laut.de-Kritik
Ein Fest für alle Morsejünger.
Review von Yan VogelAlle (halbe) Jahre wieder kommt es zu einer Veröffentlichung aus dem Hause Neal Morse. Nach "The Similitude Of A Dream" steht nun zur Abwechslung eine Live-Scheibe an. Der Rahmen könnte mit dem Banner 'Morsefest' nicht besser gewählt sein. Seit 2014 rocken Neal und seine Band mit etlichen Mitstreitern in seiner Heimatgemeinde in Nashville den Teufel aus den heiligen Gemäuern. Die Sause steigt an zwei Abenden, an denen, neben der Komplettaufführungen zweier Soloalben, auch Rares sowie Evergreens aus der Feder des Meisters zum Besten gegeben werden.
Die Produktion von 2015 fällt im Vergleich zur Erstausgabe noch opulenter aus. Die Lightshow ist facettenreicher und Videoprojektionen ergänzen die musikalische Dramatik. Von etlichen Kameras eingefangen, lässt vor allem Rich Mousers Mix die Neal Morse Band in bestem Sound erstrahlen.
Flankiert werden Morse, Mike Portnoy (Twisted Sister, Ex-Dream Theater) und Co. von einem Chor, einer Brass-Sektion und Gästen wie Nick D'Virgilio (Ex-Spock's Beard) und Gitarrengroßmeister Phil Keaggey. Auch die Familie ist vertreten mit Jayda Morse als Tänzerin und Wil Morse als Backroundmusiker.
Im Jahr 2015 brachte die Band "? (Question Mark)" und Sola Scriptura zur Aufführung. Letzteres Album, eine Hommage an das Leben und Wirken von Martin Luther, betont vor allem die epische Seite des Mittfünfzigers. "?" fällt hingegen deutlich rockiger und songorientierter aus. Übergeordnetes Thema ist natürlich das Suchen und Finden des lieben Gottes.
Daneben gibt es Highlights aus dem Backkatalog zu bestaunen, u.a. das von Morses Solodebüt stammende Wunderwerk "A Whole Nother Trip", ein Longtrack in der Tradition der Spätneunziger-Großtaten von Spock's Beard, der glatt als Zwilling von "The Light" durchgeht. Transatlantics "The Whirlwind" würdigt die Band in Form eines Medleys, und die Trekkie-Bärte sind gleich dreimal vertreten mit den Klassikern "Wind At My Back", "Go The Way You Go" und "At The End Of The Day". Auch den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Output der Neal Morse Band "The Grand Experiment" hauen Morse und Co. ins weite Rund.
Es ist immer wieder faszinierend, wie es den Musikern gelingt, fünf Stunden Musik ohne nennenswerte Ausfälle zu reproduzieren. Klar sitzt nicht jeder Schlag perfekt, verrutschen mal die Finger auf den Saiten und den Tasten, aber genau das macht den Reiz der Live-Situation aus.
Die unbändige Energie zwischen Band und Publikum reißt auch vom heimischen Sofa aus mit und wirkt trotz des sakralen Hintergrunds eher wie eine lockere Konfirmantenfreizeit als wie eine strenge Liturgie. In Bild und Ton adäquat eingefangen, dürfte diese wochenendfüllende Live-Platte ein Fest für alle Morsejünger sein.
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