laut.de-Kritik

Tiefenentspannte Trance-Freunde.

Review von

Auch wenn sich Nils Frahm und Ólafur Arnalds gerne jenseits der Studiomauern treffen: Am Ende, so erzählt Frahm, landen sie dann doch meistens wieder ebenda. Seit mehreren Jahren kollaborieren die Freunde bereits miteinander, nun erscheint eine Werkschau ihrer Zusammenarbeit. "Collaborative Works" heißt die Doppel-CD, die sich aus der 12-Inch "Stare", der Fünf-Track-EP "Loon", der Improvisation "Life Story Love And Glory" sowie "Trance Frendz", der Audiospur ihres Studiofilms (veröffentlicht auf Arnalds Website), zusammensetzt.

Eine gewisse Geistesverwandtschaft kann man den Komponisten durchaus nicht absprechen: bewegt sich der Schaffensradius beider Künstler zwischen den Polen Ambient/Electronic, Experiment und Neo-Klassik. Auch abseits ihrer Zusammenarbeit waren Frahm und Arnalds nicht untätig: Frahm veröffentlichte dieses Jahr solo sein Klavier-Album und ging, teils mit selbstgebautem Setup, ausgiebig auf Tour. Arnalds war gemeinsam mit Janus Rasmussen unter dem Namen Kiasmos unterwegs und veröffentlichte mit "Looped" ebenfalls einen neuen Longplayer, außerdem arbeitete er mit Alice Sara Ott und "The Chopin Project".

Die ersten Teile, "Stare" und "Loon", sind Ambient-Zyklen, atmosphärische Loops mit subtilen Nuancen, atmosphärisch, meditativ und sowohl unaufgeregt als auch unaufregend. Nachdem der Opener "Four" und das darauffolgende "Three" in erster Linie von Synth-Wolken und subtilen Glockennuancen leben, kommt bei "Wide Open" ein flackernder, minimaler Drumbeat zum Tragen.

"W", das erste Stück von "Stare", präsentiert sich in Trance-Laune, der Übergang zum deutlich atmosphärischeren "M" wirkt fließend, der nasale, modulierende Synth-Klang schlägt die Brücke. "A1", der stärkste Track des Albums, bewegt sich in sieben Minuten zwischen reiner Klangkulisse, Loop und Symphonie hin- und her. "A2" verströmt wieder Gelassenheit und Ruhe, ehe "B1" diesen Abschnitt mantraartig beschließt.

"Life Story" und "Love And Glory" leben von Frahms bemerkenswertem Piano-Spiel: zwei wunderbare Kompositionen, die in ihrer Strukturiertheit einen angenehmen Gegenpol zum bisher Gehörten bilden.

"Trance Frendz" bringt die Essenz des Zweiergespanns nicht nur namentlich gut auf den Punkt. Eine ganze Nacht improvisierten die beiden im Studio, heraus kamen dabei eben jene sieben Stücke, die nun sowohl den Soundtrack des gemeinsamen Studiofilms als eben auch die letzten sieben Tracks dieser gemeinsamen Werkschau bilden. Zwischen Klassik, Ambient und Jazz findet hier Frahms Piano erstmals Unterstützung in Form eines mit Besen gespielten Schlagzeuges. Im späteren Verlauf kommen molllastige, leicht bedrohliche Synthdrones dazu.

Zurückhaltung und Reduktion, Wiederholung und das Augenmerk auf Nuancen und Zwischentöne: All das zieht sich wie ein roter Faden durch das gemeinsame Schaffen von Frahm und Arnalds. "Collaborative Works" ist eine beschauliche Sache, eine, für die man sich viel Zeit und wenig Aufregung gönnen sollte.

Am Ende gibts noch quasi einen Hidden Track, in dem man seine Urheber recht lebhaft lachen hört. Bei aller meditativer Trance sind sie am Ende immer noch wach, die beiden Trance Frendz. Sie lassen einen mit ihrem schönen, unaufgeregten Werk leicht melancholisch zurück - und tiefenentspannt.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Four
  2. 2. Three
  3. 3. Wide Open
  4. 4. W
  5. 5. M
  6. 6. A1
  7. 7. A2
  8. 8. B1
  9. 9. Life Story
  10. 10. Love And Glory

CD2

  1. 1. 20:17
  2. 2. 21:05
  3. 3. 23:17
  4. 4. 23:52
  5. 5. 0:26
  6. 6. 1:41
  7. 7. 3:06

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