laut.de-Kritik
Ein Fels in der Brandung - Dinosaur Jr. stoisch genial.
Review von Ingo ScheelIm aktuellen Mojo-Magazin erinnern sich die Beteiligten aus dem Dinosaur-Jr.-Lager an die Entstehung von "Freak Scene" vor etwas mehr als drei Dekaden. Die Stimmung im Dunstkreise eines ihrer größten Klassiker: Angespannt. Zerstritten. Psychokrimskrams. Essgewohnheiten. Tourbus-Gezeter. Tratsch. Klatsch. Implosion. Am Ende der kompakten 'Oral History': Liebesgeständnisse. Harmonie. Wertschätzung. Man mag sich über die letzten dreizehn Jahre, so viel sind es mittlerweile seit ihrer Reunion in Originalbesetzung, daran gewöhnt haben, dass J und Lou und Murph eine feste Größe sind, zu erwarten war das in dieser Form – gerade mit Blick auf den zwischenmenschlichen Kindergarten von einst – dennoch nicht.
Umso erstaunlicher, dass die drei alles andere als Back-Katalog-Abgreife betreiben, sondern Album für Album auf erstaunlich konsistentem Qualitätslevel liefern. Dabei ist "Sweep It Into Space", die erste LP seit fünf Jahren, wieder mal eine Schippe schöner geraten als der Vorgänger "Give A Glimpse Of What Yer Not". Dabei kann man dieses "Irgendwie noch geiler" gar nicht so richtig in Worte fassen, es ist mehr so ein Flirren in den Synapsen, das mal im soliden, dann wieder im obertourigen Bereich spürbar wird.
"I Ain't" zum Auftakt kommt von der relaxteren Seite der Band, Murphs Schlagzeug klingt in der Fulminanz noch ein bisschen dicker als sonst und Js Riffs schweben mit viel Platz zwischen den Anschlägen. Schon mit dem schmuck betitelten "I Met The Stones" dreht sich der Wind das erste Mal, weniger die womöglich erwarteten Richards-Verweisbrocken sind hier zu hören, vielmehr erinnert der stoische Drive an den Retro-Hardrock der schmerzlich vermissten Urge Overkill. "I Ran Away" perlt wie riffgewordenes Sonnenlicht, der perfekte Reminder, auch mal wieder den Evergreen "Take A Run At The Sun" aus der Schatulle zu holen.
Das Wechselspiel bleibt die Konstante: "Hide Another Round", mit seinem spielerisch zerhackten Arrangement gemahnt an alte "The Wagon"-Tage, "And Me" müssten nun eigentlich mal The Cure in retour covern und wie bei "I Expect It Always" gleich zwei dieser außerweltlichen Soli explodieren, ist pure, stoische, dem Zeitkontinuum enthebelte Brillanz. Dass Lou Barlow nach "Garden" mit seiner zweiten Komposition "You Wonder" für den Rausschmeißer verantwortlich zeichnet, der nochmal für einen ganz eigenen Ton sorgt, Elliott Smith mit Neil Young verdrahtet, passt ins Bild. Dinosaur Jr. anno 2021 sind bei aller verlässlichen Kontinuität doch auch ungebrochen inspiriert und nichts weniger als umwerfend.
4 Kommentare mit 6 Antworten
Sehr gutes Album, auch wenn ich den Vorgänger etwas besser fand.
Fliegi! ♥
summ summ ♥ ♥ ♥
Ein Werk für den Sommer...rundum stimmig und voller Spielfreude Mal wieder voll verdiente 5/5 für die Crew aus Massachusetts!
Welche Bands könntest du noch so empfehlen?
Sommeralben?! ... zwar etwas Rock/Punkiger z.B. Ship Thieves oder Red City Radio
Danke.
bittebittebitteschönschönschön
Immer wieder faszinierend wie konstant die Jungs wirklich gute Alben veröffentlichen
Knuffig und fühlt sich an wie Heimkommen.