laut.de-Kritik

Gegen die Meros und Seros, Instagram, Netflix und Co..

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Das Image als Klassenclown wolle er auf gar keinen Fall loswerden, beteuert Fatoni im Interview vehement. Dennoch horcht man zu Beginn von "Andorra" erstmal erstaunt auf. "Alles Zieht Vorbei" kommt doch tatsächlich ganz ohne selbstironisches Schutzschild aus.

Stattdessen berichtet der Musiker nachdenklich und verletzlich von Rastlosigkeit, Erschöpfung oder einem Autounfall. Unterstützung gibt es von Tocotronic-Frontmann Dirk von Lowtzow, der Hörer und Sänger gleichermaßen mit tiefer Stimme das Motto des Albums ins Ohr raunt: "Du musst nur auf dich selbst hören haben die anderen gesagt. Du musst dies jetzt auch durchziehen."

Und weil der Satz derart schön ist und überhaupt so wunderbar Fatoni-haft, verwendet der ihn gleich noch mal für die Hook von "Die Anderen". Darauf präsentiert sich der alte, der Mixtape-Fatoni noch einmal in Bestform und schmeißt so unterhaltsam wie selbstironisch mit cleveren Lines um sich. Untermalt wird das überdrehte Feuerwerk einmal mehr von Dexter, auf dessen traplastigen Beat, Fatoni Schellen an die Rapszene und die Doppelmoral der links-grünen Hörerschaft gleichermaßen verteilt: "Zum Beispiel hassen alle Frei.Wild und wir sind uns alle einig, doch wenn Rapper dumme Faschos sind, dann sind wir nicht so kleinlich."

An "Clint Eastwood" scheiden sich die Geister. Über das großartige Video müssen wir nicht reden, aber wird ein Gejammer über neuartige Trends im Rap samt "ironischer Adlibs" dadurch weniger verkrampft, dass man einen kleinen selbstironischen Twist bei der Sache einbaut? Der richtige Ansprechpartner, wie man sich auch als über dreißigjähriger Kartoffelrapper ignorant und unterhaltsam gleichermaßen auf Trapbeats behaupten kann, stünde mit Dexter ja in unmittelbarer Nähe.

Die Meros, Seros und Feros sind allerdings nicht das einzige, was Fatoni an der zunehmenden Digitalisierung beschäftigt. Vielmehr ist die mediale Dauerbeschallung für den Rapper offenbar derart eklatant, dass er sich mit dem Einfluss von Instagram, Netflix und co. auf gleich drei Songs auseinandersetzt. Beim oldschooligen "Alles Cool" funktioniert das immerhin noch über eine recht witzige Anekdote und auch "Digitales Leben" hat einen gewissen Charme.

Der Bericht über Alltäglichkeiten bietet allerdings die große Gefahr ins Belanglose abzudriften. Wer mir von Dingen erzählt, die ich genauso aus meinem eigenen Leben kenne, muss das eben schon mit einem intelligenten Kniff machen. "Wie Du", der vermeintliche Liebestrack an den Algorithmus, hat hingegen den sehr schalen Geschmack, dass seine Grundaussage "Keiner kennt mich wie du" nicht einmal eine sonderlich originelle Songzeile darstellen würde.

Was Fatoni zu der Annahme verleitet, es sei eine gute Idee, daraus einen dreiminütigen Song zu stricken, erschließt sich genauso wenig wie die halbherzige AutoTune-Hook. Der Track ist genauso ein klarer Kandidat für die Skip-Taste wie die nett gemeinte, aber banale Tocotronic/Ärzte Hommage "Krieg Ich Alles Nicht Hin" und das nervtötende "Ich Glaub Mit Mir Stimmt Was Nicht".

Das ist in erster Linie schade, denn trotz gewisser geschmacklicher Fehltritte zeigt Fatoni auf "Andorra" vielerorts, wie viel erzählerisches Potenzial er mitbringt. Das beweist der interessante Twist auf "D.I.E.T.E.R." genauso wie die Auseinandersetzung mit der eigenen Kifferjugend in "Nein, Nein, Nein, Nein, Nein". Hier stellt sich der Musiker die Frage, warum er den Ausbruch aus der "Festung voller Rauch" geschafft hat, sein alter Freund jedoch nicht. Die Unvoreingenommenheit und Ehrlichkeit, mit der Fatoni an die Sache herangeht, macht es zu weit mehr als nur einem weiteren Song über Verschwörungstheorien.

Das Album rahmen zwei der persönlichsten und berührendsten Songs ein, die Fatoni bisher gemacht hat. Wie "Alles Zieht Vorbei" kommt auch "Ok Ok Ok" ganz ohne ironische Distanzierung aus. Der komplett unpeinliche Beziehungstrack, zeigt noch einmal, was auf "Andorra" alles möglich gewesen wäre.

