laut.de-Kritik
Wer nicht klatscht, hält das Smartphone hoch.
Review von Michael Schuh"Austro-Pop taken to a new level" - so musste man Wanda im Winter 2014 noch erklären. Bei dem Namen dachten halt sowieso alle an diese eine Onlineplattform für Selbstgemachtes. Kollege Kabelitz nicht, der wusste schon Bescheid. Und so standen wir in jenem Winter mit 100 anderen in Rorschach im Treppenhaus (Name der Café-Bar) und fühlten uns in diesem rustikalen Jugendzentrum-Ambiente selbst wieder wie 20, auf der Bühne mit unseren Amateurbands, in unseren Herzen so viel Amore, aber es hat am Ende halt niemanden interessiert.
Ganz anders Wanda. Experten wie FM4-Instanz Martin Blumenau ahnten es natürlich: "Wenn Wanda binnen eines Jahres nicht die Mainstream-Pop-Darlings dieses Landes werden, dann läuft etwas ganz grundlegend falsch." Nun, es lief richtig. Wir haben Winter 2016 und Wanda sind big. Treppenhaus? Lächerlich, heute genügt den Österreichern ein Metalltreppengestell als Aufgang zur Bühne - von Stadthallen, Mehrzweckhallen und sonstigen perfekt ausgeleuchteten Etablissements.
Wer sie damals gesehen hat, wusste sofort, dass Blumenau recht hat. Sänger Marco Michael Wanda, ein größenwahnsinniger Menschenversteher, sozialisiert im Halbdunkel der Wiener Kaschemmen und Weinstuben, stolpert "Amore" krächzend in abgewetzter Lederjacke auf die Bühne und vom Durchdreh-Opener "Luzia" an will er sie alle einfangen, die Mädchen in der ersten Reihe, die saturierten Musikjournalisten in der letzten und die Unwissenden, die vor dem Auftritt noch am Clubeingang an der rauchenden Band vorbeigelatscht sind. Müssen alle mit. Geht nur zusammen. Platz hat der Sänger keinen, überall stehen die anderen im Weg, aber es klappt trotzdem. Sein Hallodri-Charme ist ansteckend, die Band schon damals perfekt eingespielt, alles tanzt, es ist ein großes Fest.
Zeitsprung. Von 100 zu 12.000 Zuschauern in zwei Jahren, statt 1000 jetzt 100.000 Facebook-Likes: Man muss den fünf Musikern zugute halten, dass sie sich in jenem surrealsten Abschnitt ihres Lebens eine gewisse Portion Unschuld bewahrt haben. Vor dem Auftritt werden Bruderbussis verteilt, und es ist rührend mitanzusehen, wie diese einstigen Proberaum-Dilletanten als Pop-Helden auf die größte Bühne ihrer Heimatstadt zurückkehren. Wie sie immer noch ungläubig in diese Menschenmassen blicken.
Die Stadthallenbühne in Wien ist groß, aber die Band nützt den Platz nicht unnötig aus, verliert sich nicht. Bassist Ray Weber hüpft noch immer herum wie von der Tarantel gestochen, und Marco hat endlich eine eigene Monitorbox, auf die er die halbe Show lang beim Singen seinen Fuß stellen kann, um sich den Kopf nicht darüber zerbrechen zu müssen, ob das jetzt gut ist, dass seine Fans so weit weg stehen.
Dieses spezielle Verhältnis zwischen Band und Publikum, das sich aus Nähe, blindem Vertrauen und Lust auf Vollsuff speist, es will schwer aufkommen in einem Setting mit Securities in breitem Fotograben und zwei Videoleinwänden. Aber die Band kämpft dagegen an und dieser Funke springt über. Der übliche Partyalarm sofort ab "Luzia", die inbrünstige Version von "Mona Lisa Der Lobau", Teil eins des wahnsinnigen Karaokewettbewerbs mit "Meine Beiden Schwestern", später gefolgt von "Bussi Baby". Und wer nicht klatscht, hält das Smartphone hoch. Erst recht, wenn bei "Ich will Schnaps" zufällig Marco Michael Wanda vorbeisurft, auf dem Weg zum Bierstand am anderen Ende der Halle.
Der Livesound dürfte im Studio ein wenig nachbearbeitet worden sein, ohne die Ecken zu sehr abzuschleifen. Das ist völlig in Ordnung, dennoch ist "Amore Meine Stadt" in erster Linie das filmische Zeitzeugnis eines recht einmaligen Pop-Hypes im digitalen Zeitalter. Die DVD enthält mit 19 Songs drei mehr als die beiliegende CD. Vor dem Abräumer "Bologna" dann ein kurzer Moment der Stille. Marco Michael Wanda hat noch was zu sagen. Aber bevor Wehmut aufkommt, bricht es dann doch noch aus ihm heraus: "Ich sag's nur einmal: Danke für die letzten zwei Jahre. Und danke für nächsten 20, Alter!"
12 Kommentare mit 5 Antworten
hab die live gesehen inner stadthalle. von der tribüne aus ganz hinten. katastrophe. seit dem kein einziger song mehr von denen gehört.
ich habe noch nie n song von denen gehört.........
Musik für mundanus.
Im wörtlichen Sinne würde ich dir durchaus recht geben.
> Musik für Leute, aus deren Mund nur Scheiße kommt und hin und wieder mal ein flaues Lüftchen.
Neue Bilderbuch Single
https://www.youtube.com/watch?v=0L0zv8QHAuI
amore is für mich immer noch ein gutes album. der rest mir eigentlich woschd
soulburn gibt bestimmt ungehört 1/5, weil das so schlimme Sexisten sind.
Souli hat auch so viel Sand in der Muschi, er könnte damit ganze Strände füllen, so wie Kreuzfahrtschiffe mit Touristen.
Und ich gebe die 1/5, weil es mich in meiner Sexistenehre kränkt, dass Softies wie Wanda inzwischen schon als Sexisten bzw. "Machos" durchgehen.
Spaß beiseite: soulburn ist eigentlich ein Doppelagent und hochrangiger Ritter der Mettenrunde.
Nö, die 1/5 gibt's von mir mehr so aus dem Grund, dass sie nunmehr mit auf nur einer einzigen beschränkten aber verkäuflichen Idee, die bei jeder anderen jungen Band maximal für ein durchschnittliches Album mit 3 Hits und nem Stapel Gossenweisheiten reichen sollte, eine mehrjährige kommerziell erfolgreiche Karriere aufziehen.
Quasi für immer in der Komfortzone innerhalb ihres Tellerrandes verweilen, als wären sie der Spiegel eines Großteils unserer eher elitären Nutzer maskulinen Geschlechts