laut.de-Kritik
Das klingt wie ein Xavier Naidoo mit klinischer Depression.
Review von Ulf Kubanke"Eden ist kein Ort, Eden ist eine Maschine." So sagt Adrian Hates auf dem neuen Diary Of Dreams-Album "Hell In Eden". Diese Worte lassen erahnen: Hier kommt eine beladene Goth-Platte, die sich dem endzeitlichen Unbill unserer Gegenwart widmet. So weit so gut. Doch gefühlt seit der Kreidezeit wartet man darauf, dass DOD endlich mal mit einem Killeralbum aufwarten. Passiert es dieses Mal?
"Hell In Eden" verdeutlich 13 Tracks lang: Hates ist einer der schwierigsten Kandidaten der Schwarzen Szene. Einerseits verdienter Gothrock-Veteran mit Garden Of Delight oder den frühen DOD-Scheiben. Dazu ein gelegentlich lyrisch durchaus inspirierter Texter. Andererseits jedoch halten zwischendurch immer wieder mediokre, recht konventionelle Elemente Einzug. Bereits die Opener "Made In Shame" und "Epicon" geraten ambivalent. Routinierter Elektropop trifft orffsches Pathos sammt "Carmina Burana"-Gedächtnis-Chor. Das allein ist ästhetischer Hinsicht bereits bereits grenzwertig.
Dazu reicht Hates Rock, der als Kontrast gut funktioniert hätte, würden DOD hier nicht auf ödeste Stino-Hartwurstgitarren setzen. Welch befremdliche Eigennivellierung eines Mannes, der doch eigentlich weiß, dass Gothmagie sich über warme, hallende Gitarrenläufe aufbaut. Etwas mehr Raffinesse der Sorte The Cure Of Mercy und weniger NDH-Baukasten hätte hier geholfen.
Wo bleibt Hates oft gezeigtes Charisma als eigenständiger Felsen in der finsterenen Landschaft? "Decipher Me" etwa kredenzt lieber alten Wein in uralten Schläuchen anderer Genrestars. Hier treffen sich Wolfsheim, Mesh und Covenant zum epigonalen Widerkäuen. Handwerklich gut gemacht, aber als Song wahrlich nichts Besonderes.
Höhepunkt der Schnitzeljagd ist das Titelstück. Was für ein Homunculus: Gesanglich klingt Hates hier wie typische Strophen neudeutschen Pseudosouls. Es erinnert an einen Naidoo mit klinischer Depression. Sogar der Text kommt letzterem recht nah: "Immer einsam und doch nie allein"".
Als Kuriosum setzt das Arrangement demgegenüber auf ein Tangerine Dream-Imitat mit Sequenzern, Froese-Piano usw. Ein gewisser kruder Unterhaltungswert dieser Mischung täuscht indes kaum über den Verlust jeglicher DOD-Individualität hinweg.
Die Lieder selbst kaschieren DODs merkwürdig unnötige Gesichtslosigkeit kaum. Zwar gibt es ab und zu nette Synthie-Hooks, deren Handschrift dann leider auch mehr an Wumpscut, Apoptygma Berzerk und Co erinnern. Doch gute, tiefschichtige Melodien - eigentlich eine Stärke von Hates - fehlen hier flächendeckend.
Auf dem letzten Track "Hiding Rivers" verlässt die Band dann endlich das antiquierte Spielfeld stereotypen Szene-Darkwaves. Repetitive Streicher, treffen auf Drums im Marschrhythmus und gehen in einer ebenso hymnischen wie traumwandlerischen Sequenz auf. Diese soll dem Hörer nach so viel Hölle im Paradies anscheinend noch ein Quentchen Hoffnung spenden. Die wird nach den vorangehenden zwölf halbgaren Klischeenummern auch dringend benötigt.
2 Kommentare mit 3 Antworten
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Verstehe es nicht, wieso man sich in dem Bereich nicht mehr einen fähigen Musiker an der Axt leistet, sondern einfach nur noch dieses stumpfe NDW-Geriffe an die Songs klatscht.
"NDH" wollte ich schreiben.
ja, traurige limitierung, eh?
dabei kann der adrian das ja eigentlich. die frühwerke von dod sind richtig gut und klingen weit inspirierter und individueller.
auch garden of delight hat in punkto gitarrenarbeit schon vor 25 jahren weit mehr gerissen als dieses austauschbare 08/15 geriffe.
Nur Oomph! dürfen das. Sonst hat dieses Gebratze anno '97 auf einer Platte nichts zu suchen.