Porträt

laut.de-Biographie

Eisregen

Wer bei Eisregen an überfrierende Nässe auf der Straße denkt, liegt richtig. Jenes hinterhältige Naturphänomen bildet sich nämlich, wenn sich bei Minustemperaturen die Schleusen des Himmels öffnen, und statt Schnee Regen hernieder fällt, der auf dem Boden augenblicklich zu Gefrorenem mutiert. Dass es aber auch eine gleichnamige Band aus Deutschland gibt, ist nicht überall bekannt.

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Die Combo gründet sich 1994 in Thüringen. Die Besetzung, die 1996 das erste Demo einspielt, besteht aus Shouter Michael 'Blutkehle' Roth, Totenmond-Schlagzeuger Michael 'Bursche' Lenz an der Gitarre, Ronny 'Yantit' Fimmel and den Drums, Daniel Fröbing an den Keys und Sebastian 'Berg' Morbach am Bass. Beheimatet im weiten Feld zwischen Black Metal und Gothic, macht die Band bereits zu Beginn mit Splatter-Lyrics und heftigem Gebratze auf sich aufmerksam. Tod, Gemetzel, Krankheit, Fäulnis und Gebeine sind geliebte Themen der Thüringer. Dabei gehts mitunter heftigst zur Sache, was natürlich noch mehr Aufmerksamkeit generiert.

"Das Ende Des Weges" nennt sich das zehn Tracks umfassende zweite Demo, das in halb-evil Auflage von 333 Exemplaren das Licht der Welt erblickt. Nach der EP mit dem zärtlichen Titel "Fleischhaus" unterschreiben die Jungs beim kleinen Label Last Episode. Mit einer Company im Rücken gehen Eisregen zum ersten Mal unter professionelleren Bedingungen ins Studio. So spielen sie 1997 das Album "Zerfall" ein. Am Bass ersetzt K. Matthes den ausgestiegenen Berg Morbach. Komplett neu ist das aber nicht, denn nur sechs der neun Songs sind Neukompositionen, während "Ode An Den Niedergang", "Herzblut" und "Eispalast" von "Ende Des Weges" stammen. Auch wenn die Platte im Underground Aufsehen erregt, so hat sie dennoch einige Schwächen, was nicht zuletzt an der etwas eindimensionalen Produktion liegt.

Roth und Co. fackeln nicht lange und begeben sich bald darauf an die Aufnahmen zu "Krebskolonie". Neu in die Band kommt eine Dame namens 2T aka Theresa Trenks, die genau wie Ronny und Daniel auch bei Transilvanian Beat Club musiziert. An der Violine erweitert sie den Sound um eine Facette und lockert die Mucke etwas auf. An den Texten ändert sich indes wenig. Nach wie vor stehen Tod und Teufel bei den lyrischen Ergüssen Pate. Für die EP "Fleischfestival", mit drei alten und zwei neuen Stücken, ersetzt Lenz den ausgestiegenen Matthes für die Aufnahmen am Bass. Ersatz finden sie in einem Typen mit dem kryptischen Pseudonym 'Der Hölzer', während Daniel sich von Eisregen verabschiedet.

2000 erscheint "Leichenlager" und präsentiert die Band etwas gesetzter, und dank Theresas Spiel melodiöser. Mittlerweile haben sich Eisregen aufgrund ihrer Live-Auftritte nicht nur in Thüringen eine eingeschworene Fangemeinde erspielt. Bei Gigs geht es regelmäßig ab wie Schmidts Katze. Für die sich an den Release anschließende Tour dreht sich das Besetzungskarussell wieder einmal. Fortan hat es sich ausgehölzt. Ex-Mitglied Morbach kehrt in den Schoß der Familie zurück, bzw. an seinen Viersaiter. Auf dieser Tour schneiden Eisregen den Gig auf dem Wave Gotik-Treffen mit, der unter dem Namen "Lager Leipzig" im Januar 2001 veröffentlicht wird. Erhältlich ist das Teil im Laden jedoch nur ab 18 Jahren, da die darauf befindlichen Splatter-Szenen für Deutschlands Kinder anscheinend unzumutbar sind.

Im Laufe des Jahres 2001 macht die Meldung die Runde, dass die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ein waches Auge auf die Band wirft. Der Release von "Farbenfinsternis" verschiebt sich. Aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten - das Label bleibt die Studiokosten schuldig - steht der weitere Verlauf der Eisregen-Karriere erst einmal in den Sternen. Zwar steht mit "Wundwasser" schon ein Titel für eine neue Scheibe, bis zum Herbst 2004 muss sich die Fangemeinde jedoch noch gedulden. Deshalb hat Drummer Yantit auch etwas Zeit über und widmet sich seinem Nebenprojekt Ewigheim, bei dem er mit einem Herrn Allen B. Konstanz (The Vision Bleak) etwas mehr der Elektronik frönt.

