Porträt

laut.de-Biographie

Dinosaur Jr.

Joseph Donald Mascis Junior. Ein Name wie geschaffen für einen Anti-Rockstar. Da bringt dem Dinosaur Jr.-Kopf auch die uncoole Abkürzung J Mascis nichts mehr. Solche Namen haben für gewöhnlich Typen, die mit 16 noch per Fahrrad zur High School fahren, während die gleichaltrigen Quarterbacks nur müde lachen und die Cheerleader morgens auf dem Beifahrersitz von Papas Allrad-Jeep mitnehmen.

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Aber Uncoolness, auch unbeabsichtigte, ist verdammt wichtig für einen Gott aller langweiligen Nichtsnutze, die immer noch dem Gitarrenrock um die Jahreswende 1990 hinterher jammern, mit ausgewaschenen Sonic Youth-T-Shirts rumlaufen und dicke Hornbrillen tragen.

Wichtig für die Fans, unwichtig for his majesty. Mascis schert sich nicht einen Cent um sein öffentliches Erscheinungsbild. Er trägt absurde Baseball-Caps aus dem Baumarkt, kunterbunte Sneakers aus der eigenen Band-Kollektion, schläft bei Interviews gerne mal für einen kurzen Moment ein oder schweigt hartnäckig, bevor er eine Antwort gibt (die sich dann meistens auf einen kurzen genuschelten Satz beschränkt) und versteckt sein Gesicht am liebsten hinter seinen fransigen und inzwischen ergrauten Haaren. In seiner Freizeit spielt er gerne Golf (siehe das Video zu "Feel The Pain") und schaut am liebsten Soap-Operas. Gibt es Hobbys, die noch weniger Indie sind?

Anstatt sich um die Schule zu kümmern, widmet sich der am 10. Dezember 1965 in Massachusetts an der amerikanischen Ostküste geborene Mascis lieber der Musik: Er trommelt fantastisch, spielt Klavier ("Das kann ich aber nicht so gut. Meistens drücke ich nur die weißen Tasten", J Mascis anno 2000) und testet die Dehnfähigkeit von Gitarrensaiten mit seinen irrwitzigen Soli. Die Mittagsschule ersetzen Proben der Hardcore-Band Deep Wound, in der Mascis auf die Felle einschlägt.

Nach deren Split wechselt er an die Gitarre und gründet zusammen mit Deep Wound-Gitarrist Lou Barlow und Drummer Murph 1983 seine eigene Band, die auf den Namen Dinosaur hört und zwei Jahre später ihr erstes gleichbetiteltes Album veröffentlicht. Damals ist J Mascis gerade mal zwanzig Jahre alt und wohnt immer noch bei seinen Eltern in Amherst in Massachusetts. Das wiederum ist cool. Na, ihr Quarterback-Poser, wer hat es jetzt mehr drauf?

Dinosaur Jr. - Sweep It Into Space
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Von Led Zeppelin, Black Sabbath, Deep Purple und diversen britischen Punk-Bands inspiriert, kreiert J im ländlichen Massachusetts einen wahnwitzig verzerrten Gitarrensound mit minutenlangen Krach-Soli und Neil Young-ähnlichem Nuschelgesang. Mascis rettet das Gitarren-Solo aus der Poser-Peinlichkeit im Heavy Metal und etabliert es im schrammligen Indie-Rock.

Allerdings halten sich Dinosaur nicht lange. Schon kurz nach dem Release klopft ein gewisser Herr Robert Hunter, seines Zeichens Texter für die Hippie-Legende The Grateful Dead, an die Tür und weist den Jungspund auf seine Band hin, die ebenfalls und natürlich schon viel, viel länger auf den Namen Dinosaur hört. Zwei Bands, ein Name, das ist für Hunter nicht tragbar und so hängt J, der selbst ein Mascis Junior ist, einfach ein "Jr." an den Bandnamen an.

Es ist ja egal, wie man heißt. Die Band besteht sowieso nur aus J, der im Studio meistens jeden Part selbst einspielt. Die anderen Zwei benötigt er überspitzt formuliert nur zum Touren. Bei den Aufnahmen zu "Bug" verkracht sich Mascis mit seinem Basser Lou Barlow und schmeißt ihn kurz darauf aus der Band. Barlow reagiert äußerst beleidigt, zumal Mascis behauptet, er löse die Band auf, obwohl er hinter Barlows Rücken schon einen Ersatzbasser organisiert hat.

Der Geschasste widmet sich nun ganz dem ursprünglichen Home-Projekt Sebadoh mit seinem Songwriting-Kollegen Eric Gaffney und feiert mit ihnen einige Erfolge im Indie-Underground. In seinen Texten tauchen immer wieder mit Hass gekochte Anspielungen auf seinen alten Weggefährten auf.

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Mascis macht zunächst mit Don Fleming als Bassist weiter, später auch mit dem Screaming Trees-Mann Van Connor, und landet 1989 mit dem Cure-Cover "Just Like Heaven" einen Underground-Erfolg. Die ersten drei Dinosaur Jr.-Alben machen mit den Pixies und Sonic Youth den Weg für die spätere Grunge-Bewegung der frühen Neunziger frei.

Wie immer profitieren alle drei Bands von ihrer Vorreiterrolle später recht wenig. "Freak Scene" vom Album "Bug" bleibt neben der erwähnten Coverversion Mascis' einziger kleiner Hit. Über mehr als einen respektablen Kultstatus unter Indie-Freaks kommt er aber nie hinaus.

