Porträt

laut.de-Biographie

ZZ Top

Diese kleine, uns wohlbekannte Band ist schon etwas Außergewöhnliches. Sie hält den Weltrekord als am längsten in der Urbesetzung zusammen spielende Band und ist seit 1986, als ihnen ein gewisser George W. Bush den Titel verleiht, offizieller Held des amerikanischen Bundesstaates Texas. Bis es aber so weit ist, haben die drei schon einen langen Weg zurück gelegt, der Ende der Sechziger Jahre seinen Anfang nimmt.

Best of 1973: 50 Jahre, 50 Alben
Best of 1973 50 Jahre, 50 Alben
Ölkrise und Watergate in den Schlagzeilen, auf den Plattentellern drehen sich derweil Neuheiten von Aerosmith bis Zappa.
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Billy Gibbons, der dereinst einmal beim texanischen Trio die Gitarre spielt, kommt am 16.12.1949 in Houston zur Welt. Mit 14 nimmt er zum ersten Mal eine Klampfe in die Hand und gründet diverse Bands. Eine dieser Combos sind die Moving Sidewalks, deren erste Single "99th Floor" - von Billy geschrieben - die lokalen Charts in Texas aufmischen kann. Der größte Erfolg der Band ist jedoch ein Auftritt im Vorprogramm eines gewissen Jimi Hendrix'. Der Saiten-Derwisch bescheinigt dem jungen Nachwuchsgitarristen, der talentierteste amerikanische Gitarrist zu sein. Die Karriere der Moving Sidewalks ist kurz darauf aber bereits Geschichte.

1970 setzt sich Billy mit dem Manager und späteren Hausproduzenten Bill Ham zusammen und gemeinsam werben sie der Gruppe American Blues deren Bassisten Dusty Hill und Schlagzeuger Frank Beard ab. Da diese bereits zwei Alben mit der Band veröffentlicht haben, die beide grandios floppen, nehmen sie das Angebot Billys breitwillig an und nehmen gleich im Anschluss die erste ZZ Top-Single "Salt Lick" auf, die über Scat Records erscheint. Noch im selben Jahr erscheint mit "ZZ Top's First Album" der erste Longplayer des Trios. Laut eigenen Angaben spielen ZZ Zop "Abstract Blues", eine etwas gestelzte Formulierung, denn das, was den ZZ Top-Sound jener Tage ausmacht, ist vielmehr eine Verschmelzung dessen, was der Staat Texas an musikalischen Eigenheiten bis dahin hervor bringt. Sie vermengen Country, Blues, Rock'n'Roll und Boogie. Mittels texanischer Rauhbeinigkeit entsteht so ein kraftvoller Cocktail, der zu dieser Zeit seinesgleichen sucht.

Bis dato ist aber an eine größere Karriere nicht zu denken. Das Debüt verkauft sich nicht sonderlich und auch der zweite Streich "Rio Grande Mud" kann nichts Entscheidendes reißen. Das ändert sich ziemlich schnell mit der Veröffentlichung von "Tres Hombres", das im Spiegel der Zeit als das essentielle Album in die ZZ Top-Geschichte eingeht, das den entscheidenden Wendepunkt in der Band-Historie darstellt. Sage und schreibe 81 Wochen hält sich die Platte in den amerikanischen Billboard-Charts und die Single "La Grange" erreicht die Top 50. Mit "La Grange", "Beer Drinkers And Hell Raisers", Waitin' For The Bus" und "Jesus Just Left Chicago" ist "Tres Hombres" das Album, mit den meisten Tracks bei Live-Konzerten. Bislang nur in den Südstaaten bekannt, verbreitet sich die Kunde der drei jetzt auch im Norden Amerikas. 1974 spielen ZZ Zop bereits vor 80.000 Zuschauern in Austin. Bilder der damaligen Tour sind auf dem '75er Output "Fandango" zu sehen. Die erste Seite der Scheibe beinhaltet eine Live-Aufnahme vom New Orleans-Gig im Warehouse. Die zweite Seite ist mit "Tush" bestückt, dem wohl bekanntesten Track aus den frühen Tagen des Trios.

