laut.de-Kritik
Das könnten die schwedischen Bad Religion sein.
Review von Andreas DittmannAtlas Losing Grip haben eine recht radikale Botschaft: "If we have to live by one rule, let us live by the rule of no rules." Außerdem: "Do what thou wilt shall be the whole of the law." Religionen, Staaten, Grenzen, Gesetze - alles kacke und gehört so was von abgeschafft. Also auf! Auf! Die Revolution ruft. Wenn wir alle zusammen halten, können wirs schaffen.
So wenig ich mit der politischen Einstellung der fünf Schweden anfangen kann, so sehr finde ich sie musikalisch ansprechend. Atlas Losing Grip haben das, was bei den letzten Rise Against Alben gefehlt hat: Aggression.
Während die Amis immer seichter und polierter klingen, knarzt und kracht es in Schweden noch gewaltig. Die E-Gitarren würden Hundertschaften mit ihren kräftigen und heftigen Riffs in die Knie zwingen. Bass und Drums reißen mit unsäglicher Punk-Geschwindigkeit ganze Mauern ein. Mal kurz ausruhen? Arschlecken, hier gilt es eine Revolution zu starten!
Sänger Rodrigo Alfaro erinnert stark an Greg Graffin und Tim McIlrath. Nicht nur in Sachen Stimmfarbe, auch in der Melodieführung orientiert sich der erfahrene Punk-Sänger an den beiden Melodic-Heroen. Das geht allerdings soweit, dass man oft einen von beiden vor den Augen hat, wenn Alfaro singt. Gut, kann er ja nichts dafür, dass er ähnlich klingt.
Für genug Eigenständigkeit sorgen schließlich seine Musiker. Die sind zwar auch fest im Skate-Punk verwurzelt, spielen den aber frisch, schnell, heftig und gleichzeitig routiniert herunter. Vor allem der Drummer legt eine Geschwindigkeit an den Tag, dass einem schwindelig wird. Die E-Gitarren stehen dem in nichts nach und fetzen Riffs über Griffbrett, die irgendwo zwischen stupidem Punk-Geprügel und punktgenauen Hardcore-Breakdowns liegen.
"Different Hearts, Different Minds" zeigt das recht eindrucksvoll und wechselt zwischen Millencolin und Rise Againsts "State Of The Union" hin und her. Vor allem das brutale Introriff knallt gewaltig. Schade, dass es so selten aufgegriffen wird.
"Numb" geht in eine ähnliche Richtung, Alfaro lässt sich zum Brüllen hinreißen. "Unrest" wirkt dagegen fast schon langsam, hat durch die E-Gitarren-Melodie einen recht fröhlichen Touch, trotz Trennungsschmerz-Text.
Zur musikalischen Revolution reicht es aber nicht ganz. Gegen Ende flacht die Platte etwas ab. Das Pulver ist verschossen, die Songs ähneln sich zu sehr. Dennoch: eine der interessantesten Punkrock-Platten des Jahres.
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