laut.de-Kritik
Auch im 40. Karrierejahr läuft die Maschine noch wie geölt.
Review von Toni HennigKMFDM blicken mittlerweile auf 40 Jahre Karriere zurück. Das Kernlineup bilden heute Gründungsmitglied Sascha 'Käpt'n K' Konietzko, Sängerin Lucia Cifarelli, Drummer Andy Selway und Gitarist Andee Blacksugar. Auf ihrem 23. Studioalbum "Let Go" widmet sich die Band politischen und kulturellen Missständen in einer Welt, die sich ständig in Aufruhr befindet.
Den Beginn macht der gleichnamige Titeltrack, der in den Strophen dunklen Sisters Of Mercy-Vibe versprüht, mit seinen aufputschenden Tönen im Refrain aber auch etwas Vertrautes besitzt. In "Push!" setzen KMFDM dann ganz auf treibende Industrial-Rock-Sounds, so wie man es von ihnen nicht anders kennt.
KMFDM wären aber nicht KMFDM, wenn sie etwas auf Genregrenzen geben würden. So wartet "Next Move" mit Electro-Experimenten und Rapeinlagen von MC Ocelot auf. Am Ende gesellen sich noch Funk-Akkorde und jamaikanische Bläsersätze dazu. "Airhead", das durchgängig von Lucias Vocals lebt, kehrt mit geradlinigen, alternativelastigen Tönen und Industrial-Keyboards auf gewohntes Terrain zurück. Deutlich experimentellere Klänge hat "Turn The Light On" zu bieten, das spröde Post Punk-Sounds und Spoken Words durchziehen. Etwas Greifbares hätte dem Song trotzdem nicht geschadet.
Dass sich Lucia mit ihrer Stimme mittlerweile etwas natürlicher in den Sound einfügt als zuvor, beweist sie mit ihren verführerischen Vocals in "Touch", das im Refrain mit poppigen 80s-Klängen überrascht. Goethes "Erlkönig" kleiden KMFDM danach in ein rockig morbides Gewand. "When The Bell Tolls" lässt mit garstigen Vocals von Lucia etwas Riot Grrrl-Feeling aufkommen.
Schade, dass das Niveau mit den letzten Tracks ein wenig absinkt. "Totem E. Eggs" bleibt als lustlose Industrial Rock-Fingerübung genauso verzichtbar wie "WW 2023", das ein Dub-Reggae-Remake von "WWIII" darstellt, das als Anti-Bush-Song ohnehin nicht mehr zu den heutigen Konflikten passt. Wenn man mal die wenigen Schwachpunkte außer Acht lässt, läuft die KMFDM-Maschine aber immer noch wie geölt, nur dass die Band mittlerweile auf ein wenig gemäßigtere und gesetztere Töne als in der Vergangenheit setzt, was jedoch eher für ihre natürliche Entwicklung spricht als dagegen.
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