Vielleicht muss man das Album auch als einen Befreiungsschlag wahrnehmen. Dass der Rapper auch die ernsten, die persönlichen Töne beherrscht, stellt er unter Beweis. Leider lässt sich dabei stellenweise eine gewisse Verkrampftheit nicht verheimlichen. Zusammen mit einigen Ausfällen auf der zweiten Hälfte der Platte, verhindert diese, dass "Andorra" das unterhaltsame und persönliche Album geworden ist, das man Fatoni absolut zutrauen würde.

Trackliste

  1. 1. Alles Zieht Vorbei
  2. 2. Die Anderen
  3. 3. Clint Eastwood
  4. 4. D.I.E.T.E.R.
  5. 5. Burj Khalifa
  6. 6. Digitales Leben
  7. 7. Nein Nein Nein Nein Nein Nein
  8. 8. Alles Cool
  9. 9. Krieg Ich Alles Nicht Hin
  10. 10. Ich Glaub Mit Mir Stimmt Was Nicht
  11. 11. Mitch
  12. 12. Wie Du
  13. 13. Ok Ok Ok

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11 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 5 Jahren

    13 Tracks gähnende Langeweile.

  • Vor 5 Jahren

    Dexter hat geliefert. Fatoni, hm... solange früher alles besser war konnte ich mir den gut anhören (pun intended), dieser Tage finde ich den teilweise sehr anstrengend. Strapaziert zu oft unlustige Witze über, ist zu sehr up his own ass. Ein paar Tracks hiervon finde ich gut, Mitch , Nein, Nein, ..., Alles zieht vorbei (bis auf Lotzow oder wie der Spast heißt), Rest eher so ähhh... 3/5 geht klar denke ich

  • Vor 5 Jahren

    Mag Fatonis Art in Interviews nicht. Auch dieses Juse Ju, Dexter- Umfeld wirkt auf mich äusserst lauchig und peinlich.

    Der Casper-Track ist für die Tonne, uncool. Casper will einfach unbedingt der harte trapper sein, aber bleibt halt ein dünner, nerdiger knecht. Clint Eastwood mmh, ne. unlustig, szene-gebashe, ok. "Wie du" ist locker der whackste track der platte.

    Das Intro dafür erste Klasse, richtig Gänsehaut, auch das Beat-Highlight der Platte. Song 10 auch sehr gut, vor allem der Text. Da find ich mich teilweise wieder. Dieter & Alles Cool taugen.

    mehr erwartet. 3/5 passt. (das album hat so ein leichter dendemann vibe, was nicht für das album spricht)

  • Vor 5 Jahren

    Insgesammt Gänsehaut mit ein paar aussreißern nach unten. Hat mir echt gut getaugt. Highlight "Dieter"
    4/5

  • Vor 2 Jahren

    Bitte Was?
    Also bin kein Risenfan des Albums, aber die Bewertung der einzelnen Tracks in Relation kann ich echt nicht verstehen.
    Wie man die Thematik von „Wie du“ als belanglos zu bezeichnen kann während es im Rest des Artikels um irgendwelche Autounfälle oder andere irrelevante Rapper geht, ist mir wirklich schleierhaft.

    Ob die Verpackung als Liebeslied kreativ ist und ob die Thematik eine geniale Möglichkeit ist, auch oldschool-fans eine Bereichtigung für den künstliche Style zu geben ist wohl vollkommen Subejktiv. Ich würde niemanden widersprechen wollen, der das nicht so sieht.

    Aber der Kern des der Thematik ist aber hoch relevant!
    Auch wenn das Thema noch nicht so Präsent in der Öffentlichkeit ist, kann mir doch niemand erzählen, dass:

    1. Die Abhängigkeit von Technologien nicht auch im Alltag immer weiter Wächst,

    2. die Technologien nicht auch immer mehr eine „Entscheidungs-Rolle“ einnehmen und immer mehr von unserem Alltagsleben beeinflussen.

    3. Menschen sich nicht öfter sozial isolieren,

    4. und soziale Interaktionen nicht immer mehr in den Einflussbereich des Digitalen wandern.

    Und das diese Entwicklungen nicht fundamentale Veränderungen für unsere Gesellschaft beuten.

    Wer das noch nicht ganz versteht oder mehr dazu erfahren will, sollte sich das höchst gepriesene Buch „Homo Deus“ von Yuval Noah Harari einmal anschauen. Wobei dieses Video „Homo Deus: A Brief History of Tomorrow with Yuval Noah Harari“ auf Youtube für ein einstieg in die Thematik vollkommen ausreichend sein sollte. (https://www.youtube.com/watch?v=4ChHc5jhZxs)