laut.de-Kritik

Freiheit und Selbstbewusstsein als neue Attitüde.

Review von

Sechs Jahre sind seit Christina Aguileras letztem Longplayer "Lotus" vergangen, zwischenzeitlich scheint sie viel nachgedacht zu haben. Christinas eigene Freiheit und ihr Kampf darum stehen hier deutlich im Mittelpunkt. "Liberation", der Titel deutet es schon an, ist eindeutig ein Konzeptalbum.

Der gleichnamige Song eröffnet Christinas neuntes Studioalbum. Der dramatische Sound aus Piano und Streichern nähert sich gegen Ende seinem Höhepunkt, in den zwei Minuten Spielzeit werden fast keine Worte verloren. Anfänglich fällt ein "Who Are You? Are You There?" und abschließend ein simples "Remember".

"Searching For Maria" ist eine Art Vorspiel zu "Maria" und besteht aus 25 Sekunden sehr hohem, kirchlich angehauchtem Gesang. Das folgende "Maria" hat Kanye West produziert, was die Bedeutung dieses zentralen Liedes auf der Platte noch einmal untermauert. Tatsächlich ist 'Maria' Christinas zweiter Vorname und steht für ihr eigentliches, nicht der Öffentlichkeit preisgegebenes Ich, das im Goldenen Käfig des Ruhms bereits beinahe verkümmert ist. Das Intro singt der junge Michael Jackson, danach steigt der "Genie In A Bottle"-Star mit gewohnt tiefer Stimme ein. Zu Cembalo-Klängen, tiefen Bässen und hellen Glockentönen hat Kanye für "Maria" einen alten Jackson 5-Song gesampelt.

"Sick Of Sittin'" beginnt mit einer Live-Ansage und Beifall vom Publikum. Zu rockigem Gitarrensound singt Christina mit kratziger und rauher Stimme. Der Song sei von Janis Joplin inspiriert, sagt sie, und ein Weckruf an diejenigen, die ihr Leben nicht so leben, wie sie es eigentlich leben wollen.

Nach einem Reggae-Intermezzo mit Gute-Laune-Beat bekommt das Demi Lovato-Feature "Fall In Line" wiederum ein eigenes Intro. In "Dreamers" hören wir kleine Mädchen davon reden, was sie eines Tages mal machen wollen. Von der Prinzessin über die Superheldin bis zur Präsidentin ist alles dabei. Zwei stimmgewaltige Frauen, die schon so einiges durchmachen mussten, finden auf "Fall In Line" zusammen. Die Message hinter dahinter geht an alle Frauen und Mädchen der Welt: Liebt euch und seid selbstbewusst!

"Accelerate" mit Ty Dolla Sign und 2 Chainz zählt zu den schwächsten Titeln des Albums. Rap und Gesang harmonieren oder ergänzen sich in keiner Weise, der ganze Track klingt nach einem großen Durcheinander. Dagegen klingen die ebenfalls schwachen Songs "Pipe" und "Masochist" wie glatt polierte Radio-Singles ohne jede Tiefe.

Die Ballade "Twice" legt den Fokus ganz auf die Stimme der New Yorkerin. Nur von einem Piano begleitet reflektiert sie seelenruhig die Wege, die die Liebe in ihrem Leben gegangen ist und dass sie alles noch einmal ganz genau so machen würde.

Etwas mehr Action aber gleichermaßen Qualität verspricht "Like I Do" mit Goldlink. Der von Anderson .Paak und Dumfounddead produzierte Beat bedient sich an hellen Flöten und Synth-Elementen. Mit "Unless It's With You", einer weiteren Ballade, in der Aguilera jemandem stimmgewaltig ihre Liebe offenbart, endet "Liberation".