Mit der sich daran anschließenden Worldwide Texas-Tour hauen die Jungs dann richtig fett aufs Schnitzel. Auf diese Konzertreise, strömen insgesamt 1,2 Millionen Zuschauer. Nach den soliden Alben "Tejas" (spanisch für Texas) und "Deguello" haben sie sich mittlerweile auch außerhalb der Staaten einen Namen gemacht. Am 19.April 1980 kommt es dann in der Grugahalle in Essen zu einem denkwürdigen Auftritt. Im Rahmen des ARD-Rockpalastes werden Millionen Fernsehzuschauer Zeuge der Live-Performance von ZZ Top. Danach ist es um die Deutschen geschehen. Im Anschluss an "El Loco" kommen ZZ Top nach Deutschland zurück und selbst die Frankfurter Rundschau attestiert ihnen den "flüssigsten Blues-Rock seit Johnny Winter".

Danach ist es erst einmal still um die Band. Die Legende besagt, dass justament zu dieser Zeit, als die drei einmal getrennte Wege gehen, die Sache mit den ultralangen Bärten entsteht. Unabhängig voneinander lassen sich Billy Gibbons und Dusty Hill die Gesichtswolle lang wachsen. Ledigleich Schlagzeuger Frank Beard (sinnigerweise englisch für Bart) verschließt sich der krausen Angelegenheit.

1983 packen sie mit "Eliminator" den Mega-Hammer aus. Man muss die Umstände der damaligen Zeit Revue passieren lassen, um zu verstehen, warum ZZ Top zu neuen Höhenflügen ansetzen. Das MTV-Zeitalter wirft seinen Schatten voraus. Zwar existiert der Musik-Kanal zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre, aber ZZ Top sind in der Tat die erste Band, die sich den Clip als Darstellungsform zu eigen machen. Die Videos zu den Single-Hits "Sharped Dressed Man", "Legs" und "Gimme All Your Lovin'" sind denkbar einfach gestrickt. Frauen in knappen Minis, heftigst aufgemotzte Autos und harte Riffs vereinigen sich zu einem Hör- und Seh-Genuss, der auf reges Interesse stößt. Die fast logische Folge sind der erste Top Ten-Hit ("Legs") und acht Millionen verkaufte Einheiten von "Eliminator". Der Sound hat sich mit diesme Output gewandelt. Setzen ZZ Top in der Vergangenheit auf ein reduziertes Klangkostüm, halten nun Synthesizer und Overdubs einzug in die Songs. Den einen oder anderen alten Fan vergrault diese Kehrtwende, aber Millionen andere folgen nach und machen die Band zu internationalen Megasellern - insgesamt hält sich die Platte ganze zwei Jahre in den US-Charts.

ZZ Top - Raw
ZZ Top Raw
Die Texaner waten knietief im Blues.
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Der Nachfolger hört auf den Namen "Afterburner" - eine eher zwiespältige Angelegenheit, denn eigentlich könnte man das Album auch "Eliminator Part II" nennen, denn das Konzept ist nahezu dasselbe und der bis dahin typische ZZ Top-Sound geht in technischen Spielereien unter, die überproduziert und im negativen Sinne opulent wirken. Nichtsdestotrotz verkauft sich die Scheibe wie geschnitten Brot. Nach der weltweiten Tour zu "Afterburner" legen ZZ Top erst einmal die dringend benötigte kreative Pause ein. In der Zwischenzeit engagieren sie sich für den Erhalt des Delta Blues Museum in Clarksdale/Mississippi und buchen die ersten Tickets für etwaige Flüge zum Mond. Beim dritten Teil der Zurück in die Zukunft-Saga mit Michael J. Fox spielen sie eine kleine Rolle als Saloon-Band und steuern einen Song ("Doubleback") zum Soundtrack bei.

