laut.de-Kritik
Das Leben als turbulenter Drahtseilakt.
Review von Giuliano BenassiIn Laura Brauns Fotos geht es ernsthaft zu. Auf den Porträts, die sie auf ihrer Webseite zeigt, ist allenfalls der Anflug eines Lächelns zu erkennen. Dennoch wirken die Bilder nicht traurig oder gar hoffnungslos. Sie erzählen Geschichten. Das gelingt nur den besseren Fotografen.
Mit ihrem Bruder Max veröffentlicht Laura Braun nach "Telltale" aus dem Jahr 2012 nun ihr zweites Album. Die jazz-folkigen Töne sind geblieben, doch diesmal ist es das organische Werk einer Band, der Jo Ambros (Pedal Steel, Banjo, Gitarren), Daniel Kartmann (Perkussionen) und Fabian Wendt (Kontrabass) angehören.
Max Braun produziert, spielt allerlei Instrumente (unter anderem Vibraphon und Rhodes) und begleitet am Mikrophon die hohe, ruhige Stimme Lauras. Die zeigt sich hier von einer verspielteren, wenn auch nicht unbedingt fröhlicheren Seite als mit der Kamera.
"Bird on a wire / Silly thing / Got the voice and got the wings", stellt sie im Titeltrack klar, mit freundlichen Grüßen an Leonard Cohen. Das Leben ist nicht einfach, aber klagen hilft auch nicht weiter, so die Botschaft. Es bleibt ein Drahtseilakt ("Highwire"), bei dem es drunter und drüber geht ("Haywire").
Zwei Eigenschaften, die im Kontrast zur harmonisch und verträumt klingenden Musik stehen. Gelegentliche Dissonanzen, wie sie der letzte Track "Tired Years" zum Schluss andeutet, hätten einerseits nicht geschadet. Andererseits fließt das Album auf diese Weise geruhsam vor sich hin und übermittelt eine tiefe Entspannung.
Oberflächlich betrachtet leicht zu deuten, doch wenn man sich die Zeit nimmt, um genauer hinzuhören, entdeckt man immer wieder neue Details und Schatten. Wie auch bei den Zeichnungen auf der CD, die von Laura Braun stammen.
Weniger entspannend dürfte die Entstehung gewesen sein: Laura lebt in London, während Max dem Stuttgarter Raum treu geblieben ist. "Wir schicken uns eigentlich keine Files hin und her, sondern brauchen den direkten Kontakt zueinander, wenn wir schreiben", erklärt Max Braun die logistische Herausforderung.
Ganz und gar unentspannt mutet der Tourplan an, der im April 2015 nahezu pausenlos erst Deutschland, dann Italien von Nord nach Süd vorsieht.
Das passt wiederum zum Text des existentiellen Stücks "Time Is Taking All My Time": "Clocks keep on telling, telling time / With each move of the hand they're taking mine / They say, they say live for today / Tomorrow may never come / Every day tomorrow delays / And today instead comes along."
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