laut.de-Biographie
WatchTower
Wer bei WatchTower ausschließlich an irgendwelche Trantüten mit seltsamen Heften in der Hand denkt, die am Straßenrand stehen und meist debil vor sich hin lächeln, der hat von Progressive Metal soviel Ahnung, wie ne tote Taube vom Fliegen. Der eingeschworen Fan bekommt allein bei der Erwähnung dieses Namens aber glänzende Augen, ein Rohr bis Bagdad und es entfleucht seinem Munde ein wehmütiges Seufzen.
Den Grundstein zu einer der legendärsten Metal-Bands legen Gitarrist Billy White und Drummer Rick Colaluca in Austin, Texas, im Mai 1982. Für den Bass holen sie sich den ehemaligen Klampfer Doug Keyser, den vakanten Posten am Micro besetzen sie mit Jason McMaster. Anfangs haben die vier nichts anderes im Sinn, als auf ein paar Partys eine Reihe Coverversionen zum Besten zu geben, doch das soll sich bald ändern.
Die eigenen Songs stehen zunächst in der Tradition von Bands wie Rush oder King Crimson, werden aber mit der Zeit komplexer, komplizierter und immer abgedrehter. Durch eifriges Tapetrading haben sie im Underground schnell den Ruf einer absolut außergewöhnlichen Band und im heimischen Ritz Club eröffnen sie mal für Slayer oder auch mal für Anthrax. 1983 tritt tatsächlich das kleine RainForest Records Label an sie heran und bietet ihnen an, eine Scheibe aufzunehmen.
Im zarten Alter von 18 Jahren betreten WatchTower zum ersten Mal ein Studio und beginnen mit den Aufnahmen. Im Endeffekt schafft es aber nur ein Song auf eine Compilation mit dem schönen Namen "A Texas Hardcore Compilation-Cottage Cheese From The Lips Of Death". Die restlichen Aufnahmen sind inzwischen begehrte Sammlerstücke auf Tape, da das Label schnell pleite geht und die Songs irgendwie den Weg in die Hände von Fans finden.
Nachdem sich die Band kurzzeitig auflöst, machen sie sich auf die Suche nach einem anständigen Proberaum, da das in Dougs Schlafzimmer auf Dauer nicht gut gehen kann. Als dieser gefunden ist, gehen sie erneut ins Studio und nehmen ihr Debüt "Energetic Disassembly" auf, das als erstes Techno-Thrash/Progressive Album der Musikgeschichte gilt. Obwohl es relativ gut läuft für die Jungs, entscheidet sich Billy im Herbst '86 dazu, die Band zu verlassen und sich anderen Musikstilen zu widmen.
Zu dieser Zeit versucht auch eine Poserband mit Haarspray-Frisur und Spandexhosen namens Pantera, Jason McMasters als Sänger abzuwerben, was dieser aber ablehnt. Bei ein paar der letzten Gigs in San Francisco sind nicht nur Musiker der Creme de la creme der Bay Area Szene anwesend (Dark Angel, Exodus, Testament, Metallica), sondern auch Marty Friedman (Ex-Megadeth), den Jason gern als Ersatz für Billy hätte. Im Gegenzug wirbt Marty beinahe Rick und Doug für ein eigenes Projekt ab.
Letztendlich finden sie in Ron Jarzombek den perfekten Ersatz. Mit ihm zusammen spielen sie weiter Konzerte und arbeiten an neuem Material. Jason hilft derweil immer wieder bei befreundeten Bands am Micro aus und hat auch ein Projekt namens Dangerous Toys laufen, das sich stilistisch vollkommen von WatchTower unterscheidet. Das wäre an sich keine Problem, hätten diesen nicht irgendwann einen Deal von Columbia Records bekommen, weshalb Jason seinen Job bei WatchTower quittiert.
Erster Kandidat für den Posten ist Mike Soliz von Milita. Der ist etwa ein Jahr mit dabei, in dem ein paar Demo Aufnahmen und ein Song auf dem "Doomsday News 2" entstehen, ehe man sich wieder von einander trennt. Ausgerechnet Ex-Sänger Jason stellt den Kontakt zum Hades-Fronter Alan Tecchio her. Der ist gerade von einer Europa Tour mit seiner Band zurück und sucht neue Herausforderungen, die er bei WatchTower findet. Er steigt fest bei ihnen ein und veröffentlicht mit den Jungs 1989 das überragende "Control And Resistance" über Noise International.
Endlich stehen auch anständige Touren durch die USA und Europa (zusammen mit Coroner) auf dem Plan. Doch all das ist nur von kurzer Dauer, denn die Band löst sich bald darauf mir nichts dir nichts auf. Ron gründet 1994, nachdem er eine Nervenentzündung in der Hand überstanden hat, zusammen mit seinem Bruder Bobby (dr) die Band Spastic Inc., die mindestens so schräg und abgefahren wie WatchTower klingt. Allan Tecchio taucht bei Non Fiction auf, bei diversen Hades Reuinions und seit neustem auch bei Seven Witches. Doug Keyser und Rick Colaluca spielen nur noch auf privater Basis in ein paar Projekten oder mit der Hip Hop-Band Retarted Elf.
Dennoch halten sich hartnäckig die Gerüchte über eine Reunion und Arbeiten an einem Album namens "Mathematics". Tatsächlich finden McMaster, Jarzombek, Keyser und Colaluca im Sommer 2000 wieder zusammen und spielen sowohl in den USA, als auch in Europa ein paar Gigs, u.a. mit Dream Theater. 2002 erscheint "Demonstrations In Chaos" bietet aber nur zwei unveröffentlichte Songs und bekanntes Material, das aber stellenweise zum ersten Mal mit Jasons Gesang zu hören ist. Bis heute taucht die Band immer mal wieder live auf und auch wenn die Jahre ins Land gehen, so hält sich die Hoffnung auf ein drittes Studioalbum bei den Fans aufrecht.
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