laut.de-Kritik

Von der Toten Hosen-Schießbude ans Mikro.

Review von

Es gibt Platten, da meint man schon im Vorfeld zu wissen, was auf einen zukommt. Umso erfreulicher, wenn es in Einzelfällen doch zu musikalischen Überraschungen kommt.

Dabei gehts weniger drum, dass sich ein Ziggy Marley plötzlich im Country verliert oder Slayer mit Synthies hantieren. Vielmehr geht es darum, dass man beim Solddebüt eines ehemaligen Toten Hosen-Drummers eher Düsseldorfer Schlacht-Punk erwartet hätte, statt erdigen Rock. Doch Wölli und seine Band des Jahres spielen genau das.

Facettenreich und vielfältig tobt sich der mittlerweile zu den Ü-60ern zählende Deutschpunk-Veteran zwischen Stadionrock ("Alles Nochmal Von Vorn"), Punk ("Ich Fühl' Mich Wunderbar"), Country ("Kein Grund Zur Traurigkeit") und derbem Schlager ("Der Mann Hinterm Schlagzeug") aus und überrascht dabei all diejenigen, die lediglich ein DTH-Klon-Paket vom alten Mann hinter der Schießbude erwartet haben, der auf "Das Ist Noch Nicht Alles" die Drumsticks gegen das Mikro eintauscht.

Schuster bleib bei deinen Leisten, werden viele in Anbetracht von Wöllis Gesangs-Talentfreiheit lauthals schreien. Und ja, natürlich haben sie nicht ganz Unrecht, doch der Gute ist nach seinem schweren Verkehrsunfall im Jahr 2000 froh, dass er überhaupt noch unter den Lebenden weilt. Vom Schlagzeugspielen hat er sich längst verabschiedet, und so versucht er sein Glück nun ganz vorne im Rampenlicht.

Einen Mitleidsbonus gibts dennoch nicht zu verteilen, und so müsste man für Wöllis Gesangskünste eine neue Schulnote fernab von ungenügend finden. Auch wenn seine Stimme durchaus mit Markanz punktet und den Charme eines Zigarre rauchenden Harald Juhnke versprüht, bleibt doch der Eindruck eines Sumoringers haften, der sich verzweifelt im Synchronschwimmen versucht.

Auch inhaltlich hätte man von jemandem mit seiner Vergangenheit mehr erwarten können, als permanent wiederholter Retropathos, gepaart mit gängigen Durchhalteparolen, Stehaufmännchen-Anekdoten und subtilem Humor, der aber irgendwie nicht richtig zünden will.

Selbst wenn man die eingangs erwähnte musikalische Vielfältigkeit lobpreisen muss, der Höhepunkt der Scheibe ("Alles Nochmal Von Vorn") ist dann doch ein Stück, das auch auf jedem DTH-Album für Furore sorgen könnte. Das liegt natürlich auch an einem Gast namens Campino, der dem treibenden Song den entsprechenden Arena-Flair verpasst.

Überhaupt erscheint das Album als eine Art DTH-Familienprojekt, denn neben dem Sänger gesellen sich bei einigen Nummern auch noch Kuddel und Vom Ritchie dazu. Letzterer teilt sich auf "Two Drunken Drummers" gar das Mikro mit Wölli.

"Das Ist Noch Nicht Alles" wurde insgesamt ein zwiespältiges Vergnügen. Fans seiner Ex-Band, Lebens-, Leidensgenossen oder introvertierte Schlagzeuger werden sich an den zwölf Stücken erfreuen. Der Rest wird zwar beim Großteil mitwippen, sich aber ärgern, dass es am CD-Spieler keine technische Möglichkeit gibt, die Spreu (Gesang, Texte) vom Weizen (Musik) zu trennen.

Trackliste

  1. 1. Mein Wildes Herz
  2. 2. Ich Fühl' Mich Wunderbar
  3. 3. Alles Nochmal Von Vorn
  4. 4. Weil Es Dich Gibt
  5. 5. Mich Kriegt Ihr Nie
  6. 6. Kein Grund Zur Traurigkeit
  7. 7. Der Mann Hinter Dem Schlagzeug
  8. 8. Nummer 1
  9. 9. Two Drunken Drummers
  10. 10. Ich Liebe Das Leben
  11. 11. Blick Nach Vorn
  12. 12. Nicht Zu Besiegen

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