laut.de-Kritik

Die Väter von Motörhead und QOTSA brachten Punkrock auf die Welt.

Review von

"Well it's 1969 OK / all across the USA / It's another year for me and you / Another year with nothing to do / Last year I was 21 / I didn't have a lot of fun / And now I'm gonna be 22 / I say oh my and a boo-hoo."

Ja, im April 1969 ist die Welt von Iggy und seinen Kumpels Ron Asheton, Scott Asheton und Dave Alexander noch in Ordnung. Der Drogen- und Alkoholkonsum hält sich noch einigermaßen im Rahmen, mit dem selbstbetitelten Debütalbum bringt man einen veritablen Erstling auf den Markt und für einen kurzen Moment scheint sogar denkbar, dass die Welt bereit ist für eine Chaos-Truppe wie die Stooges.

Vier Jährchen später sieht das schon ganz anders aus. Nach der Veröffentlichung ihrer zweiten, kommerziell enttäuschenden LP "Fun House" zerstreiten sich alle Beteiligten im Drogenrausch. Dave Alexander verlässt die Band, Scott Asheton setzt nach einem Heroin-Snack den Bandbus an eine Brücke und erhält dafür eine ordentliche Gesichts-OP von Boss Iggy. Wie durch ein Wunder schafft man es dennoch für ein (vorläufig) letztes Album ins Studio.

Ron Asheton muss allerdings unfreiweillig den verwaisten Bass-Posten übernehmen und James Williamson gibt erstmals Iggys Axtmann. Die Produktion teilen sich Iggy und sein neuer bester Freund und UK-Überflieger David Bowie. Am Endergebnis ist bis heute deutlich ersichtlich, dass beide seinerzeit (noch) nicht allzu viel Ahnung vom Produzieren eines "professionellen" Rockalbums und außerdem während der Aufnahmen wohl einige Nasen zuviel intus hatten. Natürlich ändert daran auch kein Remasters-Verfahren dieser Welt etwas.

Gleichwohl gilt das Album "Raw Power" heute unumstößlich als die Geburtsstunde des Punk. Waren "The Stooges" und "Fun House" noch die ersten heftigen Wehen, so kam spätestens mit dem ersten Schrei von "Search And Destroy" das schmutzige, stets agressive Kindlein auf die Welt, das bis heute etliche Anhänger hinter sich schart.

Neben der verstörend schönen und gewalttätigen Musik dürfte dabei auch das legendäre Cover-Artwork von Mick Rock eine gewisse Rolle gespielt haben. Iggys Blick sagt eigentlich so ziemlich alles über den damaligen Zustand der Band aus.

Musikalisch gesehen handelt es sich bei "Raw Power" um die von allen Beteiligten eher unbewusst als mutwillig herbeigeführte Vereinigung der Zukunft mit der Steinzeit. Animalische Triebe vereinen sich mit wildgewordenen Stromgitarren, prähistorische Jagd- und Liebesrhythmen samt Urzeitlauten brechen hier aus Mensch und Instrument und besiegeln damit den weiteren Verlauf der Rockmusik.

"Raw Power" ist eine Prophezeihung, die sich mit jeder Menge aufwühlender Platten immer und immer wieder erfüllt und in Namen wie den Ramones, Henry Rollins, Motörhead und Queens Of The Stone Age ihre Prediger findet. Auch nach 37 Jahren wirkt das Album noch immer wie ein kurzer gepflegter Tritt direkt in den auditorischen Cortex.

Warum dies nach all den Jahren nun mit einer Special-Edition gefeiert wird, bleibt mir zwar schleierhaft, zumal die Antwort auf die meisten Fragen dieser Welt doch die 42 ist. Dafür besteht das vorliegende Legacy-Ron-Asheton-Gedächtnis-Package vor allem aus einem soundmäßig ganz akzeptabel aufgezeichneten Gig aus Atlanta, Georgia (Oktober 1973). 2011 sind es übrigens 42 Jahre seit "The Stooges", 2012 wäre dann "Fun House" dran. Darauf eine LSD-Schorle!

Trackliste

Original Album

  1. 1. Search And Destroy
  2. 2. Gimme Danger
  3. 3. Your Pretty Face Is Going To Hell (Originally titled "Hard To Beat")
  4. 4. Penetration
  5. 5. Raw Power
  6. 6. I Need Somebody
  7. 7. Shake Appeal
  8. 8. Death Trip

Live In Atlanta 1973

  1. 1. Introduction (Previously Unreleased)
  2. 2. Raw Power (Previously Unreleased)
  3. 3. Head On (Previously Unreleased)
  4. 4. Gimme Danger (Previously Unreleased)
  5. 5. Search And Destroy (Previously Unreleased)
  6. 6. I Need Somebody (Previously Unreleased)
  7. 7. Heavy Liquid (Previously Unreleased)
  8. 8. Cock In My Pocket (Previously Unreleased)
  9. 9. Open Up And Bleed (Previously Unreleased)
  10. 10. Doojiman (Outtake from the Sessions for "Raw Power")
  11. 11. Head On (Rehearsal performance from CBS Studios Tape)

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3 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 13 Jahren

    Interessant vielleicht noch: das Album war ursprünglich gar nicht als Stooges-Album geplant. Iggy und James Williamson wollten einfach so eine Platte machen und als sie keine Backing Band fanden, meinte Iggy "Lass es uns doch mit den Stooges machen!" - so auch der Wechsel Ron Ashetons an den Bass, die Gitarre war schon durch Williamson besetzt.
    Rockgeschichte jedenfalls - zweifelsohne

  • Vor 13 Jahren

    "Gleichwohl gilt das Album "Raw Power" heute unumstößlich als die Geburtsstunde des Punk." HOI HOI.
    Klar, die Mainstream-Musikpresse hat Iggy zum Ur-Punk gemacht, weil er zu der Zeit einfach der absolut abgefuckteste Typ war, der im Musikgeschäft herum lief. Mit Punks hatte der nichts zu tun. Das hier ist Rock Roll mit Typen in Glam Rock Glitzerhosen. Aber Punk war Hype und die Presse brauchte Vorzeige-Ikonen. Auf der anderen Seite wollten eine Menge Leute ein Punk sein, also auf der Welle mit schwimmen. Die TUBES haben dazu damals ein schönes Lied gemacht. "I was a Punk before you were".
    Wenn man den Käse nun 35 Jahre später wiederkaut wird es auch nicht richtiger.
    Punk ist in der Club Szene New Yorks entstanden und ohne z.B. die RAMONES nicht denkbar. Hype wurde es allerdings erst durch die SEX PISTOLS und Malcom Maclaren.
    Ansonsten ist "Raw Power" ein absoluter Meilenstein des Rock Roll, wenn auch extrem furchtbar abgemischt.

  • Vor 13 Jahren

    verstehe den Zusammenhang zwischen Stooges und QOTSA hier nicht. Kann das mal jemand erklären?