laut.de-Kritik
So unverbraucht klingt Death Metal der alten Schule.
Review von Manuel BergerSeit dreißig Jahren im Geschäft und plötzlich kommen Obituary auf die Idee, ein selbstbetiteltes Album rauszuhauen. Geht die Kreativität jetzt schon bei der Titelwahl flöten? Denkste! Mit "Obituary" legen die Death Metal-Ikonen eines ihrer inspiriertesten Werke der letzten Jahre vor.
Klar, stilistisch bleibt alles beim Alten. Old-School regiert, kann aber auch unverbraucht klingen – das beweisen Obituary eindrucksvoll. Bewegt sich der Opener "Brave" noch im soliden Durchschnitt, packen sie mit "Sentence Day" einen echten Hammer aus. Durchzogen von Gitarrensoli und fantastischen Melodien prescht das Ding über knappe drei Minuten voran, als wollte es die 80er/90er-Szene wiederbeleben. Häufig gelingt das auch.
Die Produktion folgt dieser Logik. Es rumpelt, es kracht, aber eben verdammt kraftvoll. Schöne Beispiele: John Tardys Raubtier-Vocals über der Mid-Tempo-Thrash-Prozession in "End It Now" und "Betrayed" – dem Showcase-Track für die Rhythmusfraktion. Etwa zur Mitte beginnt Drummer Donald Tardy mit wuchtigen Tom-Schlägen, wenig später bricht Terry Butler die Songschale mit einem Bass-Interlude auf. So geht heavy. "Obituary" ist weit von überproduziertem Hochglanz-Boom entfernt und klingt einfach echt.
Ich bin versucht, diese Vorstellung mit den Anfangstagen von Death zu vergleichen, als diese sich noch nicht so um proggige Sperenzchen scherten. Schließlich gingen die Tardys nicht umsonst als eine weitere Macht der Florida-Death Metal-Szene in die Historie ein. Das zehnte Album ihrer Band fasst gut zusammen, warum.
Ein jeder Headbanger kommt hier auf seine Kosten, Obituary legen exquisite High-, Mid- und Low-Tempo-Brecher vor. Besonders Drummer Donald Tardy sorgt immer wieder für hochgezogene Augenbrauen. Man merkt der Band zwar nach all den Jahren die Routine an, doch auf gute Art und Weise: Statt sich zu wiederholen, verwandeln die Musiker ihre Expertise in eine hochklassige Facharbeit. Und die dürfen sie guten Gewissens nach sich selbst benennen.
5 Kommentare mit 2 Antworten
ja, war auch überrascht von dem teil, klingt unverbraucht wie vor 25 jahren
knüpfen damit nahtlos an alte großtaten an. verdiente 4/5.
absolut! braucht sich keine sekunde hinter "slowly we rot" etc zu verstecken.
pah, the end complete > slowly we rot
Schon recht groovig-solide Sache. Mir fehlt ein wenig der Wiedererkennungswert in den Songs oder irgendwas einprägsames. Also ein zweites Slowly We Rot sicherlich nicht.
warum halt immer "slowly we rot" als referenz herhalten muss ...
"cause of death" und "the end complete" sind halt viel mächtiger und haben, was dir ja anscheinend wichtig ist, auch die viel einprägsameren songs.
Hast gar nicht so unrecht. Hab es auch eher erwähnt, weil Anwalt das Album als Beispiel genannt hat.
Ab "End it now" beginnen die groovenden Songs. Die ersten drei Titel musste ich leider skippen. Ich verstehe immer noch nicht wie man das Schlagzeug so gehirnamputiert bedienen kann wie in den ersten drei Titeln. Vielleicht kann sich Cyclonos hier mal dazu äußern.