laut.de-Kritik
Beim nächsten Mal mehr Persönlichkeit und weniger Murder Inc. bitte.
Review von Nkechi UzomaDrei Singles zur gleichen Zeit in den Top Ten, acht Wochen mit "Foolish" auf Platz eins, Doppelplatin in weniger als zwei Monaten ... R'n'B-Schnuckel Ashanti hat in den USA bisher kräftig abgeräumt.
Der Opener "Foolish", der auf dem "DeBarge"-Sample basiert, das auch schon The Notorious B.I.G für sich nutzte, ist eine flotte, tanzbare Perle dieses Albums. Mit eingängigen Beats, immer wiederkehrendem Hook und hohem Gesang geht der Track ins Ohr und bleibt dort auch hängen. Eingängig geht es weiter mit "Happy". Der Beat groovt wie Sau und wird durch den flötenartigen Klang auch nach dem x-ten mal nicht langweilig. Im Gegensatz zum Gesang, der sich in unerträgliche Höhen schwingt. Übertroffen wird der Gesang nur noch durch das Selbstlob und die Glorifizierung von Murder Inc. ("the worlds most talented record label" etc.). Leider keine Ausnahme, wie bereits das Intro, ein simples Ashanti-Medley zeigt.
In der Folge überwiegt oft reiner, nahezu steriler und sehr beiläufiger R'n'B, der nur selten mit eigenem Touch bzw. eigener Note aufwartet oder gar vom Hocker haut. Auch der Ashanti-Merchandise im Booklet deutet darauf hin, dass die Musik fast zweitrangig ist. Stellenweise liegt der Schwerpunkt dann aber doch auf musikalischen Aspekten, wenn man z.B. an dem unsäglich poppigen "Leaving" vorbei hört und sich "Call" zu Gemüte führt: eine überaus tiefe, wohl temperiertere, eingängige Stimme schallt da zu einem sehr souligen Track aus den Boxen. Genau diese stimmliche Vielfalt ist die größte Stärke von Ashanti. Von glockenähnlichem Gesang bis hin zu einer dunklen und erdigen Stimme reicht ihr Spektrum.
Textlich bietet das Album, was man von 08/15-R'n'B erwartet: die schönen Seiten der Liebe, die schlechten Erfahrungen mit Männern und die Liebe zu sich selbst sind die Themen. Hier ist keine Überraschung zu erwarten. Meist bleibt alles in einem erträglichen Rahmen, doch "Dreams" überschreitet die Sülzschmerzgrenze weit. Der triefend-pathetische Refrain "Dreams are real, all you have to do is just believe" ist einfach zu billig und zuckersüß. So wandelt das Album auf dem schmalen Grad zwischen gutem, innovativem R'n'B und poppig-kommerziellen Häppchen. Dass Ashanti auch anders kann, zeigen Tracks wie "Baby" und "Unfoolish", wo sie unbeirrt über Sex und den Split vom Freund redet: direkt, deutlich und unbekümmert. Die hypnotisch-fesselnde Art von "Baby" macht an. Auch "Unfoolish" ist trotz dem alten Sample eines B.I.G-Raps nicht lästig, sondern sehr groovig. Die echten R'n'B-Stücke zeigen, dass viel mehr möglich gewesen wäre. Hier und da bricht Innovation und Experimentierlust durch, was diese Tracks dann deutlich heraus ragen lässt.
Wahrscheinlich hat Ashanti die Möglichkeit ein weiteres Album zu machen, das weniger durchgestylt, experimenteller und aufregender ist. Die stimmlichen Voraussetzungen dazu hat sie. Auf dem vorliegenden Album wirkt sie stellenweise wie aus dem Ei gepellt, zu aalglatt. Beim nächsten Mal also mehr Persönlichkeit und weniger Murder Inc. bitte.
Noch keine Kommentare