Mit Xtina und viel Schminke hat die Frau, die 1993 neben Britney Spears und Justin Timberlake als Moderatorin des Micky Mouse Club bekannt wurde, abgeschlossen. Ab jetzt heißt es: Balladen, Ehrlichkeit und Stimmgewalt. Allerdings wirken die vielen Rap-Features wie eine Anbiederung an die Kids, und so bleibt am Ende ein zwiespältiger Eindruck. Fast so, als sei der große Befreiungsschlag doch nur eine neue Attitüde.

Trackliste

  1. 1. Liberation
  2. 2. Searching For Maria
  3. 3. Maria
  4. 4. Sick Of Sittin'
  5. 5. Dreamers (Ft. Summer Rain)
  6. 6. Fall In Line (Ft. Demi Lovato)
  7. 7. Right Moves (Ft. Keida & Shenseea)
  8. 8. Like I Do (Ft. GoldLink)
  9. 9. Deserve
  10. 10. Twice
  11. 11. I Don't Need It Anymore (Interlude)
  12. 12. Accelerate (Ft. 2 Chainz & Ty Dolla $ign)
  13. 13. Pipe (Ft. XNDA)
  14. 14. Masochist
  15. 15. Unless It's With You

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6 Kommentare mit 17 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    "Fast so, als sei der große Befreiungsschlag doch nur eine neue Attitüde."

    Nichts ist an dieser Art von Musik/Künstlern echt, nicht, wenn soviel Geld und Strippenzieher involviert sind.
    Die vermeintliche "Ich präsentiere jetzt mein wirkliches Ich" Haltung inklusive Holzhammer Cover ist reinstes Kalkül, das millionen Poptussis aufm absteigenden Ast vor ihr doch schon exakt genauso abgezogen haben.
    Und natürlich - da man sich der 40 annähert muss man sich den Kids anbiedern. Auch ein reiner Marketing Schachzug.

    Gelobt seien Künstler, die ihre Musik verkaufen und nicht sich selbst...

    • Vor 6 Jahren

      Hab des Album net gehört (hätte allerdings auch nicht gedacht dass du - soweit ich aus deinen comments filtern kann - dir solche mucke gibst), aber im allgemeinen ist gegen sauber produzierten Pop nichts einzuwenden... Entertainment halt, nicht alles muss deep oder von persönlichen Erfahrungen geprägt sein und im richtigen Moment kann auch der auf maximale Gefälligkeit glatt produzierte Poptrack genau der track sein dens grad brauch...

    • Vor 6 Jahren

      Steht doch alles gar nicht im Widerspruch zu dem, was ich sagte.

    • Vor 6 Jahren

      Öhm.... Stimmt! Sry, kp was ich da vorher reingelesen hab!

    • Vor 6 Jahren

      Was ich mich gefragt habe : Wieso braucht man 4 Jahre (seit 2014 wurde an dem Album gearbeitet) um ein Album zu produzieren ??? Selbst wenn sie nur 1 Lied jeden Monat produziert hätte, wäre das ganze in 2 Jahren fertig gewesen. Aber so konnte man es zu Tode produzieren und alle Ecken und Kanten die vielleicht vorhanden waren verschwinden lassen. Aber so wurde eine aalglatte Produktion daraus.

    • Vor 6 Jahren

      Die ehrliche Musik Attitüde kann man sich auch sparen, Schwinger. Es gibt sie schlicht nicht! Schau dir die Musikindustrie an und es ist noch durch kalkulierter wie sagen wir mal vor 30 Jahren. Selbst 1000enstell Centbeträge (Spotify) werden gezählt und die oberen 3% machen sich den Hals voll. Das wird so bleiben und man muss genau suchen, was zu einem passt und was man mag.

      Ich mag z.b. die Stimme der Aguilera und Laut hat genau heraus gehört was an dem Album Mist ist, nämlich das dumme rum gerape, also gehört und vergessen das Album. Mehr gibt es nicht dazu zu sagen.

    • Vor 6 Jahren

      Würde ja auf das rum gerape eingehen ist aber einfach zu spät für Politik....gute Nacht

    • Vor 6 Jahren

      Lohnt sich ja allgemein nicht auf den Stumpfsinn des Meurers einzugehen.

