laut.de-Kritik

Tirili, tirila, es ist noch Gothicsuppe da.

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In Deutschland leidet etwa ein Prozent der Bevölkerung unter Schizophrenie. Wie hoch dieser Anteil in der finnischen Statistik ausfällt, ließ sich auf die Schnelle nicht herausfinden, Kuolemanlaakso tauchen aber sicherlich darin auf. Selbst das Label wirkt ahnungslos: "Wie es der Titel schon vorwegnimmt, ist 'M. Laakso - Vol. 1: The Gothic Tapes' das erste Soloalbum des Masterminds Laakso." Aha, soso, und warum steht dann groß der Bandname auf dem Cover? Eine sehr merkwürdige Form von Marketing betreiben die Finnen hier. Zumal auf dem Album dasselbe Personal werkelt, das die 2014er Dampfwalze "Tulijoutsen" auf erkaltete Lava-Platten gravierte - mit Ausnahme des Sängers Mikko Kotamäki, gerade wieder bei Swallow The Sun tätg. Der schaute aber immerhin für zwei Tracks als Hilfsvokalist vorbei.

Aber sagen wir einfach, es handele sich um ein Solo-Album, verwenden ab sofort eine Singular-Form und kommen endlich zur Musik. Da hat sich einiges getan und geändert. Dominierten auf den beiden Vorgängern und der zwischengeschobenen EP schwerfällige Doom-Death-Riffs und finnischsprachiges Gegurgel, wollte Markus Laakso wohl unbedingt etwas Neues ausprobieren. Und was läge da näher als, tadaaaah, Gothic-Rock. Denn darauf hat die Welt nun wirklich gewartet, schließlich gibt es kaum Veröffentlichungen aus dieser Ecke. Damit auch wirklich kein Funken Originalität aufkommt, sind die Texte jetzt in Englisch gehalten und werden teilweise von einer weiblichen Stimme dargeboten.

Ein Augenzwinkern würde die Sache erheblich auflockern, aber unter einer Bedeutungsschwere von Unheilig'schen Ausmaßen macht man es im Laaksoland anno 2016 nicht. "There is no greater sorrow than to recall happiness in times of misery", zitiert der Finne im Booklet Dante Alighieri. Keine gute Idee, wenn man die Hörer ständig an die besseren Platten erinnert. Oder an Platten anderer Leute. "Children Of The Night" gemahnt mit seinen Klaviertupfern doch arg an Paradise Lost zu "One Second"-Zeiten. Wäre man böse, könnte man sogar einen Vergleich mit HIM rechtfertigen. "The night is always the darkest just before the dawn" weisheitet Laakso dazu und versucht gleichzeitig, den Andrew-Eldritch-Soundalike-Wettbewerb zu gewinnen. "Where The River Runs Red" ist gar ein lupenreiner Sisters-Of-Mercy-Klon. Richtig verstehen kann man das wohl nicht. Was reitet einen Musiker, auf einem Soloalbum, das unter dem Banner der Hauptband verkauft wird, derart reißbrettartiges Zeug anzubieten?

"Roll The Dice With The Devil" atmet als einer von zwei Songs der Platte ein wenig klassische Kuolemanlaakso-Atmosphäre, da Kotamäki ordentlich Geröchel beisteuert und der Song zwischendurch das Tempo drosselt. Ansonsten geht es auf "The Gothic Tapes" etwas flotter zu als bei Laaksos Hauptband. "No Absolution", ein schleppender Brecher wiederum mit Kotamäki-Beteiligung, wäre bei Kuolemanlaakso sogar positiv aufgefallen, was auf diesem Album eine Auszeichnung mit Sternchen darstellt.

Ein Stück hört auf den Namen "The World's Intolerable Pain" - und würde es nicht dermaßen ernsthaft vorgetragen, müsste man das Lied für pure Satire halten. Wie viele Tropen kann man in einer einzigen Nummer unterbringen? Laakso bemüht sich redlich und spendiert neben der sülzigen Musik einen Text zum Fremdschämen und als Sahnetupfer auch noch weibliche Unterstützung in Form einer gewissen Helena Haaparanta. Tirili, tirila, es ist noch Gothicsuppe da. "Deeper Into The Unknown" darf die Dame dann fast ganz alleine singen. Nun ja, wer's mag.

Falls also jemand noch Platz neben The 69 Eyes im Regal hat und nach möglichst unorigineller Gothic-Rock-Standardware mit punktuellem Metaleinschlag sucht: Dieses Album bietet wenig eigene Ideen und wandelt auf sehr ausgetretenen Pfaden. Allerdings muss man Laakso und seinen Musikern mehrere Dinge zugute halten. Zum einen klingt die Platte nicht, als sei sie mal eben zwischendurch hingerotzt worden, da steckt hörbar Arbeit drin. Und zum anderen bringen selbst die schwachen Standard-Nummern einen hohen Pop-Appeal mit. Ergo: Du kriegst die Teile nicht mehr aus dem Ohr. Und das ist auch wieder eine Qualität für sich.

Trackliste

  1. 1. Children Of The Night
  2. 2. Roll The Dice With The Devil
  3. 3. Where The River Runs Red
  4. 4. The World's Intolerable Pain
  5. 5. She Guides Me In My Dreams
  6. 6. No Absolution
  7. 7. Deeper Into The Unknown
  8. 8. My Last Words

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