laut.de-Kritik

Mangelnde Geschmackssicherheit nicht nur bei Parteien.

Review von

Afrob will es noch mal wissen - und dass "Der Letzte Seiner Art" (2009) einen Nachfolger bekommt, wirkt dank seiner soliden Featureparts der letzten Zeit gar nicht so abwegig. Aber dafür, dass der Stuttgarter eigentlich gegen den Imageschaden durch sein musikalisches CDU-Engagement, gegen den Stempel als Max Herre-Backup und nach fünf Jahren ohne Album auch um Rang und Namen kämpfen müsste, fällt "Push" überraschend mau aus.

Dabei stimmte die Vorabauskopplung "R.I.P." noch so hoffnungsvoll. Erst mal gehört Mut dazu, sich mit Megaloh einen der stimmgewaltigsten und schlagkräftigsten MCs an Bord zu holen, die Deutschrap derzeit zu bieten hat. Doch über Reggae-hochschwangerem Beat samt Ohrwurm-Sample gibt Afrob, mehr toastend als rappend, eine formidable Figur ab.

Nicht minder stimmig geraten der stringente Opener "Immer Weiter" oder, an dritter Stelle, "Wer Bin Ich?". Hier thematisiert Afrob das Formen seiner eigenen Identität, die damit verbundenen Missverständnisse und Rassismus: "Tut mir leid, dass ich kein kluger Nigger bin / Axel Springer und die Schreiber können Lieder davon singen / Dass ich nicht wähle, wie ihr das wollt / Meine Eltern aus der Wüste, schlechter Genpool / Was solls?" Molliges Piano und Streicher tun ihr Übriges für die formvollendete Melancholie.

Doch Selbstbeweihräucherung und Representer-Tracks über trappige Plastikbeats? Können andere längst besser. Gerade "Schwerer Anschlag" zerrt stark an den Nerven. Und das liegt ausdrücklich nicht nur am Part von Samy Deluxe, sondern - wie so oft auf "Push" - vor allem an der instrumentalen Synthie-Reizüberflutung.

In eine ähnliche Kerbe schlagen der Titeltrack oder "Keine Gefangenen". "808 Walza" macht mit seinen Doubletime-Salven noch am meisten Spaß, doch auch hier gerät der Beat viel zu unrund. Schade um Afrobs unbestrittene Qualität als Rapper.

Auf durchgehende Themen verzichtet der Brothers Keeper in den meisten Fällen. Wenn er sich etwa mit "Freundschaft +" doch mal festlegt, nimmt einem leider die Hookline den Spaß. Widmet er sich als Schlusspunkt dann "Lampedusa", neigt sich die Aufmerksamkeitsspanne längst dem Ende zu.

"Zeit" geht hingegen als gutes Beispiel durch, wie schnell Nostalgie mitunter in Kitsch umschlägt: "Komm wir drehen die Zeit zurück / nur für einen Augenblick / bleiben einen Moment dort stehen / um die gute Zeit noch einmal zu sehen", windet sich Gaststänger Phono in Floskeln.

Schon vor über neun Jahren ließ das ehemalige Kolchose-Mitglied auf "Hammer" verlauten: "Das ist vielleicht mein letzter Schuss, deshalb ziele ich genauer." Für "Push" sollte das eigentlich um so mehr gelten. Doch inmitten der aktuellen Deutschrap-Inflation hätten mehr Geschmackssicherheit bei der Beat-Auswahl und ein paar relevantere Themen nicht geschadet.

Trackliste

  1. 1. Immer Weiter
  2. 2. R.I.P.
  3. 3. Wer Bin Ich?
  4. 4. Schwerer Anschlag
  5. 5. Zeit Intro
  6. 6. Zeit
  7. 7. Ruf Deine Freunde An
  8. 8. Freundschaft +
  9. 9. Keine Gefangenen
  10. 10. Push
  11. 11. Fuß In Der Tür
  12. 12. Ich Mag An Dir
  13. 13. 808 Walza
  14. 14. Jeder Geht
  15. 15. Von Pfaffenäcker Ins Märkische
  16. 16. Lampedusa

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4 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Die Platte ist mal wieder viel zu elektronisch und unrund geworden, eigentlich wie auch schon das woran "Hammer" und "Der letzte Seiner Art" kränkelten. Bis auf die ersten drei Titel, ab und zu mal "Füß in der Tür" und "Ruf deine Freunde an" höre ich nix mehr vom Album. Afrob ist halt ein typischer Featurerapper (geworden). Sogar soalb die Features auf Push in Erscheinung treten gerät er in den Hintergrund.

  • Vor 10 Jahren

    Warder nicht schon immer hyperwack?

  • Vor 10 Jahren

    Das Album hat seine Schwächen und Stärken, aber man kann doch nicht ernsthaft behaupten, die Beats wären schlecht, wenn man gleichzeitig Kollegahs Album mit seinen billigen Hi-Hat-Beats in den Himmel lobt?

  • Vor 10 Jahren

    Ich verstehe nicht warum dieser Mensch nur featured. Was läuft da bei ihm falsch, warum entwickelt er sich nicht mal weiter und macht was eigenes??

    Halte ihn immer noch für einer der besten (wenn es sowas überhaupt hier gibt) Rappern aus Deutschland. Er ist halt nicht so eine "Pseudo-Gangstar-Pussy" die auf Onkel Bushidos Schoß gesessen hat, sondern ein "Rap-Künstler" der die Musik auch gelebt (hat) mit seinen eigenen Style und ohne Ghostwriter.

    ...Wenn ich da grade an diese KayOne-Schwuppe denke mit sein peinlichen PR-Gedöhns.. ...KOMMT MIR WIEDER DIE KOTZE HOCH! xD

    Diese Jockels nerven mich so an..... Ihr glaubt es nicht!

    • Vor 10 Jahren

      Als erstes solltest du endlich aufhören, in Schubladen zu denken... Es gibt zwischen Afrob und Kay One soooo viel verdammt guten Deutschrap, kein Plan, warum sich die Masse immer nur über diesen Kommerz-Kram echauffiert, statt sich mal ausnahmsweise mit positiven Beispielen zu beschäftigen