laut.de-Kritik
Bereit, den Postcore-Olymp zu erstürmen.
Review von Mathias MöllerDas ging ja fix! Days In Grief legen nach nur einem guten Jahr den Nachfolger ihres zurecht gefeierten "Portrait Of Beauty" nach. Der Verdacht, dass wir es mit einer wirklich hart arbeitenden, unbegrenzt kreativen Band zu tun haben, scheint sich zu bestätigen. Dankenswerterweise machen DIG genau da weiter, wo sie letztes Frühjahr aufgehört haben. "When Backhanded Thoughts Carry The Weight" kracht los, als wollten Days In Grief ihre Hörer überrollen. Die Melodie entwickelt sich vorbildlich, der Double-Bass-Einsatz lässt die Haare fliegen.
Sänger Jörg hat sich seine Wut bewahrt und heult und schreit sich durch die Texte, als müsse er alle Ungerechtigkeit dieser Welt ertragen. Und spätestens bei "Breathe" ist da auch wieder dieses DIG-typische Metal-Lick, dass auf dem letzten Album den Sound mitdefiniert hat, und auch heuer nicht gemisst werden möchte. Keine Angst, es wird uns noch öfter begegnen. Der Eindruck, dass sich die vier Rheinländer in Sachen technische Fähigkeiten und Tightness noch einmal weiterentwickeln konnten, täuscht nicht.
Der musikalischen Perfektion wieder ein Stück näher, überraschen Days In Grief in einem Punkt besonders positiv: Basser und bisheriger Hintergrundsänger Sebastian übernimmt immer mehr stimmliche Verantwortung und zeichnet beispielsweise bei "Breathe" für den Refrain verantwortlich, was der Stimmung des Songs nur gut tut. Bei "In The Margin" singen Jörg und Sebastian den Refrain gleichzeitig, was sich dann wirklich töfte anhört. Ansonsten bleibt vieles beim Alten bei den Trauertagen. Wut mischt sich mit politisch-sozialem Aktivismus im Songwriting-Bereich. Titel wie "Political Correctness", "Economic Tyranny" oder "Jihad" führen die einmischende Linie in anderer Leute Angelegenheiten fort.
Vor allem letzterer Titel lässt kurz stutzen, allerdings ist der Text nicht grade der Gipfel der intelektuellen Leistungsfähigkeit, und DIG schaffen es bei diesem heiklen Thema gerade noch auf der guten Seite zu bleiben, wenn ich alles richtig verstanden habe. Wenigstens singen sie nicht gegen Hartz IV. Zu Beginn von "Political Correctness" kommen sie (vor allem dank des Basslaufs) schon verdammt nah an die Szene-Götter Thrice heran, der Song zeigt, dass Days In Grief auch die leiseren Töne beherrschen. Das Piano-Outro macht sich sehr gut, vor allem als Überleitung zum verstörenden "In Secrecy".
Die gute Dreiviertelstunde, die "Behind The Curtain Of A Modern Tomorrow" an Spielzeit aufweist, zieht sich ziemlich in die Länge. Könnte es daran liegen, dass sich zwischendurch doch immer wieder das Gefühl einstellt, DIG träten auf der Stelle? Den Schritt auf das nächste Level haben sie in Sachen Technik längst vollzogen, sie müssen nur aufpassen, dass das Songwriting da auch hinterher kommt. Wenn ihnen das gelingt, stehen Days In Grief auch in Zukunft alle Türen offen, den Postcore-Olymp zu erstürmen.
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