laut.de-Kritik
Die Rebellin zeigt auch ihre sanften Seiten.
Review von Johannes Jimeno"Aim" zeigt sich auf den ersten Blick so eingängig wie noch kein Album der streitbaren Künstlerin Mathangi "Maya" Arulpragasam alias M.I.A. In einem Interview unterstrich M.I.A. diesen Eindruck, denn "ich möchte mit diesem Album die Menschen glücklich machen." Wer nun denkt, die Platte würde auf Beliebigkeit zielen, ist aber auf dem Holzweg.
Die bereits vor einiger Zeit veröffentlichte Single "Borders" stellt unangenehme Fragen zur Flüchlingspolitik ("Borders (What's up with that?) / Politics (What's up with that?) / Police shots (What's up with that?) / Broke people (What's up with that?) / Boat people (What's up with that?)") und kritisiert die egoistische Haltung des Westens gegenüber anderen Kulturen. Garniert mit einem unheilvollen Trapbeat ist dieser Track ein deftiger Einstieg.
Deftig geht es auch im von Skrillex produzierten "Go Off" weiter, mit einem exotischen Sample, derbe pumpendem Bass und einer herrlich arroganten Maya, die mit politischen Metaphern spielend ihre Erhabenheit demonstriert. Auf ähnliche Weise bastelt der Dubstep-König in "A.M.P (All My People)" einen clubtauglichen Floorfiller mit bratzenden Technosounds. M.I.A.s Intonation ähnelt hier zwar der von Nicki Minaj, was der Qualität des Tracks jedoch keinen Abbruch tut, denn textlich nimmt sie auf sarkastische Art und Weise den Kampf der Geschlechter aufs Korn.
Im Gegenzug zeigt die Rebellin auch ihre samtigen Seiten: "Finally" ist ein schöner Song mit Dancehall-Anleihen über all die Hater, die Maya nichts anhaben können und verdeutlicht, dass sie nicht leicht zu haben ist: "I'm someone's shot of whiskey / Not everyone's tea ". Auch das Ende mit gepitcher Stimme und zurückhaltenden Synthies schmiegt sich an den Hörer.
Maya hat indes nicht nur das große Weltgeschehen im Blick, sondern beschäftigt sich mit alltäglichen Problemen wie dem stetig steigenden Arbeitspensum ("Ali R U Ok?"), Grenzkontrollen zwischen den USA und Mexiko ("Visa") oder der ständigen Überwachung durch Drohnen und gesammelte GPS-Daten ("Fly Pirate").
Zwei Lieder ragen heraus: "Bird Song (Blaqstarr Remix)" ist ein lyrisches Analogien-Festival über Vögel, gepaart mit den politischen Einstellungen M.I.A.s. Der unverschämt groovende Dschungelbeat und der Flügelschlag am Ende vergolden dieses extravagante Stück Musik. "Jump In" zieht den Hörer in einen hypnotisierenden Strudel aus mehreren übereinander gelegten Vocal-Strängen und einer fast schüchternen Bassline.
Schwachstellen sind die vergleichsweise ruhige Nummer "Foreign Friend", deren Refrain etwas zu wehleidig von Dexta Daps gesungen wird, oder das lästige "Freedun" mit seinem austauschbaren Popbeat und der schmalzigen Hook von Zayn Malik. Fast schon verstörend wirkt der Feuerzeug-mitschwenk-Schunkler "Survivor", der den Schlusspunkt des Albums markiert: hier feuert Maya Flüchtlinge mit Durchhalteparolen an: "Watch Yourself Heading Over / Survivor, survivor / Who said it was easy? / They can never stop we."
"At least you tell your children I came from London / Start talking about me long time like she was random / When I was in your life fella, I was hella bomb / But I had to go off just to stay strong" spittet sie messerscharf in "Go Off". Darin könnte man eine Art Abschiedsbekundung sehen, zumal M.I.A. bereits mehrfach ihren Rückzug aus der Musiklandschaft angekündigt hat. Doch es bleibt zu hoffen, dass sie uns weiterhin mit Alben beglückt. Den Finger so zielgenau in die Wunde zu legen und dabei die Freude an der Musik nicht zu verlieren, kommt einem Drahtseilakt gleich, den die Dame aus Sri Lanka seit jeher wunderbar beherrscht. Diesbezüglich macht der Song "Visa" Hoffnung: "Most of the things I do, they banned it / But I'mma still do it, I'm a bandit."
6 Kommentare
Abgesehen davon, dass ich den Birdsong irgendwie nervig finde, kann ich der Rezension nur zustimmen. Sehr eingängiges Album mit einigen Schwächen. Und dennoch würde mir M.I.A.'s Musik sehr fehlen, wenn es nun vorerst das letzte Album gewesen sein soll.
Gerade "Borders" ist meines Erachtens nach ein Song, der nicht langweilig wird.
Das ist mit Abstand ihr schwächstes Album, was sie jemals produziert hat. Klingt monoton, es gibt viele Widerholungen von lyrics und beats von vorherigen Alben, keine wirklichen Überraschungen.... bin super enttäuscht. Mehr als 3 Punkte sind definitv nicht drin.
Ich finde 4 Sterne auch zu viel. Alleine dieses Triple "Freedun" "Foreign Friend" und "Finally" ist pure Langeweile. Und so vieles klingt einfach nach Matangi B-Seite. Schade.
Borders ist natürlich trotzdem ein absoluter Über-Song. Der kam ja aber glaub ich schon 2015 raus und für mich der Song des eben diesen Jahres!
Finde das Album wieder mal sehr stark! Muss es aber noch nen paar mal durchlaufen lassen.
Mag die Dame ja wirklich, aber nur Trackweise - Album überzeugt nicht wirklich, nervige unnötige moderne Sounds, der Rest plätschert, bisschen mehr Dampf hier und da wäre besser gewesen.
2/5
Mir gefällt das Album sehr gut. Eingängigkeit und Spannung schließen sich hier nicht aus.