1994 kickt Mascis auch seinen Drummer Murph: "Ich kann nicht mit einem solch uninteressierten Schlagzeuger spielen", lautet seine klare Begründung. Der Desinteressierte findet schnell Unterschlupf bei den Lemonheads. Also setzt sich Mascis wieder auf seinen alten Stuhl, den er ja nur in Richtung Gitarre verließ, da man seiner Meinung nach nur mit den sechs Saiten solch intensiven Lärm und Rhythmus erzeugen kann, wie es sein großes Vorbild John Bonham, Schlagzeuger bei den Stairway-To-Heaven-Boys, schaffte.

Und Mascis trommelt gut. So gut sogar, dass ihm 1990 das Angebot ins Haus flattert, bei Nirvana einzusteigen. J lehnt ab, und Cobain entscheidet sich für Dave Grohl.

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Ende der Neunziger weiß Mascis, dass Dinosaur Jr. ihr verdientes Ende gefunden haben: "Die Band hat ihr Rennen gemacht", sagt er 1997 beim Release das Dinosaur Jr.-Albums "Hand It Over". Danach widmet er sich hauptsächlich seiner alten Nebentätigkeit, dem Producer-Job (schon zu Dinosaur-Zeiten saß J bei den Breeders, Tad, Buffalo Tom oder Sonic Youth hinter den Reglern).

Im Milleniums-Jahr gibt es dann endlich wieder ein Soloalbum der Legende. Die Kritiker jubeln: "More Light" sei das beste Mascis-Werk seit "Green Mind", das immerhin schon fast zehn Jahre zurückliegt.

Als sich Meister J Anfang 2005 mit seinem alten Erzfeind Barlow wieder versöhnt, verschlägt es den meisten Fans dann doch den Atem. Im April kommt es in Craig Fergusons TV-Lateshow gar zur Dreier-Reunion mit Murph. Im Juli spielt die Band in Originalbesetzung auf dem japanischen Fuji Rock Festival, Shows in Europa und weitere Festivals folgen.

Von einem gemeinsamen Album ist zunächst keine Rede, aber als die Jungs wieder nach Hause zurück kehren und sich kurzfristig wieder eigenen Projekten widmen, reift die Idee, den guten Vibe der Live-Konzerte ins Studio hinüber zu retten. Anfang 2006 trifft sich das Trio in Mascis' Homestudio und beginnt mit den Arbeiten, aus denen nach neun Monaten das Comebackalbum "Beyond" entsteht.

"Die Atmosphäre war gut", erzählt Mascis gewohnt kurzatmig in den nachfolgenden Interviews. So gut sogar, dass es nicht das letzte Album der Gruppe bleiben soll, zumal auch die Resonanz von Fans und Presse überschwänglich ausfällt. Bei David Letterman tritt das Trio ebenfalls auf.

Für das Video zur Single "Been There All The Time" gewinnt die Band Oscar-Preisträger Matt Dillon, der seine Verbundenheit zum US-Alternative Rock nicht nur 1992 als Grunge-Sänger im Film "Singles" bewies, sondern im selben Jahr auch als Clip-Regisseur des Dinosaur-Songs "Get Me". Seit der Wiederauferstehung läuft es rund im Hause Dinosaur: 2009 folgt die zweite Reunion-Scheibe "Farm" auf dem Indielabel Jagjaguwar, wieder eingespielt bei Mascis daheim. Studioalbum Nummer zehn folgt 2012: "I Bet On Sky" - abgefeiert von Fans und Kritikern, natürlich.

2016 erscheint "Give A Glimpse Of What Yer Not", das abermals die Frage aufwirft: Wieso gelingt ausgerechnet Dinosaur Jr. dieser nahezu alchemistische Akt, an dem sich Bands wie AC/DC seit Jahrzehnten die Zähne ausbeißen? Sie ändern genau nichts an ihrem Erfolgsrezept und triumphieren trotzdem über die Konkurrenz. Von harmonisch bis drängend-kantig ist wieder alles dabei, was ihr Songwriting spannend macht. Eine Spur leichtfüßiger klingt fünf Jahre später "Sweep It Into Space", riffgewordenes Sonnenlicht, das die Herzen aller Alternative-Rock-Fans der frühen Jahre erfreut. Im 17. Jahr ihrer Wiedervereinigung leisten sie sich sogar etwas zuvor Undenkbares: Mit "Garden" kommt eine Lou-Barlow-Komposition zu Single-Ehren, selbstverständlich mit Video.

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Dinosaur Jr. - I Bet On Sky: Album-Cover
  • Leserwertung: 5 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2012 I Bet On Sky

Kritik von Dominik Kraus

Und wieder ein großartiges Spätwerk der Alternative-Kings. (0 Kommentare)

Fotogalerien

Maifeld Derby 2016 Eine der Top-Bands am Festivalsonntag.

Eine der Top-Bands am Festivalsonntag., Maifeld Derby 2016 | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Eine der Top-Bands am Festivalsonntag., Maifeld Derby 2016 | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Eine der Top-Bands am Festivalsonntag., Maifeld Derby 2016 | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Eine der Top-Bands am Festivalsonntag., Maifeld Derby 2016 | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann)

Salzhaus, gesehen im Juni 2006 Der Minidino überrollt Winterthur.

Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele) Der Minidino überrollt Winterthur., Salzhaus, gesehen im Juni 2006 | © LAUT AG (Fotograf: Martin Mengele)

Legenden @ Monsters Of Spex 2005 Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis.

Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele) Laut und heftig: Die Gitarrenwände des J. Mascis., Legenden @ Monsters Of Spex 2005 | © laut.de (Fotograf: Martin Mengele)

Termine

Sa 24.05.2025 Berlin (Columbiagelände)
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