laut.de-Kritik

Der Smokie-Sänger bleibt sich und seiner Linie treu.

Review von

Nach satten 55 Jahren im Showbusiness weiß Chris Norman ganz genau, wo seine Stärken liegen. Der einstige Smokie-Frontmann, dessen Stimmfarbe irgendwann in den Siebzigern mitverantwortlich dafür war, dass der Begriff Rockröhre salonfähig wurde, ist nicht der Typ für musikalische Experimente. Chris Norman ist einer, der dafür sorgt, dass ganz bestimmte Sounderinnerungen nicht gänzlich verblassen, sondern mit jeder neuen Veröffentlichung wieder geweckt und Idealfall auch gefeiert werden.

Auch auf seinem 23. Studiowerk "Junction 55" schießt der Brite nicht quer. Statt sich mit Beats aus der Maschine oder wabernden Synthies rumzuplagen, vertraut er lieber auf Altbewährtes. Ein paar mollige Akkorde auf der Akustikklampfe, das lediglich als Rhythmusfundament dienende Schlagzeug im Hintergrund und hier und da ein paar warme Chöre: Das Soloschaffen im Jahr 2024 klingt nur unwesentlich anders als das, was Chris Norman vor 50 Jahren unter dem Smokie-Banner so richtig groß werden ließ.

Gemeinsam mit seinem alten Weggefährten Mike Chapman, mit dem er einst Hits wie "Living Next Door To Alice" und "Lay Back In The Arms Of Someone" auf Weltreise schickte, eröffnet Norman das Album ganz klassisch und unaufgeregt ("Devil In Your Heart"). Die mit viel zu viel Hall unterlegte Snare soll dem Ganzen etwas mehr Wumms verleihen. Glücklicherweise kommen die Reglerdreher schnell wieder von der Idee ab. Der Gruß aus den Achtzigern passt hier in etwa so gut rein wie eine verzerrte Gitarre in eine Bohlen-Produktion.

Apropos verzerrte Gitarren: Einer wie Chris Norman dreht natürlich auch gerne mal den Amp etwas auf. "Sing Me A Song" stürmt mit Cowbell und knarzigen Powerchords um die Ecke, ebbt aber auch genauso schnell wieder ab – schade eigentlich. Länger im Ohr bleiben hingegen die beiden Rausschmeißer "16 Miles From Home" und "Battle Of The Sexes". Während sich Erstgenannter auch gut auf einem Bryan Adams-Album machen würde, schielt Chris Norman mit dem angebluesten Rocker "Battle Of The Sexes" fast schon in Richtung ZZ Top.

Noch tiefer im Blues verankert, präsentiert sich Norman im Saloon-Schunkler "I'm Over You". Hier dürfen neben chilligen Bläsern auch ein paar erwärmende Gospelstimmen im Background nicht fehlen. Natürlich gibt es auf "Junction 55" auch reichlich Balladeskes zu hören. Chris Normans Paradedisziplin sorgt immer noch für schmelzende Herzen und feuchte Augen, auch wenn die ganz großen und richtig langlebigen Ohrwürmer nicht mehr am Start sind ("In A Heartbeat", "Now I'm Sure", "Picture Of You").

Am Ende zeigt sich der alteingesessene Fan glücklich darüber, dass sein Held von einst noch so gut bei Stimme ist. Den Neueinsteiger hingegen reißt es nicht wirklich vom Hocker, dafür bietet Chris Norman einfach zu wenig Innovatives an. Sauber produziert und passend für jeden entspannten Ü-50-Grillabend ist "Junction 55" aber allemal.

Trackliste

  1. 1. Devil In Your Heart
  2. 2. Tears Will Fall
  3. 3. Tell Her She Can
  4. 4. Crazy
  5. 5. In A Heartbeat
  6. 6. I'm Over You
  7. 7. Now I'm Sure
  8. 8. You Are My Hero
  9. 9. Sing Me A Song
  10. 10. Picture Of You
  11. 11. 16 Miles From Home
  12. 12. Battle Of The Sexes

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