1990 kehren sie mit "Recycler" zurück. Zwar fahren sie den Anteil an technischem Firlefanz wieder etwas zurück, an die Klassiker kann das Album trotz seiner Verkaufserfolge jedoch nicht anknüpfen - der Plattentitel scheint programmatisch zu sein. 1992 erscheint die zweite Compilation "Greatest Hits" mit einem Cover des Elvis-Songs "Viva Las Vegas". Das 1994er "Antenna" - eine Hommage an die Radiostationen in Texas - scheint die ZZ Top-Renaissance einzuläuten. Rauher als zuvor und mit erheblich groovigeren Songs ausgestattet, findet das Trio mit Studio-Album Nummer 11 in die Spur zurück: der Blues ist wieder mit ihnen. Mega-Bühnenaufbauten und dutzendweise nackte Mädels scheinen ausgedient zu haben. Sie reduzieren die Musik wieder auf das Wesentliche und das ist wahrscheinlich auch das, worauf viele ZZ Top-Fans gewartet haben, denn beliebt sind die Rauschebärte nach wie vor.

Die Rückwärtswendung zum Blues hin dokumentiert eine weitere Best-Of, auf der lediglich blueslastige Songs zu hören sind. Rhythmeen von 1996 und das zum dreißigjährigen Bandjubiläum erscheinende "XXX" zementieren diese Entwicklung in Richtung dreckigen Bluesrock. Im September 2003 erscheint nach vier Jahren erstmals wieder neues Material von der 'Little Ol' Band From Texas'. "Mescalero" lautet der Titel und führt die Band wieder weiter zurück zu ihren Wurzeln. Blues, Country und Boogie at its best!

2006 kündigen sie völlig überraschend und ohne Kommentar den Managementvertrag mit Bill Ham. Ein schon für 2007 angekündigtes weiteres Album erscheint vorerst nicht. Stattdessen gehen die drei wieder auf Tour. Kurz vor den Auftritten sagt die Band jedoch alle Dates ab, da bei Dusty ein Tumor im Innenohr festgestellt wird. Dieser stellt sich zwar als gutartig heraus, hätte jedoch seinem Gehör Schaden zufügen können. Nach erfolgreicher medizinischer Behandlung geht es zurück auf die Straße. Am 1. November 2007 spielen sie im texanischen Grand Prairie. Den Auftritt schneiden sie für eine DVD mit.

Somit sind ZZ Top auch auf dem Speichermedium DVD in der Zukunft angekommen. Multimedial affin tritt die Band mehrmals in Cameo-Auftritten in Fernsehserien auf, wenn sie etwa sich selbst auf der Bühne eines Dorffestes spielen oder bei "Two And A Half Men" in einer drogeninduzierten Halluzination als Fantasie erscheinen (Staffel Sieben).

2009 resümiert Gibbons gegenüber Gitarre&Bass, was sich sonst noch ändert: "Den schwierigsten Job hat der Lichttechniker, weil sich die moderne Technologie so schnell weiterentwickelt. Die Möglichkeiten mit großformatigen Videoleinwänden haben sich rasant verändert, man muss den Inhalt der Einspielungen programmieren. Man schaltet diese Dinger nicht nur einfach an und aus, sondern muss den Inhalt richtig gehend designen. Aber auch in dieser Hinsicht haben wir zum Glück absolute Fachleute im Team. Es ist wirklich ein anspruchsvoller Job. Man muss die Lichtanlage jeden Abend eineinhalb Stunden programmieren, denn je anspruchsvoller die Einspielungen sind, umso mehr Zeit verschlingen sie zur Vorbereitung."

Gleiches gilt fürs Trommeln, "die Firma, die unsere Schlagzeug-Sound-Maschinen herstellt, nämlich DDrums (...) haben ein vollkommen neues System entwickelt. (...) Sie nutzen die moderne Computertechnik und machen die Bedienbarkeit dadurch deutlich einfacher. Man kann unzählige Dinge mehr damit machen. Wir stellen uns dieser neuen Technologie, wir wollen immer dazulernen."

