laut.de-Kritik
Schmerzhaft und intensiv. Daran sollten sich The Cure ein Beispiel nehmen.
Review von Toni HennigAuf "Songs Of A Lost World", das kommende The Cure-Album, müssen sich Fans wahrscheinlich noch eine Weile gedulden. Glücklicherweise braucht die deutsche Antwort auf diese Band, Klez.E, nicht mehrere Jahrzehnte, um Fans mit einer neuen Platte zu beglücken. Sieben Jahre nach "Desintegration" erscheint nun endlich der Nachfolger "Erregung".
Dazwischen ließ Frontmann Tobias Siebert mit seinem Nebenprojekt And The Golden Choir aufhorchen und kehrte Berlin den Rücken, um seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt nach Mecklenburg-Vorpommern zu verlegen. Inhaltliche Bezüge auf die Hauptstadt gibt es dennoch wieder zu vernehmen. Außerdem bleibt die Musik genauso bedrohlich und beunruhigend wie auf dem Vorgänger. Das verdeutlicht schon das Titelstück, wenn der Sänger zu nebelverhangenen Gitarren-, wuchtigen Schlagzeug- und tiefen Basstönen textlich die Brücke zwischen Ausgrenzung auf dem Schulhof, Rauscherfahrungen und der Spaltung in unserer Gesellschaft heutzutage schlägt.
Auch "Verpassen" zeichnet ein nicht gerade optimistischeres Bild, wenn zu dräuenden Tieftönersounds und schleppenden Rhythmen "Liebe" dahinfließt, was mehr an das Lethargische von "Faith", der manchmal oft übersehenen 81er-Platte von The Cure, denn an den wütenden Nachfolger "Pornography" denken lässt. Etwas Auflockerung bringt das von sexuellen Begehrlichkeiten durchzogene "Herbstherz", das aber auch eine gewisse Vergänglichkeit zum Ausdruck bringt. Das Stück besitzt mit seinen barocken Klängen nämlich durchaus musikalische Bezugspunkte zu Sieberts Nebenprojekt.
In "Mr Dead & Mrs Free", dem eingängigsten und geradlinigsten Song auf dem Album, dient der gleichnamige, nicht mehr existierende Plattenladen in Berlin-Schöneberg als Kulisse für ein Liebeslied, das eher Resignation denn unbeschwerte Leichtigkeit vermittelt. "Ich will nur dich, in aller Tristesse", heißt es im Refrain. "Düster", das ein wahrlich düsteres Bild über den kaputten Zustand dieser Welt zeichnet, lehnt sich dann wieder mehr an die Klangästhetik von "Faith" an.
"Wie Schön Du Bist", das von melancholischen Streichersounds, griffiger Saitenarbeit und dem klagenden Gesang Sieberts lebt, sowie "Tortur" haben wieder die Liebe zum Thema. Die dient im letztgenannten Song in stürmischen Zeiten als Flucht- und Rettungspunkt. "Wir sind, wie die Welt nicht mehr zu retten, meine Lippen auf deinen", lautet es im poppigen Refrain.
All zu große Sicherheit sollte man diesen Worten jedoch nicht schenken, baut sich das finale "Nachtflug" zu einem Stück voller Schmerz und Selbstzweifel auf, das mit seinen hymnenhaften Synthies an Joy Division erinnert. Jedenfalls müssen sich Robert Smith & Co. ganz schön anstrengen, um mit dem hohen Intensitätslevel dieser Platte überhaupt mithalten zu können.
2 Kommentare
Bereits das Vorgängeralbum besaß große Momente, aber erst hier zeigt sich alles wie aus einem Guss. Ein fantastisches Album - düster, atmosphärisch und stellenweise dennoch catchy. Auch die Produktion ist mehr als gelungen. Seit langer Zeit endlich mal wieder ein Album, auf dem bspw. Hi-Hat und Becken so klingen, wie sie klingen sollen und nicht dieser zu Tode komprimierte Schrott. Pflichtkauf für alle Cure Fans.
Für eine The Cure Cover Band gar nicht so schlecht.
Ich meine, sie schreiben eigene, deutsche, Texte. Das sollte man schon hervorheben.