laut.de-Kritik
Wasser auf die Mühlen aller Verächter des Darkwave-Rock.
Review von Ulf KubankeAdventszeit; der Kamin knistert; ein Glas
Rotwein in der Hand, draußen ist es schummrig und kühl. Was passt da besser als ein wenig anmutiger Gothic Rock, leicht barock inszeniert in gruseliger Blutsauger-Atmosphäre? Wer solch kuschelig vampireske Situationen zu schätzen weiß, der sollte großen Abstand zwischen sich und die neueste Platte der italienischen Gothkapelle Mandragora Scream bringen. "Volturna" - der mittlerweile fünfte Longplayer - lässt wirklich keinen Fettnapf auf der Liste sämtlicher Düster-Klischees aus.
Das Rezept des Quartetts ist simpel, aber nicht effektiv. Man nehme eine sexy Frontfrau aus dem Ledergoth-Baukasten. Dazu eine tough dreinblickende Bassistin plus zwei Kajal durchstylte Edelrocker. Dagegen wäre nichts zu sagen.
Nur leider erschöpft sich die künstlerische Qualität auch in Äußerlichkeiten und Soundverpackungen. Die 13 Eigenkompositionen decken die komplette Skala von "langweilig" bis "nervig" ab. Auch nach mehrmaligem bewussten Hören der CD findet sich keine noch so kleine oder feine Melodie, die im Ohre kleben bliebe.
Primitive Rock/Metalriffs geben uninspiriert flirrenden Elektroschnipseln die modrige Türklinke in die Hand. Gern bauen die Südeuropäer pseudoklassische Synthies ein, die jedem Cembalo die Fremdschamröte in die Tastatur treiben. Alles leuchtet und flackert grell bunt. Damit unterstreichen die Darkrocker unfreiwillig - fast schon komisch - die eigene Ideenlosigkeit. Wer es nicht glauben mag, der checke nur mal "The Seagull's Greed" an.
Die beiden Coverversionen bilden keine Ausnahme. der Cher Song "Bang Bang" verliert sich in geistlos klinischer Kälte und konterkariert damit die Laszivität des Originals und der brillanten Nancy Sinatra-Adaption. Visages "Fade To Grey" verdirbt die hymnische Melodie durch sinnlos leidenschaftsarmes Geflüstere und ein kraftloses 08/15 Arrangement.
Das Grauen erregendste Element ist der hanebüchene Gesang der durchaus ansehnlichen Leadsängerin und Bandgründerin Morgan Lacroix. Sicher, der 'Mandragora Scream' bezeichnet der Legende nach den Schmerzensschrei der Galgenblume Alraune, wenn ein Mensch sie pflückt. Den Bandnamen indes nimmt die Chanteuse hier allzu wörtlich. Die Worte werden von der Dame eher erbrochen denn artikuliert. Röchelndes Keuchen, Hecheln und Keifen sowie künstlich böser Growl-Einschlag im Flüsterton machen jede Minute dieses Machwerks absolut unerträglich.
Nahezu jede Death Metal-Kapelle ist der selbst ernannten "Witch Tongue" in Tonalität und Phrasierung um Welten voraus. Selbst ein nach Luft ringendes Suppenhuhn, dem man gerade den Hals umdreht, erzeugt mitunter femininere Geräusche als diese Totengräberin der Gothkultur.
Solche Platten sind der Sargnagel für das ehemals innovative Genre; überflüssiges Wasser auf die Mühlen aller Verächter und Spötter des Darkwave-Rock.
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