laut.de-Kritik
"Saturday Night Fever" für Edel-Pop-Gourmets.
Review von Michael SchuhAuch wenn sie den Titel des Openers leicht verknappen, ist die Assoziation beim Blick auf die Tracklist sofort da: Die Mini Mansions covern "You Should Be Dancing" von den Bee Gees. Das ist noch mal 'ne andere Liga als Edwyn Collins, bei allem Respekt. Doch schnell wird klar: Das fehlende Personalpronomen ist Absicht und "Should Be Dancing" keine Coverversion, vielmehr Maxime für die folgenden 45 Minuten. "Guy Walks Into A Bar..." ist "Saturday Night Fever" für Edel-Pop-Gourmets.
Schuld daran trägt wieder maßgeblich Tyler Parkford, ausgerechnet die unbekannteste Figur im Bunde, dessen Synthiesounds den 80er-Charme der Mini Mansions prägen. Präzise abgestimmt mit den Strukturen intelligenter Gitarrenmusik, für die die Herren Michael Shuman und Zach Dawes im richtigen Leben stehen, ergibt sich auf Albumlänge tatsächlich genau das: eine Fusion aus angeheiterten Queens Of The Stone Age mit dem Retro-Swagger der Last Shadow Puppets.
Was auf der formidablen EP "Works Every Time" 2018 teilweise schon perfekt funktionierte, führt das regulär zweite Studioalbum der Amerikaner im Breitwandformat fort: You should be dancing, alright? Aber bitte pfeif' dir vorher was ein. Sollte bei einem Brett wie "Bad Things (That Make You Feel Good)" so oder so keinem schwer fallen, einer durchgedrehten Mischung aus EODM und Devo, die allerdings aus dem Albumkontext heraussticht.
Vielmehr konzentriert sich das Trio auf elektronische Laidback-Grooves der Marke "Works Every Time", der einzige Song aus dem letzten Jahr, der hier nochmal in die Tracklist rutschte. Es geht um universale Befindlichkeiten, um Liebe, Sex, und halt um all die angeblich so schlechten Dinge, die einem dafür umso besser reinlaufen (siehe Songtitel oben). Eigentlich fühlt man sich nach Genuss der Scheibe wie auf den After-Party-Fotos von Wolfgang Tillmans: überall Kippen, Essensreste, und an den leeren Gläsern war man schon irgendwie auch beteiligt.
Das vorab veröffentlichte "GummyBear" sowie das fantastisch im Candlelight-Dinner-Takt kippelnde "Don't Even Know You" sind nur zwei Anspieltipps, letzterer beginnt auch gleich mit den Worten "Looking for trouble", also exakt so, wie man es sich vorstellt, auf einer Platte, die den Titel trägt: "Kommt'n Typ in 'ne Bar". Doch Shuman trägt vielleicht gern Lederjacke, ist aber noch lange kein Macho-Prolet, sondern fasst das ganze ewiggültige First-Date-Emotionsfiasko lieber knapp zusammen: "And you wonder if I'm just like all the guys / and you wonder if I take you home tonight."
Wenn der Vibe stimmt, rückt alles Unwesentliche sowieso automatisch in den Hintergrund: "You're so nice I forgot your name / I'm so high I forgot my name." Besagtes "Forgot Your Name" ist einer dieser coolen Poptracks, der auf Anhieb allen gefällt, den harten Rockern und den sich verschämt am Getränk festklammernden Thekenboys. Kurz: Es ist das, was man sich bei der Ankündigung der Koop Mark Ronson und QOTSA 2017 (vergeblich) gewünscht hat. "Leave it alone, I wanna just dance with you and not remember one song": die Essenz des Nachtlebens in einem Zweizeiler.
Das immer noch großartige "Works Every Time" muss man dem Pöbel, der sich nicht für EPs interessiert, natürlich auch noch einmal unterjubeln, das orchestrale "Time Machine" dreht den Emopegel erneut hoch, "Living In The Future" klingt da beinahe schon austauschbar. Doch dann kommt eben noch "Hey Lover", und Alison Mosshart haucht Shuman an: "Hey fucker, there could be no any other, than my lover." Mehr Sex gabs zuletzt nur bei Travolta.
Nach dieser Vorstellung ist es kaum zu glauben, dass die Zukunft der Band laut Shuman tatsächlich kurzzeitig auf der Kippe stand. Die Mini Mansions ziehen hier mit großer Geste blank, die viel zu kleinen Clubs ihrer Herbst-Tour sollten in Kürze voll sein.
1 Kommentar
Überraschend angenehme Mischung - ein wirklich gutes Album.