laut.de-Biographie
GFriend
Koreanische Popmusik wird von drei großen Firmen beherrscht. Was nicht heißt, dass nicht auch andere ab und an ihren Fuß in die Tür dieses lukrativen Marktes setzen wollen. Versinken viele von diesen Nugu-Firmen zwar schnell in der Versenkung, muss es trotzdem kein Todesurteil sein, im K-Pop nicht von SM, JYP oder YG Entertainment gemanagt zu werden. Gruppen wie BTS, Apink oder Loona haben gezeigt, dass man auch von außerhalb seinen Weg gehen kann. Eine andere Erfolgsgeschichte: GFriend.
Diese Gruppe mit dem denkbar stupiden Namen geht 2015 an den Start. Und auch wenn ihre Ästhetik erst nicht die einzigartigste der Welt ist und ihre Marke Highschool-Cute schon im nächsten Jahr von Blackpinks Girl Crush-Welle davongeschwemmt werden sollte, gefallen sie doch Fans und Szene gut genug, um sich direkt zu verhaken. Erste Singles wie "Glass Bead" und "Me Gustas Tu", die bis 2016 als High School-Trilogie vervollständigt werden, bringen ihnen nicht nur eine solide mittelgroße Fanbase ein, sondern auch mehrere Rookie des Jahres-Trophäen.
Es ist vor allem rohes Talent und Ausstrahlung, die die Gruppe aus Sowon, Sin B, Eunha, Yuju, Umji und Yerin auf Erfolgskurs hält. Denn was Source Music da zusammenrekrutiert hat, besticht durch eine kollektive Aura, die so gar nicht nach kleinem Stall aussieht. Müssen sie auch, denn obwohl die Vocal-Line sich schnell als eine der stärkeren im Girlgroup-Universum herauskristallisiert, landen die zahlreichen Comebacks nur sporadische Hits.
Eher zementieren sie sich eine Reputation, die es zu respektieren gilt. Releases wie "LOL" oder "Parallel" wagen schrittweise mehr Identität, wirken aber immer noch unsicher, wohin mit dem ganzen Talent, das da in den Reihen versammelt wurde. Wirklich spannend wird es mit dem Anbeginn einer neuen Trilogie: "Time For The Moon Night" versucht sich 2018 an einem klassischeren, zeitlosen Sound und räumt direkt dick ab: Bei den Shows zum Jahresende zeigt sich GFriend als ein untypischer Kritikerliebling und entzieht sich zumindest manchem Gravitationsgesetz der Szene.
Kein Wunder, dass "Sunrise" den Erfolg direkt wiederholt, bis das Dreiergespann schließlich mit "Crossroads" vollendet wird. Damit bildet letzterer Song übrigens wirklich eine Schnittstelle, denn "Crossroads" steht mit einem Fuß in den beiden größten Äras der Gruppe. Fallen viele Girlgroups mit ihrem zunehmenden Altern aus der öffentlichen Wahrnehmung, wächst GFriend mit dem Ende der Dekade nur weiter und weiter. So sehr, dass sie 2019 von Big Hit Entertainment gekauft werden. Der Firma, die dank des titanischen Erfolgs von BTS gerade dabei ist, aus den "Big 3" die "Big 4" zu machen.
Und was kommt dabei raus? Eine Hochphase, wie sie im Buche steht. "?" markiert 2020 eine neue Ära, die erst mit zwei EPs und dann dem kulminierenden Album "Walpurgis Night" das stärkste Songwriting und die kohärenteste Ästhetik der Gruppe darbietet. Waren die davor erschienen Studioalben "Lol" und "Time For Us" stabile Produkte, zeigt erst dieses Projekt die wirkliche Spannweite, die der Kosmos von GFriend einnehmen kann.
So wechselt mit Source Music zu Big Hit nur ein Ast außerhalb des großen Zirkus zum anderen, auch wenn man GFriend inzwischen gut und gerne zum Haus des großen Establishments zählen kann. Vielleicht wäre es fast hilfreich gewesen, sie gleich mit größeren Songwritern arbeiten zu lassen, denn was sie an Performership mitbringen, dem wurde das frühe Team beizeiten fast gar nicht gerecht. Dass sie nach fünf Jahren in der Branche trotzdem gerade einmal 23 Jahre im Schnitt alt sind, kann nur heißen, dass die ohnehin renommierte Gruppe noch einiges an Zukunft vor sich hat.
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