laut.de-Kritik

Die Kölner transzendieren den Kraftwerk-Sound ins Jetzt.

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Elemente aus Krautrock, Edis zurückgenommenere Gesänge sowie eine deutlich Sequenzer-orientierte Produktionsweise ent-Indie-fizierten den bis dato elektropunkigen MIT-Sound. "Coda" war befeuert vom technoiden "new sound of Cologne" einerseits, Düsseldorfer Elektronikpionieren andererseits, während die Lyrics einen intellektuellen Überbau aus dem Vokabular von Urbanität und Architektur konstruierten.

Diesen Ansatz perfektionieren die drei jetzt: Ohne Netz und doppelten Technoboden als Absicherung Richtung Clubklientel, aber mit dem Selbstbewusstsein beseelter Roboter, transzendieren sie den Kraftwerk-Sound der Siebziger in die Popsprache der Zehnerjahre. Wie schon die ästhetisierten Schwarzweiß-Fotografien von modularen Synthesizer-Kabelwüsten auf der Bandwebseite behaupten, scheut man dabei productionwise nicht vor Nerdtum zurück.

Unter Direktive von Simian Mobile Discos Jas Shaw und mit Beistand von Ex-Kraftwerk-Mitglied Emil Schult rücken verhallte Vocals und Bassdrum zugunsten des Vintage-Equipments hörbar in den Hintergrund. Dabei sprechsingt Edi Winarni nicht etwa quantitativ weniger als auf "Coda"; seine abstrakten Zeilen zwischen Wortspiel und neoromantischer Naturbeobachtung werden aber von Synthesizer-Flächen und –Beats überlagert.

Die Moog bildet den Kitt, der dronige Krautrock-Ausflüge ("Monomeer"), synkopiertes Schlagzeug ("Kopf Ein") und technoide Pophits wie "Odenwald" und "Pudong" zusammenfügt. Doch obwohl "Nanonotes" klar auf 70s-Elektronik rekurriert, begnügt es sich keinesfalls damit, die Schatten der Vergangenheit an der Höhlenwand abzulesen. Es ergießt sich nicht etwa in freier Improvisation, sondern bewahrt einen gegenwärtigen Zug zum Tor.

Analoge Synthesizer-Wärme, kryptische Textfragmente und Felix Römers Livedrums – ohne je in Klötzchenschieberei zu degenerieren, geht die Kunstformation MIT zum früheren adoleszenten Pathos auf Distanz. Die Pionierzeit der elektronischen Musik benutzt das Düsseldorf/Berlin-Gespann als konzeptionelle Klammer für eine selbstbewusste und agile Popmusik mit semantischer Tiefe, ohne mit Gänsehautmomenten zu sparen. "Koffer voll mit Endorphinen, schmuggel mich hier weg." Die Maschine lebt.

Trackliste

  1. 1. Hydra
  2. 2. Fieber
  3. 3. Odenwald
  4. 4. Pudong
  5. 5. Nanonotes
  6. 6. Puls
  7. 7. Monomeer
  8. 8. Kopf Ein
  9. 9. Figur
  10. 10. Mairie
  11. 11. Univers

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