music" klingt dieser minimal und elektroid wie Beta 2s "Innersense", hymnisch wie Klutes "We're all dying" und "Come back to me" oder verträumt-schön wie das schon etwas ältere "Loves Ugly Child" von D Bridge. Martyn, einer der Aufsteiger des Jahres 2006, steuert gleich drei seiner reduzierten Science-Fiction-Nummern und sogar ein nettes Ambient-Dub-Stück bei. Und Everybody's Darling Calibre, spätestens seit seinem Überalbum "Second Sun" einer der Chefs im Drum-Ring, scheint sowieso niemals etwas falsch zu machen. Gleich vier Kostproben seines straighten und atmosphärischen Breakbeat-Soul gibt er hier zum Besten.
Bei den wenigen Vocal Tracks lässt sich das bewährte Duo Seba und Robert Manos nicht lumpen und liefert zwei Nummern der ruhigeren Sorte ab. So schaffen sie zum Beispiel auf "Heaven Sent" eine eindringliche und schwere Atmosphäre, die auf rastlose Beats trifft, während Raf und Illogics "Break Dance" die Brücke zwischen klassischem Electroflair und präzisem Drumfunk schlägt.
Und Intalex selbst setzt dem Ganzen noch das Sahnehäubchen auf: Seine Produktion "Red 7" ist ein fieses Acid-Teil, das simpel und durchschlagend um staubtrockene Stepperbeats vor sich hin gurgelt. Ja, der Soul:R Macher kann eben auch ganz anders. Auch auf "Refreshed" gibt sich der Mann musikalisch versiert und legt verspielte Soundlandschaften über stramme Beats. Sein Wahnsinnstrack "Wide Eyes" zeigt, wie wunderbar Clubmusik auch auf einem ganz unterschwelligen Level funktionieren kann und wie offensichtlich mittlerweile der Einfluss, den die Ästhetik von Detroittechno auf seinen Stil hat, geworden ist.
Keine Frage: Mit der "Dat:Music"-Compilation ist Intalex ein Fingerzeig in die richtige Richtung gelungen. Auch wenn Fans der frühen Soul:R-Phase vielleicht locker-flockige Ohrwürmer à la DJ Markys "Sunshine" schmerzlich vermissen. Denn das, was einem hier entgegenpumpt, ist kein Hitfeuerwerk mit Melodien für Millionen, wie man es in monatlichem Turnus etwa aus der Hospital-Ecke her gewohnt ist. Nein, diese Deepness ist subtiler, offenbart sich dann aber umso gewaltiger. Und zwar im CD-Player zuhause und im Club. Drum, der bereit ist für die Zukunft.
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