laut.de-Kritik
The cream of new york's punk-funk bands!
Review von Miriam Wolff"The cream of new york's punk-funk bands" - was um Himmels Willen ist denn Punk-Funk? Bootsy Collins mit Iroquesen und Klamotten von der Arbeiterwohlfahrt, auf die jemand "Anarchie" drauf geschrieben hat? Der Zettel zu der CD behauptet, dieser Sampler habe Songs aus den ersten der 80er Jahre zusammen gestelllt, aus der Phase als sich Dance und Punkrock zuerst trafen.
Ach, die trafen sich?
Ein Song von Liquid Liquid ist der Opener, und trotz digeridoo-ähnlich anmutenden Klängen des Bassisten und Buschgetrommel wird man statt in den Busch gedanklich sofort in irgendeinen modrigen Keller geschleudert, wo das Bier billig und die Menschen bleich sind. Groovt aber ganz human. Es folgt "The Beat", dessen Titel quasi die Essenz des Songs enthält und die letzten Schlumpis auf die Tanzfläche treibt. Er ist gut genug, um schon ganz alleine der gesamten Scheibe ihre Berechtigung zu verleihen. Das drängt zum Springen, Arme wedeln und vor allem Schwitzen, was anderes kann man bei dem Tempo auch gar nicht tun. Und trotz einer Beschränkung auf eine relativ dürftige Besetzung, die vielen Songs der Compilation eigen ist, sind die Beats und die Ideen stets amtlich. Mit New York Underground ist zwar mitnichten die U-Bahnstation gemeint, aber dennoch: Irgendwie lässt sich der Gedanke an eine U-Bahn-Schachtparty nicht verhindern. Das ideale Ambiente.
Die Theoretical Girls klingen erstaunlich männlich und tun schon etwas weh. Trotz schön verstimmter Punkgitarre und Waschkübelschlagzeug gleichen gewisse Geräusch einem Presslufthammer. Sicherlich ist das Absicht, aber welche? Dass es wehtut? Überhaupt scheint die Laune der 80er-Gesellen nicht gerade am Anschlag zum Freudentaumels gewesen zu sein, ist aber nur ne Vermutung. Der Punkanteil äußert sich am meisten darin, dass die Sänger, oder wie man sie nennen mag, leicht schizophren wirken und mehr zu sagen haben, als sie singen können.
Ist Bush Tetras Titel "Can't Be Funky If You Haven't Got A Soul" eine Selbsterkenntnis? Funky wie das losgeht, kann man ihnen die Seele immerhin nicht absprechen. Allerdings hockt diese Seele halt gerade in einem U-Bahn-Schacht. Ganz exakt so klingt auch das, was sie ausbrütet: In seiner Machart leicht beklemmender Funk, der in eine ähnliche Richtung wie "Superfreak" von Rick James linst. Mit der Gruppe Defunkt endet diese verschrubbelte Compilation - die einzige, die man meint, schon mal gehört zu haben.
Genau genommen kann ich mich allerdings nicht erinnern, solche Mucke schon mal wahrgenommen zu haben. Aber wenn das 80er-Revival nicht aufzuhalten ist, ist es schon nett, wenn noch irgendjemand dieser Teile gedenkt, statt wie Nena ihren Neue Deutsche Welle-Schrott einfach noch mal aufnehmen zu lassen. Funk-Ursprünge, durchflochten mit den seltsamsten Anwandlungen: Der Presslufthammer, eine siebenminütige Einlage von experimentellen Geigenschrubbel-Teppichen, und die Vielzahl greinender Punktussis. Wie bewertet man sowas? Als spannend. Kaufen!
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