laut.de-Kritik
Endlich wieder ein guter Garbage-Song.
Review von Sven Kabelitz"Sugar & Spice" ist ein kleines Träumchen mit Anhörpflicht. Auf der EP führte Hatchie im letzten Jahr ihre bisher veröffentlichen Songs zusammen. Lieder, durch die auch Robin Guthrie von den Cocteau Twins auf die Sängerin aufmerksam wurde und "Sure" einen Remix spendierte. Nun veröffentlicht die Australierin mit "Keepsake" ihren ersten Longplayer.
Die Betonung im von Shoegazing geküssten Dream Pop der Sängerin liegt deutlich auf dem zweiten Wort. Ihre Refrains sind für das eher für seine Entrücktheit bekannte Genre ungemein catchy, haben in ihren mitreißenden Melodien nicht selten mehr mit Taylor Swift, als mit Slowdive oder My Bloody Valentine gemeinsam. Wo andere Bands bewusst vage bleiben, formulierte sie ihre Songideen bis zum Ende durch.
Ein Umstand, der daher rühren kann, dass sich Hatchies Wurzeln eben nicht im Genre befinden, sie auch gerne heute noch Pop wie etwa von Carly Rae Jepsen hört. Erst in den letzten Jahren kam sie über die Playlist eines Freundes dazu, fand in diesem das perfekte Umfeld, um ihre Tracks zu schreiben. In dieser Zwischenwelt, die weder zu euphorisch, noch zu depressiv klingt.
Die Veränderungen zur EP fallen marginal aber trotzdem erkennbar aus. Dank des neu gefundenen Vorbilds Curve durchziehen deutlich mehr Synthesizer und Drumcomputer die Stücke. Auch etwas New Order ("Obsessed") lässt sich hier und dort erkennen. Der Sound klingt kälter, jedoch nicht härter. Auch "Keepsake" bleibt in erster Linie feingliedrig, in Gedanken versunken und sanft.
Wenn Hatchie im an My Bloody Valentines "Soon" gemahnende "Without A Blush" "If I could kiss you one more time / Would it make everything alright?" singt, oder sich in "Her Own Heart" zu einem "Stay true to your heart" (jesses!) hinreißen lässt, hat diese Mischung etwas von einem vertonten Teenagertagebuch, in das man heimlich schnüffelt. Die zeitweise doch arg naiven Texte stellen einen klaren Schwachpunkt von "Keepsake" dar, verstärken seltsamerweise aber auch den Zauber des Albums.
Im für den Longplayer ungewohnt harten "Unwanted Guest" konkurrieren Hatchies Gitarren- und ihr Bass-Spiel, das hier an The Cure zu Zeiten von "The Head On The Door" erinnert, um die Aufmerksamkeit. Nur um kurz darauf ihrer über das Album hinweg mal präzise im Vordergrund stehenden, mal distanziert flüsternde Stimme Platz zu schaffen.
In "Stay With Me" lässt der Pop endgültig alle Scheu hinter sich. Ein wehmütiger, sehnsuchtsvoller Track, in dem die Sängerin an Shirley Manson erinnert. Wer endlich mal wieder einen wirklich guten Garbage-Song hören mag, wird hier fündig. "Secret" beginnt als Wispern, steigert sich zunehmend zu einem mitreißenden Ende. "Her Own Heart" schunkelt munter in bester Dream Pop-Manier.
Zeitweise fehlt Hatchie noch eine eigene Identität, dies gleicht sie aber mit einnehmenden Songwriting aus. Die Grundideen gehen zurück in die späten 1980er und frühen 1990er, doch sie wirken trotzdem nicht altbacken, sondern frisch. Wenn man irgendwann in einer Rumpelkammer einen verlorenen John Hughes-Film finden sollte, wäre "Keepsake" der perfekte Soundtrack.
1 Kommentar mit 2 Antworten
Wenn Du auf der Suche nach Garbage ähnlicher Musik bist, gib Dir mal Sloan Peterson - Midnight Love, Vol. 2.
Sollte Dir ansich ohnehin zusagen.
https://www.youtube.com/watch?v=rbP2PUKDDj0
Ich bin da nicht auf der Suche, der eine Song klingt nur schwer danach. Wie das dann in die Headline gerutscht ist? Wer weiß, wer weiß. „105“ ist trotzdem toll.
EP ist grundsätzlich ne runde Sache.
4/5