laut.de-Kritik

Atmosphärische Klänge, die Raum für eigene Gedanken lassen.

Review von

Gaahls Wyrd haben vor zwei Jahren mit ihren melodiösen, aber dennoch anspruchsvollen Klängen auf ihrem Debüt "GastiR - Ghosts Invited" etwas frischen Wind in die Black Metal-Szene gebracht. Nun folgt mit "The Humming Mountain" ein Minialbum, das alles andere als eine schnöde Resteverwertung darstellt. Vielmehr handelt es sich bei dem Kurzformat um ein für sich stehendes Werk, mit dem die Norweger ihr Potpourri um zusätzliche Einflüsse erweitern.

Schon der Opener "The Seed" überrascht mit seiner durchgängig ruhig gehaltenen Ausrichtung. Thematisch geht es um die Suche nach dem Kern der Schöpfung. Die ersten Minuten bringen mit Naturgeräuschen, mystischen akustischen Akkorden und einer hypnotischen Melodie, die Gaahl größtenteils mit flüsternder Stimme singt, etwas Nachdenkliches zum Ausdruck. In der Mitte folgt ein längerer Zwischenteil. Der gewinnt mit schweren Gitarren, Piano und gespenstischem Chor-Gesang kontinuierlich an bedrohlicher Dramatik. Nach einem Klavier-Solo Marke Tenhi und einer kurzen gesprochenen Passage nehmen Gaahls Wyrd die hypnotische Melodie des Beginns wieder auf. So findet die Thematik eine angemessene Umsetzung.

Auch das folgende Titelstück lebt von getragenen Tönen. Schwere Post Metal-Riffs und monotone Schlagzeug-Sounds durchziehen den Track. Die geben dem 46-jährigen Oberhaupt der Band genug Raum, mit seiner eindringlichen Stimme eine intensive, beklemmende Stimmung zu schaffen. Darüber legen sich zwischenzeitlich auch mysteriöse Keyboards, die für atmosphärischen Dark Metal-Spirit sorgen. Laut Gaahl sollten sich sowohl "die langsame Vibration des Berges" als auch "die langsame Bewegung des Eises" musikalisch erkennen lassen, und tatsächlich kommen einem beim Hören Naturkräfte in den Sinn.

Diesen Song sowie die beiden Nachfolgetracks "The Dwell" und "Awakening Remains - Before Leaving" hatten die Norweger ursprünglich als Teil von "GastiR - Ghosts Invited" eingeplant. Jedoch entschieden sie sich dafür, die Nummern erstmal beiseite zu schieben. Ihnen war es wichtig, dass das thematische Konzept hinter den Stücken eine besondere Betrachtung findet. Den Songs haben sie sich schließlich wieder gewidmet, als das Mini-Album langsam entstand. "The Seed" und der Closer "The Sleep" kristallisierten sich während und nach den Arbeiten an dem Debütalbum heraus.

"The Dwell" wartet ebenso wie "Through And Past And Past" auf "GastiR - Ghosts Invited" mit ruppigen Thrash Metal-Riffs auf. Viel interessanter als das instrumentale Gedresche gerät allerdings der Mittelteil des Tracks. Durch die melodische Gitarrenarbeit und die tiefen Vocals kommt nämlich Goth-Rock-artiges Flair auf, was man von der Band wohl nicht erwartet hätte. Dementsprechend hat sie es gar nicht nötig, derbe aufs Schnitzel zu kloppen.

In "Awakening Remains - Before Leaving" ziehen jedoch wieder mehr atmosphärische Stimmungen ein. Blastbeats und die klagende Stimme Gaahls lassen den Hörer zunächst frösteln. In der Mitte geht es dann zunehmend in midtempolastige Gefilde. Wirbelnde Drums, leicht progressive Riffs und beschwörende Vocals bauen dabei eine nervöse Unruhe auf. Die löst sich jedoch gegen Ende. Die Nummer gleitet mit majestätischen Saiten-Tönen, tighter Schlagzeug-Arbeit und dezenten, geisterhaften Keyboards in meditative Sphären.

"The Sleep" bildet schließlich eine thematische und musikalische Weiterführung von "The Seed". Verhallte Gitarrensounds, die sich nach und nach beunruhigend in die Höhe schrauben, sowie ambiente Elektronik und atmosphärische Spoken Words führen zu einer Reise ins Ungewisse. Dadurch lässt die Nummer auch nach dem Erklingen der letzten Töne Raum für eigene Gedanken.

Jedenfalls dürften knallharte Black Metal-Puristen auch dieses Werk wieder einmal mit Ignoranz strafen. Aufgeschlossene Hörer bekommen dafür reichlich Tiefsinniges geboten.

Trackliste

  1. 1. The Seed
  2. 2. The Humming Mountain
  3. 3. The Dwell
  4. 4. Awakening Remains - Before Leaving
  5. 5. The Sleep

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