Die Beobachtung durch die Behörde bricht der Band dann fast das Genick. "Farbenfinsternis" und "Krebskolonie" wandern auf den Index und somit aus den Läden. Konzerte der Band darf nur noch besuchen, wer 18 Jahre oder älter ist, gebuchte Auftritte für Festival müssen Eisregen absagen, so dass deren Stimmung alles andere als positiv ist. Hierzu passt die Ankündigung, nach "Wundwassser" und dem anvisierten Nachfolgealbum "Menschenmaterial", Eisregen definitiv aufzulösen.

Zwischen all diesen negativen Nachrichten schmuggelt sich Anfang 2004 jedoch auch eine positive. Das längst vergriffene "Zerfall" aus dem Jahr 1996 erfährt auf Massacre Records einen Re-Release. Als Bonus packen die Eisregeners noch "Das Ende Des Weges" obendrauf. Die nächste Veröffentlichung wird 2005 anlässlich ihres zehnjährigen Jubiläums nachgelegt: "Hexenhaus. 10 Jahre Thüringer Mord Und Totschlag" ist eine EP und beinhaltet neben acht Tracks auch eine DVD. Angeblich soll "Hexenhaus" produziert worden sein, um das abschließende Album "Menschenmaterial", das Ende des Jahres herauskommen soll, etwas herauszuzögern. Nanu? Haben die Eisregner etwa vor, ihre geplante Trennung aufzuheben? Dürfen Eisregen-Jünger wieder aufatmen?

Im Mai 2006 dann die frohe Botschaft: Eisregen verlängern den Vertrag mit Massacre Records um vier Jahre. Leider hält die Frohlockung nicht lange an, denn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien stellt die Thüringer ein weiteres Mal an den Pranger: Das Album "Wundwasser" wird als jugendgefährdend eingestuft. Außerdem sollen die Lieder von strafrechtlichen Inhalten geprägt sein. Es kommt, wie es kommen muss. Auch das Einschalten von Anwälten nützt der Band nichts: "Wundwasser" ist ab dem 1. Februar 2007 indiziert.

Eisregen - Abart
Eisregen Abart
Kein Stillstand, aber auch kein Freudentanz.
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Man könnte meinen, dass Eisregen aus dem Strudel der Indizierung nicht mehr heraus kommen würden, doch mit der EP mit dem seltsamen Namen "Eine Erhalten", hat das erst einmal ein Ende. Und das, obwohl darauf hauptsächlich alternative Versionen von "Blutbahnen"-Songs enthalten sind. Dennoch gehen die Thüringer weiter auf Konfrontationskurs und spielen Ende 2008 sogar zahlreiche Songs von "Krebskolonie" live - wenn auch mit abgewandelten Titeln und Texten. Nachzuhören, auf der Live-Scheibe "Bühnenblut - Live In Leipzig".

Im Laufe der Zeit reduziert sich das Line-Up auf Blutkehle, Bursche, Yantit und Dr. Franzenstein, die lediglich live von Bassistin Birgit Lages unterstützt werden. Textlich sind auch "Knochenkult" (2008) und "Schlangensonne" (2010) nichts für Zartbesaitete. Die Herren veröffentlichen in regelmäßigen Abständen ihre Alben und erarbeiten sich mehr und mehr Fans.

Um aber zumindest die Songs öffentlich zugänglich zu machen, die auf den indizierten Scheiben nicht beanstandet wurden, veröffentlichen Eisregen 2012 die Compilation "Krebskollektion". 13 dieser Songs wurden neu gemastert und mit einer Bonus CD, auf der es neues und neu eingespieltes Material zu hören gibt, Anfang Dezember 2012 veröffentlicht.

Es folgen zahlreiche Änderungen in der Bandbesetzung, auch Gründungsmitglied Bursche verlässt die Gruppe. Produktiv sind die Leichenfreunde über die Jahre geblieben: Die Studioalben Nummer zehn bis dreizehn erscheinen von 2013 bis 2018, darunter "Marschmusik". Dazwischen erblicken auch noch vier EPs das Licht der grausamen Welt.

Im 25. Jahr des Bandbestehens erscheint "Leblos" samt der grausigen Bonus-Sauflieder-EP "Die Räudigen Rennsteigrebellen". "Leblos" ist ein bemerkenswerter Sprung nach vorne und vereint größtenteils gekonnt Gothic- und Power Metal-Einflüsse mit dem gewohnten Sound der Band.

Das musikalische Ausgreifen geht mit Line Up-Änderungen einher: Bass, Gitarre sowie das Co-Songwriting steuert der Black Metal-erfahrene M. Stock bei, die Violine bespielt wie zu früheren Zeiten wieder Frau N. Feind. Kaum ein halbes Jahr später legen die Thüringer mit "Grenzgänger" im Januar 2023 schon den nächsten Longplayer vor. Im August 2024 folgt schon "Abart", mit neuem Team samt Bassspieler Stock, dem Kopf von Empyrium. Zum wiederholten Male bemühen sich die Thüringer offensichtlich um musikalische Weiterentwicklung - dabei gelingt nicht alles, aber so einiges eben doch.

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2024 Abart

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