laut.de-Kritik
Zwischen Kinderkarussell und Tom Astor.
Review von Artur SchulzAch, Chris! Da keimte ob der Back to the root-Platte "Moonfleet" 2010 kurzfristig die Hoffnung auf, der Ire finde zurück zur Klasse der siebziger und achtziger Jahre. Zuviel erhofft, wie dann "Footsteps 2" (2011) belegte. "Home" macht es 2012 auch nicht besser - mehr noch: der ehemalige Künstler Chris de Burgh wirft einstige Pretiosen einer gierig sabbernden Masse zum Fraß vor.
Schlimm genug, wenn man nach langer Zeit anerkannter - wenn auch immer streitbar diskutierter - Klasse so widerstandslos in den Abgrund austauschbaren Beliebigkeitsschlagers abdriftet. De Burghs Intention zur vorliegendem Neuauflage alter Kompositionen: "Ich habe bewusst auf manche berühmten Songs verzichtet, um den einen oder anderen Brillanten, den manche Menschen vielleicht bisher nicht so wahrgenommen haben, besser strahlen zu lassen". Grundsätzlich löblich, aber warum dann stattdessen musikalische Edelsteine in Asche verwandeln?
Auf fiese Weise bereitet der - im Orginal positiv in Erinnerung gebliebene - Opener "Waiting For The Hurricane" auf kommende Schrecken vor. De Burgh amputiert das ursprünglich spannungsvoll und temporeich geladene Folkrock-Ambiente des Originals und lässt nur ein laues Lüftchen zurück. Den Stimmbändern mangelt es heute an echter Leidenschaft und Volumen.
Die "Tender Hands" aus den Siebzigern sind ebenfalls noch im Gedächtnis - als ein mit Liebe arrangierter Track. Ausgestattet mit Herzblut und Glaubwürdigkeit transformierte sich die Nummer im schwelgerischen Refrain in guten Folkpop. Alles verschwunden, der Song wurde seines Interieurs beraubt: eine GZSZ-taugliche Emotionsimitation statt großem Gefühl.
Der "Sailor" jagte damals durch eine aufgewühlte See - 2012 strandet er kümmerlich irgendwo an einem abgelegenen Ort. Die aktuelle Fassung von "Living On The Island" fügt sich ein zwischen Tom Astor-Alben und dem ab bald überall an Kinderkarussells ertönenden "In Der Kleinen Weihnachtsbäckerei".
Der ursprünglich federnde Druck von "I'm Not Scared Anymore" ist ebenfalls verschwunden - und schreit wahrscheinlich irgendwo im Nirwana der Coverhölle schändlich mißhandelter Songs flehentlich um Hilfe. Schade.
5 Kommentare
*rah* Er kann doch, wenn er will, warum will er also nicht?
Kein Mensch braucht die drölfte Neuauflage von "Tender Hands", aber vielleicht mal ein gereiftes "Crusader" oder "Spanish Train", ein nacktes "Natasha Dance" oder ein entkitschtes "Rainy Night In Paris" ...?
Es ist doch scheiße, wenn talentierte Leute sich mit der Schublade abfinden, in die sie sich reingespielt haben.
Gruß
Skywise
Der Typ hat wirklich ein enormes Potential, spielt aber für sein Klischee-Publikum. Ich danke ihm für den einzig erträglichen Weihnachtssong, der jemals geschrieben wurde.
übrigens Don't Pay The Ferryman!
Fairytale Of New York ist von Chris De Burgh? o.O
Chris De Burgh spielte bei Wham! ?