laut.de-Kritik
Jo, sammer denn beim Flamenco, oder wos?
Review von Stefan JohannesbergHip Hop meets Reggae, Def Jam meets Jamaica. Hip-Hop-Größen treffen auf die derzeit üblichen verdächtigen Dancehall/Reggae/Ragga-Artists. Was soll da schief gehen, wo es sich momentan für R'n'B und Hip Hop-Crooner so trefflich anbietet, eine Compilation mit Sean Paul zu releasen und damit zumindest kommerziell auf der sicheren Seite zu sein.
Und weil seit Sean Pauls "Get Busy" und Wayne Wonders "No Lettin' Go" zum Diwali-Riddim dies- und jenseits des Atlantik alle Hüften kollektiv kreisen, bietet sich ein solches Projekt und Produkt natürlich an. Neu ist die Idee der Fusion aus Reggae oder Dancehall und Hip Hop oder R'n'B nicht, bedenkt man, dass beispielsweise Bobby Konders auf Massive B schon vor einigen Jahren das Album "Reggae meets Hip Hop" veröffentlichte, und generell Dancehall-Hip Hop-Kollabos schon seit geraumer Zeit voll "salonfähig" sind.
Häufig sind Sampler, die nur allzu gut in einen vermeintlichen Trend, Hype oder schlicht in den 'Zeitgeist' passen, mit Vorsicht zu genießen. Geht es doch oft nur darum, dem schnöden Mammon hinterher zu jagen, anstatt bei der Zusammenstellung des Materials mit Kompetenz zu glänzen, wie Reggaesampler an Tankstellen und "Best of Hip Hop" im Wühltisch beim Musikschlussverkauf im Supermarkt um die Ecke!
Im Falle von Def Jamaica kann allerdings Entwarnung gegeben werden. Der Zeitpunkt des Erscheinens ist sicherlich kein Zufall, aber das, was Def Jam mit Def Jamaica abliefert, hat wirklich Qualität. Die Tunes sind nicht billig zusammen gekauft und waren bis auf wenige Ausnahmen so noch nicht zu hören. Und auch das Konzept "Hip Hop-Artists meet Reggae-Artists" wird von Track 1 bis Track 15 konsequent durchgezogen. Okay!
Die Beats und Riddims gehen zu einem großen Teil auf das Konto von Dave Kelly und Tony Kelly. Beide sind seit Jahren extrem erfolgreich im Basteln von Güteklasse 1a –Dancehallriddims. Der Einsatz der beiden Burschen und weiterer Produzenten wie Lenky Mardsen, Sly & Robbie oder Matt Stein verleiht dem Album genügend Klasse. Auffällig ist allerdings, welcher Beliebtheit sich seit "Get Busy" und "Make It Clap" der Einsatz von Claps in Riddims und Beats erfreut, jo sammer denn beim Flamenco, oder wos? Das ist schon fast inflationär, und es steht zu befürchten, dass man es bald nicht mehr hören kann.
Wirklich hitverdächtig und schon mit Video ausgestattet ist "Anything Goes" mit CNN, Wayne Wonder und Lexxus. Das riecht stark nach heavy rotation. Weitere empfehlenswerte Tunes zum Reinhören sind "Mardi Gras", "True To Me", "Girls Calling" und "Dude". Interessant ist auch "Lyrical 44", auf dem Marley-Sohn Damian "Junior Gong" den Herren Method Man und Redman zeigt, was Druck ist. Alles in allem eine recht gelungene Scheibe, in die man sich durchaus mal reinhören sollte, auch wenn die ganz großen Sensationen und Innovationen fehlen.
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