laut.de-Biographie
Cloudkicker
Was treibt einen Musiker dazu, ein Instrument in die Hand zu nehmen und sich künstlerisch mitzuteilen? Kohle? Ruhm? Sex? Drogen? Das dürfte bei vielen Menschen eine tragende Rolle spielen, nicht so aber bei Ben Sharp, dem Mann, der sich hinter dem hübschen Pseudonym Cloudkicker verbirgt.
Den Namen klaut sich der Gute vom Cartoon-Bären Kit Wolkenflitzer (Kit Cloudkicker), einem jungen Braunbär-Waisen aus der Disney-Serie "Käpt'n Balu Und Seine Tollkühne Crew". Die alternative Option Whistlestop Jackson schied als Name für sein Projekt aus.
Über die Person, die hinter den Kompositionen von Cloudkicker steckt, ist nicht viel bekannt. Nicht so sehr, weil Sharp ein großes Geheimnis um seine Person machen möchte. Vielmehr, weil er gar keinen Anlass sieht, mehr als das zu veröffentlichen, worum es im Prinzip geht, nämlich Musik.
Cloudkicker nimmt seinen Anfang zwar als ganz normales Bandprojekt in Los Angeles, das sich jedoch erledigt, als er von Kalifornien nach Columbus im Bundesstaat Ohio zieht. Als er dann noch das Tool 'Superior Drummer' entdeckt, ist er vollkommen unabhängig von Mitmusikern. Unter seinem bürgerlichen Namen B. M. Sharp veröffentlicht er zwischen 2005 uns 2008 mehrere Dutzend Songs, in denen er sein Profil schärft, das später in Cloudkicker mündet.
Im Halbjahrestakt nimmt Ben gänzlich in Eigenregie Alben oder EPs auf und bringt diese auf seiner Bandcamp-Page unters Volk. Und das vollkommen umsonst. "Beacons" und "Let Yourself Be Huge" sind zwar auch in CD-Form bestellbar, aber auf der Hülle prangt "licensed under a creative commons attribution". Man darf auf seiner Bandcamp-Page fürs Downloaden seiner Musik auch spenden, aber zwingend notwendig ist dies nicht. Das, was Radiohead seinerzeit großspurig für "In Rainbows" als Revolution in die Welt hinaus posaunten, lebt Ben mit Cloudkicker vor.
Der Grund? "Es kostet mich absolut gar nichts, Musik zu machen. Zero Dollar. Ich nehme alle Gitarren- und Bass-Parts direkt auf mein Laptop auf, programmiere das Schlagzeug, benutze Sequencer-Programme und mixe und mastere alles selbst. Der einzige Kostenfaktor sind Gitarrensaiten. Aber ich habe einen Ganztagsjob, also ist das auch kein Ding."
Die Musik, die Ben da in kompletter Eigenregie zustande bringt, ist rein instrumental. Laut eigener Aussage soll sich das auch nie ändern. "Es ist erstaunlich, wie schnell sich Sachen erledigen lassen, wenn man nicht auf andere angewiesen ist", begründet er die hohe Schlagzahl an Releases. Während der Zeit, die andere Bands benötigen, um die Vorproduktion des Schlagzeugsounds vorzunehmen, bringt er eine EP und ein Album heraus.
Ein Grund, warum er keinen Gesang in seinen Sound integriert ist, dass er keine Message hat, die er mitteilen möchte. Dennoch findet sich der eine oder andere thematische rote Faden in seiner Arbeit wieder. Zum Beispiel beim 2010er-Album "Beacons" ("Leuchtfeuer"), das sich mit der Dualität der technischen Entwicklung beschäftigt. Technik hilft den Menschen und ist ebenso für Tragik und Tod verantwortlich. Auch das Artwork drückt dies aus. Während das Cover zwei Nasa-Mitarbeiter beim Testen eines Raketenantriebes zeigt, sieht man im inneren ein abgestürztes Flugzeug. Um dem noch die makabre Krone aufzusetzen, sind die Songtitel aus Konversationen entnommen die von Voicerekordern aufgenommen wurden, die aus abgestürzten Flugzeugen stammen.
Stilistisch lässt sich die Cloudkicker-Mucke kaum einordnen. Wer auf Meshuggah steht, dürfte genauso auf seine Kosten kommen wie Liebhaber fein austarierter Melodien. Die immer wieder in seinen Tracks auftauchenden Polyrhythmen sollte man aber schon abkönnen, will man mit Sharps Sound warm werden.
Wer unbedingt eine Hausnummer braucht, mischt ein paar Dingsbums-Core mit Post-Sowieso und fummelt sich noch ein wenig Djent à la Periphery oder Animals As Leaders hinzu, fertig hat man seinen Stilmix. Desweiteren nennt Ben selbst Rage Against The Machine, Philip Glass, Intronaut, Sufjan Stevens und Explosions In The Sky als Inspirationsquelle. Zunächst ist sein Output lediglich als Download erhältlich, mit der Zeit dehnt Sharp dies auf Vinyl und CD aus. Auf Drängen seiner immer zahlreicher werdenden Fans.
Was klingt wie die Arbeit eines professionellen Studiomusikers, ist für den Protagonisten selbst aber ein reiner Zeitvertreib. "Ich mache das als Hobby, ich erwarte nicht, dass ich etwas zurück bekomme. Ich mache das nur, weil es mir Spaß macht."
Fans, die sich für seine Musik begeistern, tragen immer wieder den Wunsch an ihn heran, Cloudkicker auf die Bühne zu bringen. Weil steter Tropfen eben doch den Stein höhlt, nimmt das Projekt dann doch konkrete Formen an. Mit den Prog-Metallern von Intronaut als Backing-Band geht Sharp dann doch auf Tour. Zwischendrin findet diese Kollabo auch noch Zeit, das Set live im Studio einzuspielen. Da die Intronauten aber vertraglich an Century Media gebunden sind, erscheint das Album "Live With Intronaut" auf ebenjenem Imprint. Ein kleiner, aber feiner Sündenfall im Cloudkicker-Universum, den Sharp schon kurz darauf mit der Veröffentlichung von "Little Histories" zurecht rückt.
2 Kommentare mit einer Antwort
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
Ich liebe die Musik von Ben Sharp seit seiner ersten EP. Alles, was er seitdem gemacht hat, steht hier auch als Vinyl im Regal und auch diverse Shirts trage ich immer wieder. Amüsant finde ich im Bezug auf den Artikel aber vor allem, dass das Artwork von "Let yourself be Huge" sehr präsent ist. Das einzige musikalische Dokument von ihm, auf dem tatsächlich Gesang zu hören ist.
gutes template, danke!