  • Vor 6 Jahren

    Wenn ich das ganze "Ft." schon lese... können die Amis eigentlich keine Alben ohne diese Featuritis mehr abliefern? So nach dem Motto: Ich ziehe noch die Fans folgender anderer Künstler zu mir rüber, aber ich will dann auch mal bei denen singen....

  • Vor 6 Jahren

    Schrecklich enttäuschendes Album. "Accelerate" hatte noch echt Appetit gemacht, aber leider der einzig wirklich gute Track. Ihr Versuch, sich befreit und künstlerisch reif zu zeigen, ist sympathisch, geht nur leider komplett daneben. Alles total unstimmig, beliebig und austauschbar. Die Tracks haben zum Teil sehr geile Instrumentals, aber was dann von Christinas Seite an Kompositionen und Vocals dazu kommt, ist leider so nichtssagend... es ist wirklich zum jammern. Sie war eine Zeit lang die Spitze des kommerziellen Pops und hat zwei grandiose und zeitlose Popalben rausgebracht, die heute noch zu dem besten gehören was Female Pop seit den 80ern zu bieten hatte. Aber da kommt sie heute leider nicht mal ansatzweise heran.
    ...aber um fair zu bleiben: Zu "Lotus" ist "Liberation" eine Steigerung. 2/5 gibts von mir.

    BTW: Laut.de, noch mal - kümmert euch um anständigen Nachwuchs in eurer Redaktion, wenn die alten (guten) Hasen keine Lust mehr haben. Die Rezi ist qualitativ einer ehemals wirklich intelligenten, anspruchsvollen und angenehm kritischen Musik-Seite, die sich (mal mehr mal weniger) differenziert mit Pop auseinandersetzt, mal wieder nicht würdig.

  • Vor 6 Jahren

    ich war einst stolzer besitzer des "christina sucks, britney swallows" t-hemd :smug:

  • Vor 6 Jahren

    Ich reihe mich in die "enttäuscht"-Gruppe ein. Um ehrlich zu sein, hatte der Vorgänger "Lotus" wenigstens ein paar "nette" Pop-Songs... Nun ist es irgendein Misch-Brei von zeitlosen und krampfhaft modernen Elementen geworden. Aber wenn ich ehrlich bin, hat ihre Musik ja seit 10 Jahren keine Relevanz mehr. "Keeps Gettin' Better" war die Single, nach der alles bergab ging.
    Aber hey, mit Feature-Parts bei Maroon 5 und A Great Big World konnte sie noch überraschen.

  • Vor 6 Jahren

    5 Sterne von mir! Das Album läuft bei mir seit Wochen rauf und runter. Man merkt wie viel Arbeit sie in dieses Album gesteckt hat und sie hat ihre Stimme auf diesem Album unter Kontrolle was bei "Lotus" ja nicht der Fall war. Der urbanere Sound steht ihr auch sehr gut. Das jeder "Accelerate" so verabscheut kann ich nicht verstehen. Es ist ein gelungenes Experiment. Auch die beiden Rapper passen perfekt zum Song. Meiner Meinung nach der beste Song vom Album. "Right Moves" gefiel mir am Anfang nicht so sehr aber langsam gehört der Song zu meinen Favoriten. Das einzige was ich zu bemängeln habe ist dass das Album zu kurz ist. ;)

    Beste Songs: Accelerate, Fall In Line, Maria, Deserve, Twice

    • Vor 6 Jahren

      Ach ich weiß nicht.....finde sie müsste noch ein Stück urbaner klingen.
      Außerdem klingt sie besser wenn sie ihre Stimme nicht im Griff hat!
      Trotzdem reicht es noch für ein
      Ungehört 1/5

    • Vor 6 Jahren

      Wer Fall In Line als Highlight bezeichnet, hat eindeutig Tomaten auf den Ohren. Aber naja, dein Nickname "Britney-Lover" offenbart ja schon was so deine Kernkompetenzen im Bereich Musik sind...