Als gewohntermaßen etwas schneller gespielte Tracks entschlackter mit Metronom zu spielen, ist nicht gerade Gibbons leichteste Übung, erläutert er im selben Interview. "Es geht hier um Muskelerinnerung, die Muskeln haben sich an ein bestimmtes Tempo gewöhnt und müssen sich erst an ein langsameres Tempo gewöhnen. Aber wenn man es immer und immer wieder in einem bestimmten Tempo geprobt und gespielt hat, hat sich der Körper darauf eingestellt." Seine Soloalben Perfectamundo und "Big Bad Blues" zeigen sich dann von Vorneherein recht gemächlich, bis er mit "Hardware" 2021 ordentlich vom Leder zieht.

Dass dem Trio ZZ Top immer mehr Respekt auch von der musizierenden Kollegenschaft entgegengebracht wird, kann man unter anderem an Gastbeiträgen auf anderen Alben erkennen. Speziell Billy Gibbons lässt immer wieder seinen Sechssaiter auf fremden Tonträgern erklingen. Die Lil' Ole Band from Texas bleibt eine unverwechselbare Marke.

Am 27. Juli 2021 stirbt Bassist Dusty Hill völlig überraschend im Alter von 72 Jahren. Die Musikwelt trauert um ein Unikat, einen "echten Rocker", wie etwa Peppers-Bassist Flea schreibt, zahlreiche Musikerkollege*innen melden sich in den Sozialen Medien traurig zu Wort.

Schon kurze Zeit später teilen ZZ Top, die sich mitten in einer US-Tour befinden, mit, dass der langjährige Gitarrentechniker der Band, Elwood Francis, fortan den ZZ Top-Tieftöner übernimmt. Er vertrat Hill bereits auf der Bühne aufgrund dessen Hüftproblemen. Hill selbst habe ihm noch noch gesagt, so Billy: "Let the show go on! Give Elwood the bottom end and take it to the Top!".

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ZZ Top - Raw: Album-Cover
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2022 Raw

Kritik von Alexander Cordas

Die Texaner waten knietief im Blues. (0 Kommentare)

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ZZ Top 2011 in Mainz Die alten Herren spielen in Mainz.

Die alten Herren spielen in Mainz., ZZ Top 2011 in Mainz | © laut.de (Fotograf: Michael Edele) Die alten Herren spielen in Mainz., ZZ Top 2011 in Mainz | © laut.de (Fotograf: Michael Edele) Die alten Herren spielen in Mainz., ZZ Top 2011 in Mainz | © laut.de (Fotograf: Michael Edele) Die alten Herren spielen in Mainz., ZZ Top 2011 in Mainz | © laut.de (Fotograf: Michael Edele)

Live In Stuttgart 2002 Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top.

Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas) Einmal mehr die personifizierte Coolness: ZZ Top., Live In Stuttgart 2002 | © laut.de (Fotograf: Christoph Cordas)

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1 Kommentar mit einer Antwort

  • Vor 2 Jahren

    Ach Leute, schön, dass ihr die Jungs vor allem beim eher konservativen Musizieren toll findet, aber: Ahnung sollte man schon haben oder zumindest Recherche betreiben: Die Bärte gibt's als optisches Alleinstellungsmerkmal fast von Anfang an, vielleicht mal die Rockpalast-DVD gucken...

    • Vor 2 Jahren

      Welche Rockpalast-DVD meinst Du? Den Auftritt von 1980?
      Der eignet sich eher nicht um deine These zu untermauern, denn da gab es ZZ Top schon 11 Jahre.
      Wirf einfach mal auf das rückseitige Cover von Tres Hombres, dem dritten Album oder das Front-Cover vom vierten Album, Fandango!. Selbst bei Nummer Fünf, Tejas, waren da noch keine Bärte, die man als Alleinstellungsmerkmal bezeichnen könnte. Wirklich markant wurden die Bärte ab Album Nummer Sieben, El Loco.
      Dein mit "fast von Anfang an" ist da wohl ein sehr weit gespannter Begriff.
      Es kann natürlich auch sein, dass Du besser recherchieren hättest sollen, aber das ist natürlich nur eine Vermutung.