laut.de-Kritik
Ekrem Bora läuft Eko Fresh allmählich den Rang ab.
Review von Dominik Lippe"Mein Traum hat sich verlagert. Ich bin schon am Exit-Plan", erklärte Eko Fresh vor wenigen Monaten im sehenswerten Gespräch mit Düzen Tekkal, "Der nächste Traum wäre etwas Philanthropisches." Angesichts der Anerkennung, die der Rapper in der deutschen Öffentlichkeit genießt, ergibt der Plan durchaus Sinn, seinen Schwerpunkt zu verlagern. Jüngst trat er sowohl bei 3sat und der lit.Cologne als auch bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Anwerbeabkommen zwischen Bonn und Ankara auf, wo er sich die Bühne mit Cem Özdemir teilte und ein Loblied auf die Gastarbeiter sang.
Lässt sich die Rolle des engagierten Menschenfreundes mit der Musik in Einklang bringen? Schon nach dem einleitenden Titelsong an der Seite von Blokkmonsta wachsen die Zweifel. "Hab' Geld nicht mehr nötig. Ich rapp' nur, weil ich nice bin", lässt Eko Fresh in seinem berühmt hochnäsigen Flow wissen, "Wie soll euch der Typ von Royal Bunker Respekt zollen?" Noch immer spielt er gerne die ignorante und respektlose Künstlerpersona, obwohl er ihr entwachsen ist, wie er selbst zu ahnen scheint: "Ich mache diesen Job seit der Pubertät. 'Und gefällt's dir immer noch?' Ja, Bruder, geht."
Unverändert bleibt dagegen seine Freude an der Disziplin Rap. Wenn er in "Freezy Bumaye" für die "Würde von Hip Hop" in die Bresche springt, wirkt das trotz des Gefühlsüberschwangs absolut glaubwürdig. Er variiert die Geschwindigkeit seines Vortrags, bis selbst ein Nonsens-Song wie "Fugazi" eine gewisse Qualität erreicht. Auch Eko Fresh' Humor ist noch intakt. So kalkuliert es erstmal klingt, aus "Miss California" aus Dante Thomas' "Fly" die Neuauflage "Miss Köllefornia" zu basteln, so entwaffnend ist es, den US-Amerikaner "She's a lecker Mädche" singen zu lassen.
Und dennoch steht "Miss Köllefornia" wie ein Fremdkörper zwischen anderen Fremdkörpern. Schon auf früheren Alben mündete Eko Fresh' Fähigkeit, sich allen erdenklichen Spielarten zu bedienen, in einer gewissen Beliebigkeit. "Ekmek Parasi" verknüpft Akustikgitarre mit Trap-Beat, "Günaydin" verlängert den Sommer und "OG Shit" bekommt einen Südstaaten-Anstrich. Leichte Harfenklänge durchziehen das Liebeslied "Nur Wir Zwei", während Phat Crispy aus Richard Strauss' mächtigem Orchesterstück "Also Sprach Zarathustra" die Unterlage für "International Nightmare" zimmert.
"Wer ist der, der die Gastarbeiterkinder heut' vertritt? Wessen Labelname ist jetzt ein politischer Begriff?", fragt er rhetorisch in "Turkish Nightmare 2". Nur in raren Momenten wagt es Eko Fresh, die Pose beiseite zu lassen. Vor allem "Der Sinn Des Lebens" fällt in seinem trockenen Realismus positiv auf. Altersweise berichtet er vom Umgang mit den mannigfachen Rückschlägen des Lebens. Mit dem arg gebeutelten Silla holt er sich den optimalen Gast an die Seite. Zudem reicht der Kölner in einer musikalischen Geste Kool Savas die Hand, indem er "Der Beste Tag Meines Lebens" samplet.
Vor allem für die nachfolgende Generation hat Eko Fresh ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl. "Hier ist es zivilisiert und du wirst sicher studieren", gibt er seinem Sohn in "Du Bist Anders" mit auf den Weg. Erneut schlägt er die Brücker zur Gastarbeiter-Generation. Dein Opa "hat sich aufgeopfert, damit sein Enkel heute einmal macht, worauf er Bock hat", redet er dem Nachwuchs ins Gewissen und leitet daraus das Pflichtbewusstsein ab, das bereitete Feld zu bewirtschaften: "Enttäusch' ihn nicht, denn er war für euch unterwegs. Ein Bürde, die du trägst, jetzt verwirkliche den Weg."
"Viel Talent und Schweiß, Leidenschaft und Gabe", zählt der Rapper in "Diego Maradona" die Ingredienzen für seine langlebige Karriere auf. Er hat das Genre mehrfach durchgespielt, wie schon sein Best-of-Album "Legende" unter Beweis stellte. Was darauf noch einen guten Überblick verschaffte, wirkt auf "Abi" schlicht unstrukturiert. Seinem elften Soloalbum fehlt es an Kohärenz und einer angemessenen Spiegelung seines Engagements außerhalb der Musik. So läuft Ekrem Bora allmählich Eko Fresh den Rang ab.
4 Kommentare mit 3 Antworten
Stellt euch vor, ihr hört 2021 unironisch Eko Fresh.
Grüße gehen raus an Burhan Abi
Boah, bei dem Soundbild wartet man die ganze Zeit unterbewusst drauf, dass gleich ein Part vom Bra folgt. Hier muss man sagen: Glückwunsch, alle Klischees erfüllt. Sogar ein Track, der nach einem (ehemaligen) Fußballspieler benannt ist.
Eko als Typ 4/5, Album diesmal hochverdiente 1/5.
roy black, der wahre bomber der nation
Kann InNo da weitestgehend beipflichten. Sympathischer Dude, musikalisch völlig unspannend. Selbstdemontage à la Promi Dinner etc sollte er aber auch bitte lassen.
+1
Wendehalsiger als Lego-Figuren
Aus Gewohnheit, ungehört 1*